Investmentfonds.de
30.01.2020:
ifo Fuest zum Brexit
Köln, den 30.01.2020 (Investmentfonds.de) -
Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts
Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts, hat sich für eine längere Frist beim
Freihandelsabkommen der EU mit Großbritannien ausgesprochen. "Alles spricht dafür,
dass es sehr schwer sein wird, innerhalb von elf Monaten ein Abkommen zu erreichen.
Die britische Regierung sollte daher den Plan aufgeben, die Übergangszeit Ende 2020
auch dann zu beenden, wenn für das Erreichen eines Freihandelsvertrags ein oder zwei
Jahre mehr erforderlich sind", erklärte Fuest am Donnerstag in München.
"Das Vereinigte Königreich bestreitet rund die Hälfte seines Außenhandels mit der EU,
umgekehrt sind es nur neun Prozent. Handelshemmnisse schaden aber beiden Seiten", fügte
Fuest hinzu. Nach Schätzungen des ifo Instituts würde ein Freihandelsabkommen das
britische Bruttoinlandsprodukt dauerhaft um mehr als ein Prozent erhöhen. Für die EU
läge der Gewinn bei rund 0,2 Prozent. Bei diesen Berechnungen handele es sich um
konservative Schätzungen, weil Auswirkungen auf Wettbewerbsintensität und Innovationen
nicht einberechnet seien.
Eine Zollunion mit einheitlichen Zöllen zu Drittländern schließe das Vereinigte
Königreich explizit aus, es wolle eine eigene Handelspolitik verfolgen. "Das ist schade,
denn eine Zollunion würde den Handel erheblich erleichtern", sagte Fuest. Vor allem
wäre es überflüssig, Ursprungsnachweise zu verlangen, die zeigten, dass Produkte,
die etwa aus der EU nach Großbritannien exportiert werden, tatsächlich in der EU
hergestellt wurden und nicht über die EU aus Drittländern importiert sind.
Als Stolperstein könne sich die Forderung nach einem "Level Playing Field" erweisen.
Die EU hat die Sorge, dass das Vereinigte Königreich sich durch gezielte Steuervorteile
für Unternehmen oder durch Deregulierung im Finanzsektor Vorteile verschaffe, erklärte
Fuest. Das Vereinigte Königreich seinerseits befürchte überbordende Sozialstandards der
EU, die auf der Insel die wirtschaftliche Dynamik lähmen könnten. Protektionistische
Interessen auf beiden Seiten könnten die Forderung nach einem "Level Playing Field"
missbrauchen, um das Freihandelsabkommen zu torpedieren.
Quelle: Investmentfonds.de
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