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01.04.2019:
Märkte mit Mumm: Notenbanken treiben die Entwicklungen an den Börsen...in verschiedene Richtungen
Köln, den 01.04.2019 (Investmentfonds.de) -
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel
Wie schnell sich das Blatt doch wenden kann: dem allgemeinen Ausverkauf an den
internationalen Aktienmärkten aufgrund sich rasant eintrübender Konjunkturaussichten
Ende 2018 folgte im Januar und Februar eine kräftige Erholung. Erstaunlich dabei
war, dass die realwirtschaftlichen Perspektiven sich sukzessive weiter eintrübten
und auch die anderen Belastungsfaktoren - vor allem der Brexit und der
Handelskonflikt - nach wie vor nicht gelöst waren.
Aktien hui, Zinsen pfui
Hinzu kam, dass von dem an den Aktienmärkten versprühten Optimismus auf der
Zinsseite nichts zu spüren war. Im Gegenteil fielen die Renditen für deutsche
Staatsanleihen von knapp 0,25 Prozent p.a. zum Jahreswechsel kontinuierlich in
Richtung 0 Prozent. Es schien, als würde hier sogar eine drohende Rezession
eingepreist.
Was macht den Unterschied?
Vor allem der Schwenk der geldpolitischen Ausrichtung der US-Notenbank Fed hatte
den Aktienbörsen seit dem Jahresanfang eine kaum erwartete Kursrallye beschert.
Angesichts der auch in den USA immer offensichtlicheren wirtschaftlichen Abschwächung
rückten die US-Notenbanker in den letzten Monaten von der noch bis Herbst 2018
verbreiteten Erwartung dreier weiterer Zinsschritte in 2019 ab. Damit stieg die
Chance auf eine schnelle Stabilisierung der US-Ökonomie. Außerdem standen günstigere
Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und eine künftig zunehmende relative
Attraktivität der Aktienanlage in Aussicht.
Zentralbanken wandern mit ihrer Argumentation jedoch oft auf einem schmalen Grat.
So kann man eine geldpolitische Lockerung wie beschrieben positiv bewerten. Die
andere Seite ist aber, dass die Notenbank dadurch auch eine größere Sorge vor
einer deutlicheren wirtschaftlichen Abkühlung ausdrückt. In diesem Fall wären die
Aussichten für Aktien nicht mehr so rosig. Die Stimmungslage der Anleger kann sich
dabei je nach Interpretation sehr schnell ändern, so geschehen Mitte März.
Die Fed kündigte nach ihrer turnusmäßigen Sitzung an, in diesem Jahr voraussichtlich
keine einzige weitere Leitzinserhöhung vorzunehmen und den Abbau der aufgeblähten
Notenbank-Bilanz im September zu beenden. Die Börsen reagieren zunächst noch
verhalten.
Industriedynamik schwächt sich ab, Konsum stabil
Den (Kurs-) Stein ins Rollen brachten dann jedoch schlechter als erwartet
ausgefallene vorläufige Daten zu den Einkaufsmanagerindizes in den USA, Frankreich,
Deutschland und für die Eurozone. Vor allem in Deutschland stürzten die Aussichten
für das Verarbeitende Gewerbe förmlich ab. Erwartet wurde ein ohnehin unter der
Expansionsschwelle von 50 liegender Wert von 48. Vermeldet wurden jedoch lediglich
44,7 Punkte. Die Produktion der deutschen Volkswirtschaft wird somit in den
kommenden Wochen voraussichtlich noch einmal deutlich zurückgehen. Die wirtschaftliche
Abschwächung manifestiert sich.
Das gleiche Bild zeigte dann die jüngste Veröffentlichung des ifo-Geschäftsklimaindex
für Deutschland. Der Gesamtindex zog zwar unerwartet leicht an. Im Verarbeitenden
Gewerbe allerdings gaben sowohl die Einschätzung der aktuellen Lage als auch der
Erwartungen erneut nach. Getragen wurde der Ifo hingegen von einer stabilen
Entwicklung im Handel und bei den Dienstleistungen sowie einer deutlichen Erholung
im Baugewerbe. Der Konsum hält das Wachstum derzeit noch im positiven Bereich.
Auch in der gesamten Eurozone und in Frankreich liegen die Einkaufsmanagerindizes
des Verarbeitenden Gewerbes mittlerweile unterhalb von 50 Punkten. Die bisher noch
sehr stabilen Dienstleistungsindizes gaben zumindest leicht nach und signalisierten
damit, dass sich der Konsum in seiner Funktion als Konjunkturstütze ebenfalls
abschwächen könnte.
In den USA befinden sich die Werte für beide Segmente zwar noch oberhalb der 50`er-Marke,
gleichwohl lagen auch diese unter den Erwartungen. Die seit dem Zinsentscheid
skeptischen Börsianer erhielten prompt den Beleg für ihre Befürchtung einer stärkeren
Wachstumsabkühlung.
Aktienanleger werden vorsichtig
Sowohl in den USA als auch in Europa reagierten viele Anleger zunächst mit
Gewinnmitnahmen. Der deutsche Leitindex DAX und der US-Index S&P 500 schlossen am
22. März auf Tagestiefstständen mit einem Minus von 1,6 bzw. 1,9 Prozent. In den
folgenden Tagen gelang nur eine Stabilisierung, aber noch keine Gegenbewegung.
Gefragt waren hingegen sichere Häfen. Gekauft wurden Gold, US-Dollar sowie
deutsche und US-Staatsanleihen. Die Kurse von Bundesanleihen stiegen dadurch so
stark, dass die Renditen noch weiter in den negativen Bereich rutschten. Die
deutsche Finanzagentur konnte in der letzten Märzwoche eine neue Bundesanleihe
mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer Rendite von -0,5 Prozent p.a. emittieren - das
gab es zuletzt Mitte 2016. Der Bund verdient Geld, indem er Kredit aufnimmt…
Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen fiel unter das Niveau der Zinsen mit
einem Monat Restlaufzeit. Damit ergab sich erstmals seit 2007 eine inverse
Zinsstruktur, ein weiterer Indikator für eine möglicherweise deutlichere konjunkturelle
Abschwächung.
Die weiteren Aussichten bleiben getrübt
Diese Entwicklungen werden in der kommenden Woche mit Sicherheit nachwirken.
Kurzfristig ist kaum mit deutlichen Kursgewinnen an den Aktienbörsen zu rechnen.
Vielmehr werden die Marktteilnehmer zunächst die kommenden Konjunkturdaten
abwarten. In Europa wird zudem der weiterhin offene Brexit-Prozess die Stimmung
belasten. Einzig positive Nachrichten von Seiten des Handelskonfliktes könnten
für eine Stimmungsaufhellung sorgen, jedoch werden auch hier konkrete Ergebnisse
noch etwas auf sich warten lassen. Vorerst bleiben es gute Zeiten für sichere
Häfen.
Quelle: Investmentfonds.de
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