Investmentfonds.de
27.06.2019:
La Française Kommentar zum G20-Gipfel
Köln, den 27.06.2019 (Investmentfonds.de) -
Hervé Chatot, Multi Asset Fund Manager, La Française AM
G20: Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt treffen aufeinander
Der G20-Gipfel in Japan rückt an diesem Wochenende (28. und 29. Juni) in den
Mittelpunkt des weltweiten Interesses, da die beiden größten Volkswirtschaften
der Welt nach wie vor in einem anhaltenden Handelskrieg gefangen sind.
US-Präsident Donald Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping werden
voraussichtlich am Samstag erstmalig nach Abbruch der Handelsgespräche im Mai
zusammentreffen. Zuvor hatte die Regierung Trumps die Zölle auf rund 200
Milliarden Dollar chinesischer Importe von 10 Prozent auf 25 Prozent angehoben
und China schlug daraufhin mit höheren Zöllen zurück.
Präsident Donald Trump drohte auch damit, Zölle auf weitere chinesische Importe
im Wert von 300 Milliarden Dollar zu erheben. Die Handelsverantwortlichen Chinas
und der USA führen bereits vor dem Trump-Xi-Treffen Gespräche, was Hoffnungen auf
eine Entspannung der Handelsbeziehungen weckt. Beide Volkswirtschaften haben in
jüngster Zeit zu schwächeln begonnen. Beide Länder wollen ein Abkommen, und Donald
Trump will die US-Wirtschaft nicht vor den Wahlen 2020 schwächen.
Die Einsätze sind eindeutig hoch. Dieser G20-Gipfel wird die zukünftige Richtung
der Verhandlungen vorgeben und die Marktentwicklung sowie die Reaktion der
Zentralbanken in den kommenden Wochen und voraussichtlich im zweiten Halbjahr
bestimmen. Die Zentralbanker haben bereits signalisiert, dass sie bereit sind,
bei Bedarf rasch zu handeln und die Geldpolitik zur Unterstützung des
Wirtschaftswachstums weiter zu lockern. Hintergrund: Die Abwärtsrisiken für die
Weltwirtschaft sind weiterhin hoch. Beispielsweise wird in den USA von der Fed
erwartet, dass sie den Leitzins bei der nächsten Sitzung im Juli um 25 Basispunkte
oder 50 Basispunkte (Quelle: Bloomberg) senkt. Das Ausmaß der Senkung wird vom
Ergebnis des G20-Treffens abhängen.
Was ist also zu erwarten?
Was könnte das wahrscheinlichste Ergebnis und die Marktreaktion sein?
Wir haben drei mögliche Szenarien identifiziert:
Ein Waffenstillstand (Aufschub der zusätzlichen Zölle): Beide Seiten einigen
sich auf einen Waffenstillstand (für einen bestimmten Zeitraum oder nicht).
Die Handelsgespräche werden fortgesetzt.
Ein Abkommen (Deeskalation): Die USA und China kommen überein, eine für beide
Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden, indem sie einen Teil oder die meisten
der bestehenden Zölle schrittweise abschaffen.
Eskalation: Handelsgespräche scheitern. Neue Zölle könnten von den USA auf die
restlichen 300 Milliarden Dollar an chinesischen Importen im dritten Quartal ganz oder
teilweise erhoben werden. Der Handelskrieg eskaliert.
Ein Abkommen, das beide Länder zufriedenstellt, ist aus unserer Sicht zum jetzigen
Zeitpunkt unwahrscheinlich. Wir verwerfen diese Möglichkeit, die wir für zu optimistisch
halten. Sollte dies jedoch der Fall sein, könnte die Marktreaktion sehr positiv ausfallen,
da sich die risikoreichen Anlagen (Aktienmärkte, sowohl Emerging Markets als auch entwickelte
Märkte, High Yield Credit) sehr stark erholen und die Kernrenditen stark steigen, da die
Anleger ihre Ansichten über die von den Zentralbanken formulierten gemäßigten Botschaften
neu bewerten werden. Am meisten profitieren würden der chinesische Aktienmarkt und
Anlagen in Schwellenländern.
Das wahrscheinlichste Ergebnis ist ein Waffenstillstand, weil beide Seiten den Wunsch
äußern, die Gespräche wieder aufzunehmen. Die USA verpflichten sich, zusätzliche Zölle
zurückzuhalten und die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Dieses Ergebnis bleibt
marktgerecht, ist aber bereits vom Markt eingepreist. Der US-Aktienmarkt ist nahe
seines Allzeithochs. Wir glauben also, dass der Markt positiv reagieren, aber die
Reaktion gedämpft sein könnte. Wir gehen nicht von einer starken Erholung der
Aktienmärkte in den Industrieländern aus. Es sollte vor allem für Anlagen in
Schwellenländern mehr Entlastung bringen und wahrscheinlich den handelssensibelsten
Namen zugutekommen, die in den letzten Wochen gelitten und unterdurchschnittlich
abgeschnitten haben. Es wird erwartet, dass die Staatsanleihen aus Kernländern zunächst
für einen kurzen Zeitraum abgestoßen werden.
Wir können jedoch das Eskalationsszenario nicht ausschließen, das ein Scheitern der
Verhandlungen impliziert. In einem solchen Fall würden die USA weiterhin Druck auf
China ausüben, indem sie mehr Zölle erheben. Es wären sehr schlechte Nachrichten, das
Vertrauen der Unternehmen würde sich schneller verschlechtern und die Weltwirtschaft
in Mitleidenschaft ziehen. Dieses Ergebnis birgt eindeutig ein sehr hohes Risiko für
die Märkte und würde eine längere Zeit der Unsicherheit bedeuten. Alle risikoreichen
Anlagen würden abgestoßen werden und "Safe-Haven"-Anlagen sich stark erholen (vor allem
US-Treasuries und Gold). Der Grund: Die Märkte würden in den kommenden Monaten einen
vollständigen Handelskrieg sowie eine globale Rezession einpreisen. Wir halten dies für
das unwahrscheinlichste Szenario, weil es sehr starke negative wirtschaftliche Auswirkungen
für beide Länder sowie für das globale Wirtschaftswachstum hätte.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass wir vor diesem Treffen vorsichtig bleiben, da es
sehr schwierig ist, ein politisches Ergebnis vorherzusagen. Aber, wenn der Handelskrieg
eskaliert, erwartet der makroökonomische Konsens, dass das globale Wachstum um etwa
70 Basispunkte reduziert wird.
Quelle: Investmentfonds.de
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