Investmentfonds.de
04.09.2019:
LFDE Macroscope: Kehrtwende
Köln, den 04.09.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger,` CIO bei LFDE - La Financière de l`Echiquier
Im August schwankten die Märkte im Zuge der Entwicklung des Konflikts zwischen dem
Reich der Mitte und Onkel Sam. Völlig unerwartet scheinen sich Peking und Washington
allerdings nach einem Monat immer heftigerer Drohungen im chinesisch-amerikanischen
Handelskrieg nun über die zügige Wiederaufnahme der Verhandlungen einig zu sein.
Mitten in die sommerliche Ruhe hinein, am 1. August, entschied Donald Trump, der von
den Zugeständnissen Chinas seit dem G20-Gipfel in Osaka enttäuscht war, die Zölle auf
chinesische Waren im Wert von 300 Milliarden Dollar um 10 % zu erhöhen. Die Reaktion
der Aktienmärkte ließ nicht lange auf sich warten: Die wichtigsten Aktienindizes
sackten binnen Tagen um -3 % bis -5 % ab. Hierdurch schlug Trump zwei Fliegen mit einer
Klappe, denn einerseits drängt er die Chinesen auf diese Weise zu Zugeständnissen und
andererseits erhöht er durch die Steigerung des weltweiten Risikos für Wachstum und
Vertrauen auch den Druck auf die Fed, ihre Zinssätze deutlicher zu senken.
Peking reagierte auf diese Maßnahme rasch mit seiner Lieblingswaffe, dem Wechselkurs,
der unter die symbolische Marke von 7 Yuan für einen Dollar fiel und so einen Teil der
höheren Zölle abfederte. Obwohl sich die chinesische Zentralregierung, um den Yuan als
Reservewährung glaubwürdig zu machen, dagegen verwehrt, die Währung zu manipulieren,
lassen sich die Anleger nicht täuschen und sind der Auffassung, dass dieser Schritt wie
bereits in der Vergangenheit unmittelbar von Peking veranlasst wurde.
Am 23. August wurde dann eine neue Phase eingeläutet, als China mit einer Anhebung der
Zölle auf die symbolträchtigsten US-Importe - landwirtschaftliche Produkte, Rohöl und
Autos - antwortete. Zudem löste ein von Trump angedrohter rascher Gegenangriff noch
am selben Tag eine Korrektur des S&P 500 um -3,1 % aus. Tags darauf ließ der
US-Präsident seinen Worten Taten folgen und verkündete eine neuerliche Erhöhung der
Zölle auf sämtliche chinesische Importe um 5 %.
Binnen weniger Tage war somit eine jähe Wendung der Lage zu beobachten. Beide Parteien
bekundeten danach ihren Wunsch, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, und setzten
einige angedrohte Maßnahmen aus oder verschoben diese.
In diesem Zusammenhang ist es besonders schwierig, die nächsten Schritte vorherzusagen,
denn sowohl die Akteure als auch das Tempo der Schritte sind unvorhersehbar. Dennoch
kann versucht werden, die Reaktion des US-Präsidenten in ihren Umrissen nachzuzeichnen.
Trump steckt bereits mitten im Wahlkampf und ist völlig zu Recht der Auffassung, dass
für eine glaubwürdige Bilanz seiner Wirtschaftspolitik mindestens drei Bedingungen
gleichzeitig erfüllt sein müssen. Erstens müssen die Aktienmärkte während seiner gesamten
ersten Amtszeit deutlich im Plus liegen. Daher rudert er immer recht schnell zurück,
wenn die Aktienmärkte nach seinen Twitter-Beiträgen um -5 % bis -10 % einbrechen.
Zweitens muss das Wachstum, das durch den Handelskrieg und die hierdurch erzeugte
Unsicherheit in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, bis zu den Präsidentschaftswahlen
robust bleiben. Drittens muss er zumindest den Anschein erwecken, aus dem Konflikt mit
China siegreich hervorzugehen. Aus unserer Sicht müssen diese Punkte bei der Analyse von
Trumps Verhalten stets beachtet werden. Auch wenn er die "Strategie eines Narren" zu
verfolgen scheint, darf nicht vergessen werden, dass seine Verhandlungsmethode gewissen
logischen Regeln unterliegt.
Quelle: Investmentfonds.de
|