Investmentfonds.de
28.01.2019:
Kommentar von Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income, im Vorfeld der Fed-Sitzung vom 29. und 30. Januar 2019
Köln, den 28.01.2019 (Investmentfonds.de) -
Franck Dixmier, Global Head of Fixed Income bei AllianzGI
Vorsicht und Flexibilität: Fed macht Strategieschwenk und bleibt bewusst
"hinter der Kurve"
Die Fed macht beim geldpolitischen Straffungskurs eine Pause, um vorsichtig und
flexibel zu bleiben und gleichzeitig lieber etwas zu spät als zu früh zu agieren.
Dieser Strategieschwenk bietet kurzfristig günstige Rahmenbedingungen für
risikobehaftete Anlageklassen.
Anfang dieses Monats äußerte sich Fed-Chef Jerome Powell in einer Art und Weise
zum geldpolitischen Kurs der US-Notenbank, die sich deutlich von seinen
Kommentaren nach der letzten Fed-Sitzung unterschied. Dies gilt nicht nur für
den Ton seiner Rede, sondern auch für den Inhalt.
In seinen jüngsten Kommentaren machte Powell deutlich, dass es 2019 wohl keine
zwei Zinserhöhungsschritte mehr geben wird. Dies ist eine deutliche Abweichung
von der Dezemberbotschaft der Fed. Powell äußerte zudem, dass er keine
Notwendigkeit sieht, den Leitzins über das neutrale Zinsniveau hinaus anzuheben.
Damit wird offensichtlich, dass die Fed ihre geldpolitische Strategie angepasst
hat und nun in einem vorsichtigen und flexiblen Ansatz "hinter der Kurve" bleiben
(d.h. lieber zu spät als zu früh agieren) möchte. Das heißt sie verzichtet mit
Blick auf die Inflation bewusst auf weitere Straffungsschritte.
Mit diesem Strategieschwenk reagiert die Fed auf die jüngeren
Wirtschaftsentwicklungen. Zum einen bleibt die Inflation trotz eines dynamischen
Arbeitsmarktes und Lohndrucks moderat und stabil bei 2 Prozent. Zum anderen
nehmen die Risiken zu:
- Angesichts der weltweiten Wachstumsverlangsamung, vor allem in China und
Europa, haben sich die Wirtschaftsdaten verschlechtert
- Die partielle Stilllegung der Regierungsgeschäfte in den USA ist derzeit zwar
unterbrochen, eine Verlängerung könnte jedoch den privaten Verbrauch in einer
Zeit beeinträchtigen, in der das US-Wachstum seinen Höhepunkt klar über-
schritten hat
- Politische Unsicherheiten halten an: Die USA und China befinden sich in einem
Handelskonflikt, und deutsch-amerikanische Handelsspannungen könnten im
Februar zunehmen. Hinzu kommen vom Brexit und den Europawahlen ausgehende
Unsicherheiten
- Die Finanzmärkte sind angespannt: Mit dem Aktienmarkteinbruch Ende letzten
Jahres, der Ausweitung der Zinsaufschläge und der gestiegenen Volatilität
haben sich die finanziellen Bedingungen im vierten Quartal verschärft. Und
Finanzmarktstabilität ist bekanntermaßen ein implizites Ziel der Zentralbanken.
Vor diesem Hintergrund rechnen wir nicht mit Leitzinsanhebungen im Januar oder
März. Das wirft die Frage auf, ob dies nur eine Unterbrechung oder das Ende des
Zinserhöhungszyklus in den USA ist. Die Meinung der Finanzmärkte ist eindeutig:
An den Zinsterminmärkten (Fed Funds Futures) ist nur noch eine Wahrscheinlichkeit
von 30 Prozent für eine Zinserhöhung im Jahr 2019 eingepreist. Für 2020 werden
sogar sinkende Leitzinsen erwartet.
Unserer Ansicht nach wird die Fed jedoch Flexibilität behalten wollen. Eine
Zinserhöhung im Jahr 2019 ist somit nicht gänzlich auszuschließen. Bei einer
Arbeitslosenquote von unter 4 Prozent bleibt das US-Wachstum über der
Potenzialrate, und steigende Löhne könnten die Inflation anheizen. Darüber
hinaus ist es interessant festzustellen, dass der für die Wirtschaftsentwicklung
wichtige reale Leitzins zum ersten Mal seit der Finanzkrise im positiven Bereich
liegt. Der Unterschied zwischen den Markterwartungen und der Fed-Botschaft hat
sich somit verringert, ist aber nicht verschwunden.
Für Anleger ist die Zinserhöhungspause der Fed kurzfristig eine gute Nachricht
und schafft ein günstiges Umfeld für risikobehaftete Anlageklassen. Sollte sich
die Inflation aber über dem angestrebten Ziel verfestigen, kann mittelfristig
eine weitere Zinserhöhung nicht ausgeschlossen werden.
Quelle: Investmentfonds.de
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