Investmentfonds.de
08.11.2019:
LOYS Kommentar - Mario Draghi
Köln, den 08.11.2019 (Investmentfonds.de) -
Ufuk Boydak, Frankfurt am Main und
Dr. Christoph Bruns, Chicago
LOYS AG - Spezialist für wertorientiertes und aktives Aktienfondsmanagement
MARIO DRAGHI
Während man sich an seine Vorgänger Duisenberg und Trichet kaum wird erinnern
können, hat der Italiener Weltgeschichte geschrieben. Der Bürger wünscht sich
jedoch von seiner Notenbank kein weltgeschichtliches Eingreifen, sondern die
Erhaltung der Preisstabilität durch eine Politik der ruhigen Hand.
Fast im Alleingang stellte der mutige Römer durch seine Staatsanleihekäufe
die Finanzierung der Krisenstaaten sicher und half bei der Sanierung der
Staatshaushalte. Man greift nicht zu hoch, wenn man Mario Draghi verwegene
Kühnheit bescheinigt.
Jedenfalls hat es unter Draghi keine hohe Güterpreisinflation gegeben.
Demgegenüber sind Vermögenswerte wie Anleihen, Immobilien und Aktien von der
Schwemme billigen Geldes stark beflügelt worden. Unter den genannten Anlageklassen
sind ausgewählte Aktien heute gegenüber Anleihen und Immobilien (je nach Lage) mit
Abstand am günstigsten, während Anleihen völlig überreizt wirken.
Ohne Zweifel ist Mario Draghi der historisch herausragende Präsident der EZB.
Während man sich an seine Vorgänger Duisenberg und Trichet kaum wird erinnern
können, hat der Italiener Weltgeschichte geschrieben. Und darin liegt das Problem:
Der Bürger wünscht sich von seiner Notenbank kein weltgeschichtliches Eingreifen,
sondern die Erhaltung der Preisstabilität durch eine Politik der ruhigen Hand.
Bekanntlich ist es aber ganz anders gekommen. Die große Finanzkrise, die ursprünglich
nur eine amerikanische Subprimekrise war, drohte einen großen Teil der Bankenwelt in
den Orkus zu reißen. In den Vereinigten Staaten griffen die Notenbank unter ihrem
professoralen Präsidenten Ben Bernanke und die Obama-Administration zu radikalen
Staatsrettungsmaßnahmen. Systemrelevante Geschäftsbanken und auch vormalige
Investmentbanken wie z.B. Goldman Sachs und Morgan Stanley wurden mit Steuerzahlergeld
gerettet. Notfinanzierungsprogramme (TARP und TALF) wurden aufgelegt, Unternehmen
teilverstaatlicht (z.B. General Motors) und Betriebe mit Liquidität versorgt
(General Electric, Harley Davidson etc.). Die Zinsen wurden Richtung Null gesenkt
und alsbald wurden in großem Umfang Anleihen durch die Notenbank gekauft.
Obwohl Europa keine Subprimekrise hatte und vor allem das wirtschaftlich wichtigste
Land Europas überhaupt keine Immobilienpreisexzesse gesehen hatte, geriet der alte
Kontinent in die Fänge der US-Krise, indem europäische Banken - allen voran staatliche
deutsche Landesbanken - mit an vorderster Front im US-Immobilienmarkt engagiert waren.
Jene EU-Länder, die ihrerseits einen Immobilienboom gesehen hatten, Spanien, Irland,
Griechenland etc.) fanden sich schnurstracks in einer großen Banken- und
Staatsschuldenkrise. Weil aber die Regierungen Europas angesichts der historisch
erklärbaren Uneinheitlichkeit und Kakophonie des Kontinents bestenfalls zarte nationale
Lösungen (Abwrackprämie in Deutschland) zustande brachte, schwang sich Mario Draghi auf,
der schweren Krise durch eine bislang nicht dagewesene und vormals unvorstellbar lockere
Geldpolitik zu begegnen. Unbeirrt von jedweder Kritik, senkte Draghi die Zinsen und
öffnete die Fluttore des lockeren Geldes. Bis zum heutigen Tag wurden mehrere Billionen
Euro mit der Druckerpresse erzeugt und in den Markt geschleust, vornehmlich durch
Anleihekäufe am Kapitalmarkt. Fast im Alleingang stellte der mutige Römer durch seine
Staatsanleihekäufe die Finanzierung der Krisenstaaten sicher und half bei der Sanierung
der Staatshaushalte. Man greift nicht zu hoch, wenn man Mario Draghi verwegene Kühnheit
bescheinigt.
Freilich sind die Gelddruckorgie und die Staatsfinanzierung durch die Notenbank ein
Experiment ohne Beispiel. Und das selbst gesteckte und zugleich umstrittene Ziel einer
höheren Geldentwertung bei Gütern der allgemeinen Lebenshaltung ist bislang nicht erreicht
worden. Die langfristigen Folgen sind völlig unabsehbar. Auch die Unabhängigkeit der
Notenbank musste auf dem Altar der Krisenbewältigung geopfert werden.
Und die Einheitswährung Euro, von der es noch bei ihrer Einführung hieß, sie werde besser
werden als die D-Mark, hat sich gegenüber Dollar, Yen und Franken als Schwachwährung
erwiesen. Schwach war in der Amtszeit Draghis auch das Wirtschaftswachstum in der EU,
sodass nur geringe Inflationsgefahr bestand. Jedenfalls hat es unter Draghi keine
hohe Güterpreisinflation gegeben. Demgegenüber sind Vermögenswerte wie Anleihen,
Immobilien und Aktien von der Schwemme billigen Geldes stark beflügelt worden.
Unter den genannten Anlageklassen sind ausgewählte Aktien heute gegenüber Anleihen
und Immobilien (je nach Lage) mit Abstand am günstigsten, während Anleihen völlig
überreizt wirken.
Quelle: Investmentfonds.de
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