Investmentfonds.de
20.11.2018:
LFDE Macroscope: Europa unter Strom
Köln, den 20.11.2018 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE - La Financière de l`Echiquier
Die Nachrichten der vergangenen Woche haben die kurzfristige Erholung an den
Aktienmärkten wieder zunichtegemacht und vor allem in Europa zu einer erneuten
Schwäche geführt. "So rückt die Aussicht auf eine Kursrally zum Jahresende weiter
in die Ferne", meint Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei
LFDE - La Financière de l`Echiquier. Die vermeintliche Einigung über den Brexit,
der Streit zwischen der EU-Kommission und der italienischen Regierung über den
italienischen Haushaltsentwurf und der vorübergehende Rückgang des BIP in
Deutschland aufgrund der Schwäche der heimischen Autoindustrie - all diese
Faktoren zusammengenommen tragen zu einer größeren Unsicherheit auf den Märkten
bei. "Ohne Unterstützung durch die gesamtwirtschaftlichen Daten wird die durch
diese Themen ausgelöste Unsicherheit die Entwicklung der Märkte weiter belasten
und den Anstieg der Volatilität befeuern," ist sich de Berranger sicher.
Nach einem vorübergehenden Plus zum Monatsanfang sackten die Aktienmärkte
besonders in Europa in der vergangenen Woche wieder deutlich ab.
Dies war wohl darauf zurückzuführen, dass die Nachrichtenlage diesseits des
großen Teichs - gelinde gesagt - angespannt war.
Die italienische Regierung kündigte an, der Europäischen Kommission keinen geänderten
Haushalt für 2019 vorzulegen. Damit riskiert das Land für den Fall, dass ein Verfahren
wegen Verletzung der Defizitregeln eröffnet wird, finanzielle Sanktionen.
Hierzu wird die Sitzung der EU-Kommission am 21.November tonangebend sein.
Die Zinssätze brachte die allgemein erwartete Ankündigung der italienischen
Regierung indes nur wenig in Bewegung.
Das deutsche BIP schrumpfte im dritten Quartal mit -0,2 Prozent erstmals seit 2015.
Hauptgrund für diesen erwarteten Rückgang war das Inkrafttreten neuer
Zertifizierungsnormen bei Autoabgasen am 1.September. Dies belastete den
Automobilsektor, eine der Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft, stark.
Volkswagen war daher beispielsweise gezwungen, bis zur Erteilung der Zulassung
tausende Fahrzeuge zu lagern und sein Werk in Wolfsburg mehrere Tage zu schließen,
um nicht noch mehr auf Halde zu produzieren. Obwohl sich die aktuelle Schwäche der
deutschen Wirtschaft folglich durch ein einzelnes Ereignis erklären lässt, sorgt sie
in einem unsicheren Umfeld doch für Unruhe, wie der enttäuschende Wert des
jüngsten ZEW-Barometers über die Konjunkturerwartungen der Anleger zeigte.
Geprägt wurde die Woche schließlich durch die vermeintliche Übereinkunft beim Brexit.
Am Dienstag einigten sich die europäischen und britischen Unterhändler
auf einen Kompromissentwurf, der jedoch noch von den politischen Organen
beider Seiten gebilligt werden muss. Eine erste Hürde wurde am Mittwoch genommen,
als die Regierung von Theresa May - nicht ohne Mühen - ihre Zustimmung
erteilte. Fünf Minister traten mit dem Argument zurück,der Text schade zu sehr dem
nationalen Interesse. Zudem planen die Hardliner der Konservativen Partei unter
Führung des Abgeordneten Jacob Rees-Mogg einen Misstrauensantrag gegen die
Regierung von Theresa May zu stellen.
Hierfür sind die Anträge von 48 konservativen Abgeordneten nötig. Dann würde eine
Abstimmung im Unterhaus folgen und es könnte zur
Absetzung von Theresa May kommen, falls eine Mehrheit der
konservativen Abgeordneten in diesem Sinne entscheidet. Wenngleich Rees-Mogg
am Freitag erklärte, 48 Parlamentarier auf seiner Seite zu haben, erscheint
dieses Szenario wenig wahrscheinlich. Gleichwohl ist die Billigung der Einigung
eine noch lange nicht ausgemachte Sache. An den Märkten sorgt die allgegenwärtige
Unklarheit für eine Woge des Misstrauens.
Quelle: Investmentfonds.de
|