Investmentfonds.de
01.08.2019:
Capital Group | Chinesische Anleihen: Renditen wie ein Schwellenland bei Risiken einer Industrienation
Köln, den 01.08.2019 (Investmentfonds.de) -
Stephen Green, Volkswirt bei Capital Group
"Chinas Anleihenmarkt steht ein starkes Wachstum bevor, weil er sich zunehmend
für ausländische Investoren öffnet", sagt Stephen Green, Volkswirt bei Capital
Group. "Anleger können also auf einen neuen, vielfältigen und vor allem liquiden
Markt mit der Aussicht auf positive Realrenditen hoffen." Die Aufnahme Chinas in
eine Reihe bedeutsamer Indizes würde darüber hinaus weitere hohe Mittelzuflüsse
versprechen.
Realrenditen lassen Anleger nach Alternativen suchen
Bisher befänden sich weniger als zwei Prozent des chinesischen Anleihenvolumens
in der Hand ausländischer Investoren. Grund dafür seien insbesondere die strengen
Kapitalverkehrskontrollen, durch die der Markt für inländische Renminbi-Anleihen
aus vielen der bedeutenden Indizes für Schwellen- und Industrieländerbonds
ausgeschlossen war. In den vergangenen Jahren habe es diesbezüglich jedoch
Reformen gegeben. Das sei einer der Gründe, warum chinesische Inlandsanleihen
zunehmend attraktiv würden. Ein weiterer sei, dass weltweit Staatsanleihen im
Wert von rund zehn Billionen US-Dollar negative Renditen erzielten und eine
Änderung der Zinspolitiken nicht zu erwarten sei. Nicht zuletzt, weil chinesische
Anleihen trotz eines sehr guten Ratings von A1 bzw. A+ eine nominale Zehnjahresrendite
von 3,3 Prozent bieten, rückten sie für Investoren in den Fokus. "Chinas Renditen
liegen zwischen denen der Industrie- und Schwellenländer; das Länderrating
gleicht aber eher dem eines Industrielandes", fasst Green zusammen.
Investoren sollten trotz Sorgen einen klaren Blick behalten
Obwohl die chinesische Regierung in den vergangenen Jahren die Öffnung und
Liberalisierung des Anleihenmarktes durch eine Reihe von Reformen vorangetrieben
habe, gäbe es jedoch noch einen weiteren Grund, warum Investoren häufig mit einem
Investment zögerten. "Die Konjunktur bereitet vielen Sorgen", sagt Green.
"Hohe Schulden und die Möglichkeit einer harten Landung verunsichern internationale
Anleger. Außerdem fürchten viele steigende Inlandszinsen und eine Währungsabwertung."
Investoren sollten sich jedoch nicht von ihren Bedenken treiben lassen und einen
klaren, nüchternen Blick behalten. Zwar bleibe die chinesische Verschuldung ein
Grund zur Sorge, doch seien die meisten Gläubiger nichtbörsennotierter
Fremdkapitalinstrumente staatliche oder halbstaatliche Unternehmen. Hinzu komme,
dass der Quotient aus Auslandsschulden und BIP gerade einmal 13 Prozent betrage und
der Markt durch inländische Ersparnisse gestützt würde - die chinesische Sparquote
sei mit 46 Prozent die höchste der Welt.
Insgesamt müsse man China anders bewerten als die restlichen Schwellenländer. Die
üblichen Probleme wie hohe Leistungsbilanzdefizite und Auslandsschulden träfen auf
das Reich der Mitte nicht zu. Dadurch habe der Staat die Möglichkeit, den
Schuldenabbau abzufedern.
Für China gelten andere Regeln
Ein weiterer Grund spreche gegen die Sorgen der Investoren. "Zwar ist das
Wirtschaftswachstum zurückgegangen. Verglichen mit den Industrieländern ist es aber
noch immer recht stark", so Green. Außerdem könne eine weitere Lockerung der Geldpolitik
erfolgen, um den wirtschaftlichen Druck auszugleichen. Das wiederum hätte positive
Auswirkungen auf die Lokalwährungsanleihen. Die Unterschiedlichkeit Chinas zeige sich
auch an dem Verhältnis der Anleihen zu denen anderer Länder. "In der Vergangenheit waren
chinesische Anleihen weder sonderlich stark mit denen von anderen Emerging Markets noch
mit denen der Industrienationen korreliert", sagt Green. "Die Öffnung des Kapitalmarktes
dürfte zwar zu höheren Korrelationen führen, dieser Prozess geschieht jedoch langsam."
Quelle: Investmentfonds.de
|