Investmentfonds.de
11.04.2019:
Principal Global Investors: Ist die inverse Zinskurve nur ein Fehlalarm?
Köln, den 11.04.2019 (Investmentfonds.de) -
Seema Shah, Global Investment Strategist bei Principal Global Investors
* Inverse US-Zinsstrukturkurve nicht zwangsläufig Vorbote einer Rezession - dazu
müssten Grundbedingungen wie Zeit, Breite und Ausmaß gegeben sein
* Ursache der Inversion sind geringe Leitzinserwartungen und übermäßige
Investorenängste
* Auch wenn keine Rezession droht, müssen Investoren branchenspezifische
Neuausrichtungen berücksichtigen
Erstmals seit 2007 invertierte die US-Zinsstrukturkurve bei einem Vergleich der
Laufzeiten von drei Monaten und zehn Jahren. Die erschrockene Reaktion der
Investoren ist verständlich, lehrt doch die Geschichte, dass jeder US-Rezession
der letzten Jahrzehnte eine Inversion der Zinskurve vorausgegangen war.
"Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nicht auf jede Inversion notwendigerweise
eine Rezession folgte", gibt Seema Shah, Global Investment Strategist bei
Principal Global Investors, zu bedenken. Ist die inverse Zinskurve also nur ein
falscher Positivbefund?
Shah mahnt insgesamt Vorsicht an und verweist auf drei Grundbedingungen, die eine
inverse Zinskurve als Positivbefund erfüllen müsste. Bedingung Nummer eins sei der
Faktor Zeit. "Ob es sich um einen echten Rezessionsindikator handelt, kann erst nach
mehreren Monaten beurteilt werden", so Shah. Darüber hinaus beschreibe der zweite
Faktor, dass eine Inversion breiter ausfallen müsse. "Bei früheren Rezessionen war
vorher eine Inversion der ganzen Zinskurve zu beobachten", sagt die Expertin. Bislang
umfasse sie nur den Dreijahrespunkt. Dagegen sei die Zinskurve für drei- bis fünfjährige
US-Staatsanleihen flach, während die Kurve der fünf- bis dreißigjährigen Anleihen auf das
steilste Niveau seit 2017 gestiegen sei. Der dritte Faktor besagt, dass die Inversion
deutlich tiefer sein müsse. "Ein Erbe der quantitativen Lockerung ist, dass die
Zentralbanken noch immer enorme Mengen von Staatsanleihen besitzen und so die
langfristigen Renditen niedrig halten. Da es auf diese Weise einfacher ist, die
Zinskurve zu invertieren, verblasst das Rezessionssignal“, so Shah. Auch wenn diese
Bedingungen erfüllt wären: In der Vergangenheit habe die Vorlaufzeit zwischen Inversion
und Rezession einen langen, wechselhaften Zeitraum umfasst, unter Umständen bis zu drei Jahre.
"Wichtiger als historische Vergleiche ist ein Verständnis dafür, warum die Kurve
invertierte", unterstreicht Shah. Unmittelbarer Auslöser sei die Andeutung der Fed gewesen,
den Zinserhöhungszyklus fast abgeschlossen zu haben. Die Märkte hätten die für einen langen
Zeitraum unveränderten Fed-Leitzinsen ordnungsgemäß eingepreist - geringe Leitzinserwartungen
implizierten auch eine flache Zinskurve. Schwächer als erwartete PMI-Daten für die USA sowie
die Eurozone bewegten Investoren dazu, sich von riskanten Assets zu trennen und sicherere
Anlageklassen zu kaufen, beispielsweise US-Bundesanleihen. "Das verursachte die Inversion
der Kurve", erklärt Shah. "Die invertierte Zinskurve signalisiert nicht zwangsläufig eine
Rezession. Eher reflektiert sie die übertriebenen Ängste der Investoren über zukünftige
wirtschaftliche Schwierigkeiten."
Angesichts eines Abschwungprozesses seien Sorgen bei den Investoren gerechtfertigt, eine
US-Rezession bleibe allerdings unwahrscheinlich. Die Expertin verweist auf den
US-Arbeitsmarkt, der in der Vergangenheit in einem Jahr vor einer Rezession noch nie so
stark gewesen sei. "Auch die gesunkenen Hypothekenzinsen werden ein starker Rückenwind
für die Wirtschaft sein, während Kredite weiterhin zu relativ engen Spreads gehandelt
werden", sagt Shah. Zwar sei der globale Ausblick beunruhigender. "Allerdings dürfte sich
die chinesische Wirtschaft bald auf niedrigem Niveau stabilisieren, europäische
Wachstumsenttäuschungen eindämmen und schließlich die globale Wirtschaft anheben",
betont Shah.
Unabhängig davon, ob die Zinskurveninversion nun ein falscher Positivbefund sei
oder nicht, sollten Investoren wichtige, branchenspezifische Neuausrichtungen berücksichtigen.
"Finanzunternehmen outperformen nicht, wenn die Zinskurve flach oder gar invertiert ist.
Insgesamt tendieren defensive Aktientitel in einer wirtschaftlichen Abkühlungsphase dazu,
zyklische Titel zu übertreffen. Investoren sollten diese Anzeichen respektieren", resümiert Shah.
Quelle: Investmentfonds.de
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