Investmentfonds.de
26.04.2019:
LFDE Macroscope: Ein schmaler Grad
Köln, den 26.04.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE -
La Financière de l´Echiquier
Aufgrund erneuter Aufwärtsbewegungen schlossen die meisten Aktienindizes in der
vergangenen Woche auf dem höchsten Stand seit Jahresbeginn. In Europa, und noch
mehr in den USA, konnten sämtliche Kursverluste des vierten Quartals 2018 wieder
aufgeholt werden, wobei die Indizes nun sogar mit den Niveaus von Anfang 2018
liebäugeln. Das Phänomen erstreckt sich insbesondere bei US und Wachstumstiteln
auch auf die Bewertungen. Diese Feststellung wirft zwangsläufig die Frage auf,
wie sich die Aktienmärkte in den nächsten Monaten entwickeln werden.
Die Rally im ersten Quartal 2019 bestand in Teilen sicherlich aus einer Korrektur
übermäßiger Kursverluste zum Jahresende, wurde jedoch vor allem durch den Kurswechsel
der Zentralbanken hinsichtlich ihrer Geldpolitik befeuert. Deren nun wieder
akkommodierende Haltung beschwichtigte die Anleger, die um die Aussichten für das
weltweite Wachstum in Sorge waren, und führte zu einer höheren Risikobereitschaft.
Dieser Katalysator klingt jedoch bereits wieder ab. Sollte sich die Konjunktur nicht
weiter verschlechtern, ist seitens der US-Notenbank Fed oder der Europäischen
Zentralbank wohl kaum mit neuen Ankündigungen zu rechnen. Von der EZB sind höchstens
noch Erläuterungen zu ihrem TLTRO-Programm und zu möglichen Abfederungsmaßnahmen in
Bezug auf die Negativzinsen für die Bankenbranche zu erwarten. Anders gesagt braucht
es für einen deutlichen Anstieg der Märkte andere Katalysatoren und vor allem eine
Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Daten.
Letztere verschlechterten sich erheblich und schaffen derzeit kaum mehr als eine
relative Stabilisierung. Die in der vergangenen Woche veröffentlichten Statistiken
veranschaulichten dies gut. Die Zahlen aus China sorgten hingegen für Beruhigung.
So legte die Industrieproduktion im ersten Quartal um 6,5 Prozent (im Vergleich zur
Erwartung von 5,6 %) zu, und die Einzelhandelsumsätze stiegen gegenüber dem Vorjahr
um 8,7 Prozent (erwartet waren 8,4 %). Auch das BIP-Wachstum war im gleitenden
Jahresdurchschnitt etwas besser als erwartet (6,4 % im Vergleich zu 6,3 %). Diese
überraschend guten Monatsindikatoren belegen ein solides Konsumwachstum und zeigen
erste Erfolge der chinesischen Konjunkturmaßnahmen. Gute Nachrichten, die jedoch
noch bestätigt werden müssen.
Vor allem, da die Wirtschaftsdaten in den Industrieländern viel enttäuschender waren.
In Japan gingen die Exporte im März im vierten Monat in Folge zurück, und der
Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe liegt trotz einer leichten Erholung
weiter unter der Marke von 50 (49,5). In der Eurozone verschlechterten sich die
Einkaufsmanagerindizes trotz zufriedenstellender Zahlen im französischen und deutschen
Dienstleistungssektor und lagen bei allen Komponenten unter den Erwartungen. Der
zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex lag bei 51,3 Punkten, im Vergleich zur Erwartung
von 51,8 und 51,6 im Vormonat. In den USA war der Einkaufsmanagerindex für das
verarbeitende Gewerbe mit 52,4 stabil, der Index für den Dienstleistungssektor ging
jedoch von 55,3 auf 52,9 (im Vergleich zur Erwartung von 55,0) deutlich zurück. Es gibt
also keinen Anlass für allzu große Zuversicht.
Die Maßnahmen der Zentralbanken und die Konjunkturprogramme, die in den einzelnen
Regionen allmählich umgesetzt werden, werden mit der Zeit zu einer Verbesserung dieser
Zahlen führen, möglicherweise jedoch nicht unmittelbar. In der Zwischenzeit könnte den
Aktienmärkten die Puste ausgehen und erneut Volatilität auftreten. Die entscheidenden
Eigenschaften, um die Gewinne des ersten Quartals zu wahren und später von den positiven
Auswirkungen besserer gesamtwirtschaftlicher Daten auf die Märkte zu profitieren, werden
Flexibilität und Geduld sein.
Quelle: Investmentfonds.de
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