Investmentfonds.de
07.05.2019:
LFDE Macroscope: Die Kunst des Sfumato an der Börse
Köln, den 07.05.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE - La
Financière de l´Echiquier
Der 2. Mai 2019 war der 500. Todestag von Leonardo da Vinci, dem Meister des Sfumato,
einer Maltechnik, bei der Gegenstände unscharf und verschwommen dargestellt werden.
Die Wirtschaftsdaten dieser Woche würdigten ihn auf ihre eigene Art und zeichneten
ein wirtschaftliches Umfeld mit unentwirrbar vermischten günstigen und ungünstigen
Entwicklungen.
So zeigte der am Mittwoch veröffentlichte Index für das verarbeitende Gewerbe in den
USA einen Industriesektor, der sich von zuvor 55,3 (und Ende Januar 56,6) auf 52,8
verlangsamte und durch einige sehr schwache Komponenten ausgebremst wurde (gezahlte
Preise 50,0; Auftragseingänge 51,3; Importe 49,8).
Umgekehrt schnitt das Verbrauchervertrauen sehr solide ab (129,2 gegenüber
erwarteten 126,8). Gleiches gilt für die Arbeitsmarktzahlen: 263.000 neu geschaffene
Stellen (ohne Landwirtschaft) im Vergleich zu den erwarteten 190.000, eine
Arbeitslosenquote von nun 3,6 Prozent (erwartet 3,8 %) bei einer nach wie vor moderaten
Lohninflation von 3,2 Prozent: eine ideale Situation für die Anleger.
In Europa war das gleiche Sfumato zu beobachten: Das BIP-Wachstum zeigte sich in
Frankreich und der Eurozone etwas stärker als erwartet (+1,1 % beziehungsweise +1,2 %).
Die abschließende Beurteilung der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe
in Europa wies in Frankreich und Italien eine Erholung zum Vormonat auf, die allerdings
sehr schwach war. Dagegen rutscht die deutsche Industrie immer weiter in den rezessiven
Bereich ab (44,4 gegenüber zuvor 44,5). Dieses Mal war Südeuropa die europäische Stütze
und nicht Deutschland.
Die Sitzung der Federal Reserve, die am Mittwoch, 1. Mai, endete, war ebenfalls nicht
eindeutig: Die US-Notenbank bestätigt zwar die schwache Inflation in den USA, die bei
ihrem am wenigsten volatilen Bestandteil deutlich unter 2 Prozent liegt, macht dies
jedoch an "vorübergehenden" Faktoren fest. Der Markt war enttäuscht, dass die Zentralbank
daher vorerst keine neuen geldpolitischen Anreize ins Auge fasst. Die nächste, für Juni
anberaumte Sitzung dürfte Aufschluss über das Fortbestehen dieser Faktoren geben.
Glücklicherweise ergeben die Unternehmensergebnisse ein Bild, das sich etwas leichter
beziffern lässt. Insgesamt übertreffen sie wie gewöhnlich die Erwartungen der Analysten,
denn diese hatten sie in den letzten drei Monaten deutlich nach unten revidiert. Ein
typisches Beispiel: Apple, das im Wechselspiel mit Microsoft teuerste Unternehmen der
Welt, erlebte einen deutlichen Anstieg seines Aktienkurses, denn trotz des schwächelnden
Umsatzes bei seinem Leitprodukt iPhone wuchs das Serviceangebot so stark wie nie.
In Europa sorgten einige vernachlässigte Werte, wie etwa französische Banken, eher für
Beruhigung. BNP überraschte dank der Erlöse im Investment-Banking positiv, und Societé
Générale war zwar im Privatkundengeschäft schwächer, stärkte jedoch das Eigenkapital.
Weitere Beispiele sind die französischen Fernsehsender TF1 und M6, die sich gegen
alternative Sendekanäle mit Werbung gut behaupteten.
Alles in allem befindet sich das verarbeitende Gewerbe weltweit in einer heiklen Lage,
doch der Dienstleistungssektor schlägt sich gut. Solange dieser Sektor standhält, dürfte
die Börse auf dem richtigen Kurs bleiben. Vorsicht ist allerdings aufgrund der
Ansteckungsgefahr untereinander geboten.
Quelle: Investmentfonds.de
|