Investmentfonds.de
09.07.2019:
Zürcher Kantonalbank Österreich AG: Das Eingreifen der Notenbanken ist jetzt unerlaesslich
Köln, den 09.07.2019 (Investmentfonds.de) -
Christian Nemeth, Mitglied des Vorstands Wien/Salzburg und
CIO der Zürcher Kantonalbank Österreich AG
"Im Juni fielen die Konjunkturdaten in der Eurozone mehrheitlich schwach aus.
Doch selbst in den USA sind Anzeichen eines Rückgangs des Wirtschaftswachstums
nicht mehr länger von der Hand zu weisen. Der US-chinesische Handelskonflikt
zeigt auch global Wirkung, die konjunkturellen Vorlaufindikatoren haben sich
weiter abgeschwächt, besonders in der von Strafzöllen am stärksten betroffenen
produzierenden Industrie. Die Aussichten für die Weltwirtschaft trüben sich ein.
Eine Folge dieser Entwicklung ist der jüngst vollzogene Kurswechsel in der
Geldpolitik der Vereinigten Staaten. Die Handlungsbereitschaft der Notenbanken
steigt, für 2019 sind Zinssenkungen zu erwarten."
München/Salzburg. Derzeit gibt es zwei wesentliche Einflussfaktoren auf
die Stimmung an den Finanzmärkten, allen voran die konjunkturelle Abkühlung.
Diese steht nicht mehr vor der Tür, sondern ist bereits in vollem Gange. Ein
wichtiger Hinweis dafür ist die jüngste wirtschaftliche Entwicklung in den USA,
die noch Ende 2018 mit kräftigem Wirtschaftswachstum und einer rekordverdächtig
niedrigen Rezessionswahrscheinlichkeit ein Ausrufezeichen zu setzen vermochten.
Doch das Bild hat sich gewandelt und im Zuge der Verschärfung des
Handelskonfliktes haben sich die Konjunkturaussichten weiter eingetrübt.
Die Konjunkturdaten der Eurozone fielen gleichfalls schwach aus, in Deutschland
und Italien dürfte das Wachstum sogar geschrumpft sein. Unsere Erwartungen für
das Wachstum der Eurozone im zweiten Quartal liegen daher bei nur 0,2 Prozent.
Sinneswandel der US-Notenbank
Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung steigt die Handlungsbereitschaft der
beiden großen Notenbanken der USA und Europa. In diesem fortgeschrittenen Zyklus
macht es Sinn, etwa durch Zinssenkungen unterstützend einzugreifen. Das niedrige
Inflationsniveau rechtfertigt diese Maßnahme. Selbst die Fed
(Federal Reserve - Zentralbank der Vereinigten Staaten) stimmt nun zusammen mit
der EZB (Europäische Zentralbank) in den Chor der Lockerungsbefürworter ein.
Beide senden einstimmig Signale aus, dass sie der wirtschaftlichen Unsicherheit
entgegenwirken wollen. Insbesondere bei der Fed, die den Leitzins in den USA auf
immerhin 2,5 Prozent anhob, bahnt sich ein Sinneswandel an. Rechnete im März noch
kein Vertreter des Federal Open Market Committee mit einem niedrigeren Leitzins
zum Jahresende, waren es im Juni bereits acht von 171. Wir gehen im Juli und
September von einer Zinssenkung um 25 Basispunkte aus. Die Finanzmärkte preisen
für die kommenden 12 Monate sogar 100 Punkte ein. Dies setzt allerdings eine
stärkere konjunkturelle Abschwächung voraus, die wir so nicht erwarten.
Die EZB stand zuletzt wegen der Nachbesetzung des frei gewordenen Postens von
Mario Draghi als EZB-Chef durch Ex-IWF-Chefin Christine Lagarde in den Schlagzeilen.
Lagardes Nominierung stellt jedoch kein Risiko für die Finanzmärkte dar. Es ist
zu erwarten, dass Lagarde die wenig restriktive und lockere Geldpolitik von
Mario Draghi fortsetzt, wenngleich der Spielraum begrenzt ist. In Europa rechnen
wir mit einer Senkung des Einlagezinses von -0,4 Prozent auf -0,5 Prozent.
Handelskonflikt bleibt omnipräsent
Neben der konjunkturellen Entwicklung leistet auch die politische Unsicherheit
ihren Beitrag zur Intervention der Notenbanken. So ist der Handelskonflikt zwischen
den USA und China tonangebend und wird wohl noch einige Zeit lang andauern.
Immerhin zeigten die beiden Kontrahenten auf dem G20 Gipfel Ende Juni, dass sie
ihre Verhandlungen wieder aufnehmen und sich die Fronten zunächst nicht weiter
verhärten. Der Handelskrieg ist ein sehr komplexes Thema, weil es nicht nur um
Strafzölle und Handelsungleichgewichte geht, sondern auch um Technologieführerschaft.
Die Wirtschaftsmacht China beansprucht einen hervorgehobenen Platz auf der Weltbühne
und folgt dabei konsequent der Vision, in vielen Bereichen federführend zu sein.
Spannungen zwischen China und ihrem wichtigsten Handelspartner USA sind die logische
Konsequenz.
Quelle: Investmentfonds.de
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