Investmentfonds.de
03.07.2019:
LFDE Macroscope: Sind die guten Nachrichten tatsächlich gut?
Köln, den 03.07.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger,
Chief Investment Officer bei LFDE-La Financière de l'Echiquier
Eine neuerliche Feuerpause – dies ist das Ergebnis des enorm wichtigen Treffens
zwischen Xi Jinping und Donald Trump am Rande des G20-Gipfels. Obwohl der
US-Präsident seine Drohungen zuvor wiederholt hatte und von seinem chinesischen
Amtskollegen eine harte Verhandlungsposition erwartet worden war, scheinen die
beiden jeweils einen Schritt aufeinander zu gemacht zu haben.
Trump sicherte zu, vorerst keine neuen Zölle zu verhängen. Darüber hinaus wollte
der chinesische Führer erreichen, dass sämtliche Beschränkungen in Bezug auf
Huawei aufgehoben werden und dem chinesischen Technologie der Kauf von US-Produkten
ermöglicht wird. Donald Trump ging auf seine Forderung ein, blieb aber mit der
Aussage, Huawei dürfe Produkte kaufen, "die die nationale Sicherheit nicht bedrohen",
im Vagen. Demnach bleibt alles eine Frage der Auslegung. Donald Trump bekräftigte,
China werde beginnen, "bedeutende Mengen landwirtschaftlicher Produkte" zu kaufen.
Insgesamt gesehen handelt es sich um einen Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen
Nenner, der die Wiederaufnahme der Gespräche erlaubt, ohne jedoch die Hauptfragen
wie z. B. den Technologietransfer oder das geistige Eigentum anzugehen.
Dieses für die Märkte auf kurze Sicht positive Szenario könnte jedoch längerfristig
zu einem ambivalenteren Ergebnis führen. Die Hausse vom Jahresanfang ist schließlich
dem moderateren Kurs der Zentralbanken verdanken, der durch die schwachen
makroökonomischen Daten sowie das Risiko im Zuge der Handelsauseinandersetzungen
gerechtfertigt war. Aktuell erwarten die Märkte bis Jahresende von der US-Notenbank
Fed bis zu drei Zinssenkungen. Jedoch würde mit der Beruhigung des Handelskonflikts
für die Zentralbanken ein wichtiges Argument wegfallen. Eine Stabilisierung oder
gar leichte Besserung der makroökonomischen Daten könnte die Währungshüter vielmehr
dazu veranlassen, mit ihrer Reaktion deutlich von den Markterwartungen abzuweichen.
Das letzte Quartal 2018 sollte jedoch eine Mahnung sein, welche Auswirkungen
Enttäuschungen hinsichtlich der Geldpolitik auf die Märkte haben können.
Der Ausgang des Treffens zwischen Xi und Trump dürfte die Fed vermutlich nicht davon
abhalten, die Leitzinsen zumindest einmal, voraussichtlich auf der nächsten Sitzung
im Juli, zu senken, zumal die aus den einzelnen Regionen gemeldeten Zahlen für das
verarbeitende Gewerbe sehr schwach sind. Jedoch könnte die US-Notenbank es hierbei
belassen. Die Tonlage in den wiederaufgenommenen Gesprächen zwischen den Vertretern
Chinas und der USA sowie die nächsten Wirtschaftsdaten werden entscheidend sein.
Ebenso wie die Haltung Trumps gegenüber der Fed. Mit seiner heftigen Kritik und den
direkten Angriffen auf den Fed-Vorsitzenden Jerome Powell bringt der US-Präsident die
Notenbank in eine heikle Lage. Durch eine deutliche Zinssenkung, die von Donald Trump
per Twitter gefordert wird, könnte sie Zweifel an ihrer Unabhängigkeit gegenüber der
Politik nähren. Während die Handelskonflikte vorerst nachzulassen scheinen, würde eine
leichte Besserung der Konjunkturdaten der Fed den idealen Anlass bieten, ihre Zinssätze
nicht über eine kosmetische Korrektur hinaus zu senken und so ihre Unabhängigkeit
gegenüber dem Weißen Haus zu bekräftigen. Die Märkte wären dann gezwungen, ihre
Erwartungen deutlich zu korrigieren, was nicht reibungslos vonstattenginge.
Dies würde aus der guten Nachricht einer Wiederaufnahme der Gespräche zwischen China
und den USA eine schlechte Nachricht für die Märkte machen.
Quelle: Investmentfonds.de
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