Investmentfonds.de
18.01.2019:
Märkte mit Mumm: Globale Konjunktur am Scheideweg
Köln, den 18.01.2019 (Investmentfonds.de) -
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel
Eine außergewöhnliche Fülle an negativen Faktoren - oft politischen Ursprungs
- belasten derzeit die konjunkturellen Perspektiven. Gute Orientierung für die
künftige Entwicklung bieten Einkaufsmanagerindizes. Sobald diese sich
stabilisieren, dürfte sich auch die Stimmung an den Kapitalmärkten wieder
bessern...
Die kürzlich veröffentlichten November-Daten zur Industrieproduktion in der
Eurozone unterschritten mit einem Minus von 1,7 Prozent im Vergleich zum
Vormonat die ohnehin negativen Erwartungen der Analysten. Im Vergleich zum
Vorjahr sank der Wert sogar um 3,3 Prozent. Einen stärkeren Rückgang der
Industrieaktivitäten gab es zuletzt im Zuge der letzten Rezession im Dezember
2012. Die deutsche Industrieproduktion sank im November um 1,9 Prozent im
Vergleich zum Oktober 2018. Erwartet worden war ein leichtes Plus.
Damit spiegeln sich die schon länger zunehmenden Hinweise auf eine nachlassende
wirtschaftliche Dynamik nun auch in den Produktionszahlen wider. Wichtige
vorlaufende Indikatoren zum Verhalten und der Stimmungslage von Unternehmen - in
Deutschland beispielsweise der ifo-Geschäftsklimaindex und die Auftragseingänge
- und Konsumenten verschlechtern sich sukzessive bereits seit Anfang 2018.
Ähnliche Signale zeigen sich global und seit wenigen Wochen auch zunehmend in
den USA.
Vor allem die Handelskonflikte wirken weltweit belastend. Vor dem Hintergrund
unsicherer Absatzmöglichkeiten verschieben Unternehmen Investitionen. Andere
haben mit zollbedingt steigenden Kosten zu kämpfen, beispielsweise die
US-Automobilindustrie, die ebenfalls auf die Anschaffungsneigung drücken. In den
USA kam zuletzt die Haushaltssperre hinzu, die angesichts der schon heute
außergewöhnlichen Länge sowohl den Konsum wegen fehlender Gehaltszahlungen als
auch Investitionen aufgrund stockender Auftragsvergaben und verspäteter
Auszahlungen von staatlichen Investitionshilfen belastet.
Europaweit wirken noch weitere - vor allem politisch bedingte - Faktoren, wie
die immer wieder aufkommenden Sorgen um den Zusammenhalt der Eurozone und der
völlig unberechenbare EU-Austrittsprozess Großbritanniens. In Deutschland
dämpfen der immer deutlicher werdende Fachkräftemangel und die Probleme der
Automobilindustrie durch die Umstellung auf neue EU-Vorgaben sowie die
Absatzkrise bei Dieselfahrzeugen die Produktion.
Die Liste ließe sich fortführen. Aktuell wirkt eine außergewöhnliche Fülle an
Entwicklungen negativ auf viele in 2018 noch dynamisch wachsende
Volkswirtschaften. Dabei haben einige das Potenzial, nicht nur regional oder
branchenspezifisch, sondern global das Wachstum erheblich zu schwächen.
Eine gute Orientierung für den weiteren Verlauf können Einkaufsmanagerindizes
als Vorlaufindikator für die künftige konjunkturelle Entwicklung geben. In
Deutschland ist die Grundlage für die monatlich veröffentlichten Daten eine
Befragung von 500 Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe bzw. dem
Dienstleistungssektor zu Auftragseingängen und –beständen, Lagerbeständen,
Einkaufsmengen und –preisen etc. Dabei zeigen Werte von über 50 eine Zunahme
der Geschäftsaktivitäten an. Der Dezember-Wert für Deutschland lag bei 51,5
nachdem er allerdings Ende 2017 noch deutlich über 60 notierte.
In Frankreich, Italien und China sind die Einkaufsmanagerindizes in den letzten
Wochen bereits unter die Marke von 50 Punkten gefallen und deuten damit auf
eine weiter nachlassende Konjunkturdynamik hin. In einigen anderen Staaten sind
die Indikatoren in den letzten Monaten ebenfalls stark gesunken und befinden
sich teilweise nur noch knapp im expansiven Bereich.
Solange sich keiner der genannten Belastungsfaktoren eindeutig positiv
entwickelt, dürfte der Abwärtstrend der Einkaufsmanagerindizes bestehen bleiben.
Dabei würde ein Abrutschen weiterer Volkswirtschaften unter die Marke von 50
Punkten Rezessionsgefahren signalisieren. Berechtigte Hoffnungen auf
Fortschritte hingegen dürften die Situation vieler Unternehmen schnell wieder
drehen und die Tendenz zur konjunkturellen Abschwächung bremsen.
Anleger sollten vor diesem Hintergrund zunächst weiter vorsichtig agieren. Es
ist noch nicht sicher, dass an den internationalen Aktienbörsen die Tiefpunkte
bereits erreicht sind. Gerade politische Prozesse zeichneten sich in den
letzten Jahren durch eine stark zunehmende Unkalkulierbarkeit aus und hatten
gleichzeitig teils massive Auswirkungen auf das Börsengeschehen. Es ist daher
sinnvoll, zunächst eine hoffentlich im Laufe der kommenden Monate einsetzende
Beruhigung der unübersichtlichen Lage abzuwarten.
Quelle: Investmentfonds.de
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