Investmentfonds.de
21.02.2019:
ifo EconPol Italien Bankenunion
Köln, den 21.02.2019 (Investmentfonds.de) -
Prof. Dr. Timo Wollmershäuser, ifo-Forscher
EconPol: Die Bankenunion schützt die europäischen Banken nicht vor den
Auswirkungen des italienischen Haushaltsstreits
Die Haushaltspläne der neuen italienischen Regierung haben dem ifo-Forscher
Timo Wollmershäuser zufolge das Potenzial, eine neue Finanzkrise auszulösen.
"Der Gleichlauf von Risikoprämien für Banken und Staaten im Euroraum hat seit
der Rettung zweier italienischer Banken im Juni 2017 wieder deutlich zugenommen
und war zuletzt so hoch wie vor Beginn der Bankenunion", schreibt Wollmershäuser
in einem Papier für das Forschungsnetz EconPol Europe. "Es war genau dieser
verheerende Zusammenhang zwischen Staaten und Banken, in dem wackelige
Bankbilanzen die Zahlungsfähigkeit ihrer Staaten verschlechtern und umgekehrt,
den doch die Bankenunion auflösen sollte."
Die Haushaltspläne der italienischen Regierung und der damit verbundene Streit
mit der EU-Kommission haben zu einem deutlichen Anstieg der Risikoaufschläge für
italienische Staatsschuldtitel geführt, von durchschnittlich 1,3 Prozentpunkten
zwischen Januar und April 2018 auf 3,3 Prozentpunkte im November 2018. Zu den
wichtigsten Gläubigern des italienischen Staates zählen italienische
Geschäftsbanken. Sie hielten zur Jahresmitte 2018 rund 20 Prozent
(350 Milliarden Euro) der ausstehenden Staatsanleihen. Da die Gläubiger infolge
der Rendite-Anstiege Kursverluste bei den Wertpapieren des italienischen Staates
verbuchen mussten, die das Eigenkapital der Banken abschmolzen und damit deren
Ausfallwahrscheinlichkeit erhöhten, nahmen zeitgleich mit dem Anstieg der
Risikoaufschläge für den italienischen Staat auch jene italienischer Banken zu.
"Die durchschnittlichen Risikoprämien, die Investoren für Geldleihen an
italienische Geschäftsbanken verlangen, haben sich seit Anfang 2018 vervierfacht",
sagt Wollmershäuser. Aber, so fügt er hinzu, auch ausländische Geschäftsbanken
halten einen erheblichen Anteil an der italienischen Staatsverschuldung.
"Seit Mai 2018 erhöhten sich auch deren Risikoprämien infolge der Kursverluste
italienischer Staatsanleihen und liegen aktuell etwa doppelt so hoch wie im
Durchschnitt der ersten vier Monate des Jahres."
Eine Eskalation des Haushaltsstreites gefährdet somit nicht nur die Stabilität
des italienischen Bankensystems, das ohnehin durch seinen überdurchschnittlich
hohen Anteil ausfallgefährdeter Kredite am gesamten Kreditvolumen geschwächt ist.
Er kann sich auch auf die Bankensysteme anderer Länder übertragen, die
Forderungen gegenüber dem italienischen Staat halten. Geraten die Banken in
finanzielle Schwierigkeiten, besteht die Gefahr, dass die mit einer Bankenrettung
verbundenen Risiken auf den jeweiligen Staat, in dem die Banken ihren Sitz haben,
übertragen werden. "Gerade dieser Teufelskreis hat während der Weltfinanz- und
Eurokrise zu einer Eskalation der europäischen Staatsschuldenkrise geführt", sagt
Wollmershäuser weiter.
Zwar sollte die Bankenunion, die mit der Übernahme der einheitlichen europäischen
Bankenaufsicht durch die EZB im November 2014 effektiv startete, den Risikoverbund
zwischen Staaten und Geschäftsbanken durchtrennen. Insbesondere sollten künftig
die Verluste, die bei der Abwicklung einer in Not geratenen Bank entstehen,
primär die Anteilseigener und Gläubiger einer Bank und nicht mehr der Staat und
damit die Steuerzahler tragen. Aus der unmittelbar nach dem Beginn der
Bankenunion deutlich gesunkenen Korrelation zwischen den Risikoprämien lässt sich
auch schließen, dass dieses Vorhaben zunächst glaubwürdig erschien.
"Der seit 2017 synchronisierte Anstieg der Risikoprämien für Staaten und Banken
zeigt jedoch, dass diese Glaubwürdigkeit verspielt wurde. Die Abwicklung der
beiden italienischen Häuser Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza im Juni
2017, für deren Liquidation der italienische Staat Beihilfen in Form von
Garantien in Höhe von 12 Milliarden Euro und Kapitalzuführungen in Höhe von
5 Milliarden Euro leistete, dürfte wesentlich dazu beigetragen haben."
Auch wenn diese Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den Regelungen der Bankenunion
standen, da die Europäischen Bankenaufsicht aufgrund der nicht systemrelevanten
Größe der beiden Banken die Zuständigkeit der Abwicklung in die Hände der
nationalen Aufsichtsregeln delegierte, so widersprachen sie dennoch ihrem Geist.
"Der Fall zeigt einmal mehr, dass die von der europäischen Staatengemeinschaft
entworfenen Regeln, mit denen eine stabilere Währungsunion erreicht werden soll,
genügend Schlupflöcher bieten, sodass die mit den Regeln verbundenen Ziele nicht
erreicht werden können", sagt Wollmershäuser weiter.
Quelle: Investmentfonds.de
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