Investmentfonds.de
31.03.2020:
Fidelity Marktkommentar: Corona-Rettungspakete haben weitreichende Folgen - und ihren Preis
Köln, den 31.03.2020 (Investmentfonds.de) -
Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International
Corona-Rettungspakete haben die Kapitalmärkte leicht
stabilisiert - weitreichende Nebenwirkungen zu erwarten
Druck auf durch Steuersenkungen in die Höhe getriebene
Aktienrückkauf- und Dividendenprogramme
Strengere Regulierung von Online-Geschäftsmodellen
Kronberg im Taunus, 30. März 2020 - Die Gesundheitsbranche,
Notenbanken und Regierungen kämpfen gemeinsam gegen die
Ausbreitung des Coronavirus und die Auswirkungen von
Covid-19 an. Die Maßnahmen können langfristig weitreichende
Konsequenzen haben - von höheren Steuern und einer strengeren
Regulierung für Unternehmen bis hin zu unerwarteten
Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt.
Drei Faktoren sorgten während der letzten Handelstage für
etwas Stabilität an den Märkten. Erstens treten global
immer restriktivere Regeln in Kraft, um die Ausbreitung
des Virus zu verlangsamen. Zweitens ergreifen die Notenbanken
Maßnahmen, um die Liquidität in wichtigen Bereichen des
Kreditmarkts sicherzustellen. Und drittens bringen in den USA
und Europa Regierungen rekordhohe Hilfspakete auf den Weg.
Außerdem macht es Marktteilnehmern Hoffnung, dass in China
bereits erste Anzeichen einer Erholung zu beobachten sind.
Allerdings es gibt auch diverse Belastungsfaktoren:
Trendumkehr bei Steuern und Aktienrückkäufen
In den vergangenen Jahrzehnten sind die effektiven Steuersätze
für Unternehmen weltweit tendenziell gefallen - vor allem in
den USA und Europa. Durch die immensen Konjunkturprogramme
dürfte dieser Trend zu einem Ende kommen oder sich sogar
umkehren. Die Politik wird immer sensibler dafür, welche
Bereiche der Wirtschaft besonders von staatlichen Maßnahmen
profitieren und welche Maßnahmen damit finanziert werden.
In den USA etwa wurden mit den 2017 verkündeten Steuersenkungen
vor allem große Aktienrückkaufprogramme finanziert. Solche
Szenarien dürfte man künftig kritischer sehen.
Strengere Regulierung
Bisher kaum regulierte Branchen müssen in Zukunft damit rechnen,
dass sie häufiger Rechenschaft gegenüber Kunden und der
Gesellschaft ablegen müssen. Beispielsweise sind einige
Online-Geschäftsmodelle so schnell gewachsen, dass die
Regulationsbehörden kaum Schritt halten konnten. Jetzt können
sie durch ein langsameres Wirtschaftswachstum und eine strengere
Regulierung doppelt belastet werden. Datenschutz, die Qualität
von Inhalten und die Verantwortung und Fairness zugrundeliegender
Algorithmen könnten Themen neuer Regulierungsansätze sein.
Höhere Löhne in Corona-relevanten Sektoren
Trotz einer langen Wachstumsphase und extrem niedrigen
Arbeitslosenzahlen sind die Preise in der Realwirtschaft
und die Reallöhne zuletzt kaum gestiegen. Investieren
Staaten tatsächlich mehr Geld in Branchen wie Gesundheit,
Infrastruktur und andere Kernbereiche, wo die Corona-Pandemie
ungenügenden Investitionen der vergangenen Jahre verdeutlicht,
könnten dies die Nachfrage nach Arbeitskräften stimulieren und
den Löhnen Aufwind verleihen. Insgesamt wäre das ein Gewinn für
die Wirtschaft, doch viele Unternehmen wurden schon lange nicht
mehr mit Lohnsteigerungen konfrontiert. Trotz einer mäßigen
Konjunktur konnten viele Unternehmen dadurch eine sehr hohe
Profitabilität erzielen. Auch das könnte sich in Zukunft ändern.
Fazit
Veränderungen in der Besteuerung, der Regulierung und der Lohnpolitik
werden sich bei US-Unternehmen besonders bemerkbar machen. Doch
überall dort, wo höhere Staatsausgaben zur wichtigsten wirtschaftlichen
Strategie werden, dürften diese Effekte spürbar werden. Zwar wird die
Haushaltspolitik als Reaktion auf die Corona-Pandemie die Wirtschaft
kurz- bis mittelfristig entlasten. Langfristig hat sie jedoch ihren Preis.
Quelle: Investmentfonds.de
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