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02.11.2018:
Vontobel: Präsidentschaftswahl in Brasilien - Kein schlechter Zeitpunkt Gewinne zu realisieren
Köln, den 02.11.2018 (Investmentfonds.de) -
Thierry Larose, Senior Portfolio Manager bei Vontobel Asset Management
Brasilien hat mit Jair Messias Bolsonaro einen sehr wirtschaftsliberalen
Präsidenten gewählt. Thierry Larose, Senior Portfolio Manager bei
Vontobel Asset Management, warnt jedoch vor zu großen Prosperitätserwartungen
und rät Anlegern, Gewinne zu realisieren und zu erhöhter Vorsicht bei neuen
Investitionen.
Der ultrarechte Kandidat der Sozial-Liberalen Partei (PSL), Jair Messias
Bolsonaro, ist zum 38. Präsidenten Brasiliens gewählt worden und hat den
linken Kandidaten Fernando Haddad der Arbeiterpartei (PT) mit einem
deutlichen Vorsprung von zehn Prozentpunkten besiegt. Dabei erhielt er in der
Stichwahl 55 Prozent der gültigen Stimmen. Sein Erfolg ergab sich im
Wesentlichen aus einer erfolgreich und mit harten Bandagen geführten Kampagne
gegen seine Gegner aus der Arbeiterpartei, die er als korruptionsbelasteten
"Saustall" darstellen konnte, der angeblich das Land in den 13 Jahren seiner
(Miss-)Verwaltung geplündert haben soll.
Bolsonaros kontroverse Ansichten und Meinungen stellen ihn auf eine Ebene mit
anderen nationalistisch-populistischen Führern, die in den vergangenen zwei bis
drei Jahren auf der ganzen Welt erfolgreich aufgetreten sind. Dennoch lohnt es,
sich seine Rhetorik genauer anzusehen.
Was unterscheidet Bolsonaro von seinen populistischen "Alter Egos" in
anderen Teilen der Welt?
Die Antwort ist: nicht sehr viel. Seine Einstellungen sind im Wesentlichen
identisch mit denen von US-Präsident Donald Trump, mit dem er wahrscheinlich
eine freundschaftliche und konstruktive Beziehung pflegen wird. Auch generell
sind starke Ähnlichkeiten mit anderen populistischen Führern der Welt zu
erkennen. Das einzige Unterscheidungsmerkmal könnte seine unverblümte
Sehnsucht nach der vergangenen Militärdiktatur in Brasilien aus den Jahren
1964 bis 1985 sein. Die Hauptfolge ist, dass seiner ersten Regierung eine bis
jetzt nicht gesehene Anzahl von (seit dem Ende der Militärdiktatur)
pensionierten Militärs angehören wird, die angeblich effizienter und weniger
anfällig für Korruption sein sollen. Ob sich dies als eine gute Wahl erweisen
wird oder nicht, sollte für Investoren wenig relevant sein. Einzig entscheidend
wird sein, ob er mit Hilfe seines zukünftigen Stabschefs Onyx Lorenzoni in der
Lage sein wird, mit einem fragmentierten Kongress die Umsetzung von Reformen zu
verhandeln und Kompromisse einzugehen. Angesichts ihrer fehlenden nachweisbaren
Erfahrung und der Tendenz Bolsonaros, eher auf Konfrontationskurs zu gehen als
Kompromisse zu schließen, ist ein Erfolg bei der Umsetzung noch lange nicht
sicher.
Wie sehen seine Pläne zur Wiederherstellung des wirtschaftlichen
Wohlstands aus?
Tatsächlich hat er keine klaren Pläne. Am ausgeprägtesten sind seine Meinungen
hinsichtlich der Bekämpfung von Kriminalität und Korruption sowie der
Verteidigung traditioneller Werte. Tatsächlich gesteht er ein, dass er ohnehin
nicht viel über Wirtschaft wisse. Alles im Zusammenhang mit der Wirtschaft wird
an seinen Superminister Paulo Guedes delegiert. Dieser hat an der
ultraneoliberalen Universität Chicago promoviert und ist "auf Mission", die
Belastung der Wirtschaft durch den Staat zu reduzieren. Im neuen
Superministerium sollen das Finanz-, Wirtschafts-, Industrieministerium und die
Privatisierungsbehörde zusammengelegt werden. Zu seinen marktfreundlichen Zielen
gehören massive Einschnitte bei Steuern und öffentlichen Ausgaben sowie ein
ehrgeiziges Privatisierungsprogramm. Bisher haben ihm die Märkte reichlich
Vorschusslorbeeren gegeben, aber bei der Umsetzung gibt es große Fragezeichen,
und ebenso besteht das Risiko eines Konflikts zwischen Bolsonaro, der jedem
gefallen möchte, und Guedes, der genau für das Gegenteil steht.
Was kann man nun von den Märkten erwarten?
Die Risikoprämie brasilianischer Vermögenswerte ist in letzter Zeit geschrumpft
(bei Aktien, Devisen, Zinsen und Unternehmensanleihen), aber wir sehen von nun
an Raum für wechselseitige Schwankungen, da die Bewertungen in Anbetracht der
beschriebenen Risiken etwas üppig zu sein scheinen. Mit anderen Worten: Es ist
kein schlechter Zeitpunkt, Gewinne zu realisieren, wenn man klug genug war,
sich an der Rallye zu beteiligen, während Vorsicht für diejenigen ratsam ist,
die mutig genug für klare Positionierungen sind.
Der Bereich Emerging Markets Fixed Income ist eine breite und diversifizierte
Anlageklasse. In dieser Anlageklasse gibt es viele Möglichkeiten, aber unserer
Meinung nach verstummen in Brasilien gerade die Samba-Trommeln und der
Karneval ist auf Eis gelegt ... vorerst.
Quelle: Investmentfonds.de
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