Investmentfonds.de
20.07.2020:
JK Capital Kommentar: Die Liquidität braucht ein Zuhause
Köln, den 20.07.2020 (Investmentfonds.de) -
Fabrice Jacob, CEO JK Capital Management Ltd., einem Unternehmen
der La-Française-Gruppe
Die Liquidität braucht ein Zuhause
Die sehr gute Performance der chinesischen Aktienmärkte im Juni kam für
uns nicht völlig überraschend. Die Maßnahmen der chinesischen Regierung
zur Verhinderung, einer zweite Corona-Welle und negativer wirtschaftlicher
Auswirkungen, waren drastisch, aber zugegebenermaßen effizient. Wir
beobachteten wie Mitte Juni ganze Stadtviertel von Peking komplett
abgeriegelt wurden, als rund 100 neue Fälle in der Nähe eines
Lebensmittelmarktes bekannt wurden.
Erst kürzlich wurde der rund 150 km von Peking entfernte Bezirk Anxin in der
Provinz Hebei mit seinen 400.000 Einwohnern vollständig abgeriegelt, nachdem
nur 18 neue Fälle gemeldet wurden.
In Asien galt es, die lokalen Märkte wieder zu öffnen, ohne die Menschen ein-
oder ausreisen zu lassen. Die Grenzen bleiben weiterhin geschlossen und für
zurückkehrende Staatsangehörige gelten strenge Quarantäneauflagen. Selbst
innerhalb des kleinen Dreiecks, aus Hongkong, Macao und Shenzhen, in dem wir
unseren Sitz haben, gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Grenzen in
absehbarer Zeit wieder geöffnet werden. Und das, obwohl in keiner dieser
drei Städte seit Wochen, wenn nicht gar Monaten neue Fälle aufgetreten sind.
Gemessen an den makroökonomischen Zahlen scheint diese Vorgehensweise gut
funktioniert zu haben, da China neben Taiwan und Korea an der Spitze der
Konjunkturerholung steht: Der offizielle PMI (Purchasing Managers Index)
Chinas für das verarbeitende Gewerbe stieg von 50,6 im Mai auf 50,9 im Juni
und übertraf damit den Bloomberg-Konsens von 50,4. Der PMI für das
nicht-verarbeitende Gewerbe zeigte den gleichen Trend und stieg von 53,6
im Mai auf 54,4 im Juni (der Bloomberg-Konsens lag bei 53,5). Der
Caixin-PMI für das verarbeitende Gewerbe zeigte ebenfalls eine beschleunigte
Trendwende im Juni mit einem Wert von 51,2 gegenüber 50,7 im Mai
(der Bloomberg-Konsens lag bei 50,5). Die Industrieproduktion war im Mai 2020
um 4,4 Prozent höher als im Mai 2019 und die Gewinne der Industrie waren um
6,0 Prozent höher als vor einem Jahr. Die Einzelhandelsumsätze waren im Mai
2020 immer noch 2,8 Prozent niedriger als im Mai 2019. Dies war dennoch eine
deutliche Verbesserung gegenüber den im April verzeichneten -7,5 Prozent. Mit
zunehmender Konjunkturerholung wird allgemein erwartet, dass die Verkaufszahlen
im Juni gegenüber dem Vorjahr höher sein werden.
Da sich das makroökonomische Umfeld Chinas verbessert, erwarten wir mit der
Wiederaufnahme des Handels einen positiven Spill-over-Effekt für das übrige
Asien. China wird höchstwahrscheinlich wieder seine Rolle als Wirtschaftsmotor
für die Region übernehmen.
Das einzige Land, das uns Sorgen bereitet, ist Indien. Hier steigt die Zahl
der neuen Corona-Fälle täglich, im Gegensatz zu allen anderen Ländern Asiens.
Darüber hinaus starben bei militärischen Auseinandersetzungen in Ladakh, an
der Grenze zwischen China und Indien, Anfang dieses Monats mindestens 20
Soldaten. Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt verschärfte der Vorfall den
Konflikt zwischen den beiden Ländern. Die makroökonomischen Aussichten Indiens
sind düster: Moody's rechnet für dieses Kalenderjahr mit einem Rückgang des
BIP um 3,1 Prozent, während Crisil, die indische Tochtergesellschaft von S&P,
für das zweite Quartal mit einem Rückgang des BIP um 25 Prozent rechnet.
Zurück zu China: Das makroökonomische Umfeld ist ein Grund für die
hervorragende Performance der chinesischen Märkte in diesem Monat. Der andere
Grund sind die Liquiditätsspritzen der westlichen Zentralbanken, die ihren Weg
in die Schwellenländer finden. Laut Bloomberg kauften ausländische Investoren
im Juni A-Aktien des chinesischen Festlands (notiert in Shanghai und Shenzhen)
in Höhe von netto 7,4 Mrd. USD. Wir sind der Ansicht, dass dieser
Liquiditätsstrom hier nicht abebben wird, da China seine Finanzmärkte aktiv
für ausländische Investoren öffnet - Banken und Versicherungsgesellschaften
können nun eigenständig in China agieren.
Da sich die Onshore-Finanzmärkte weiter öffnen, erwarten wir, dass der MSCI
seine Gewichtung von A-Aktien in seinen Indizes weiter erhöhen wird. Bisher
hat der MSCI Schritt für Schritt nur 20 Prozent dessen aufgenommen, was er
letztendlich plant in A-Aktien aufzunehmen. Damit bleibt Raum für eine
fünffach höhere Gewichtung in allen seinen Indizes für globale Märkte und
Schwellenländer.
Das anhaltende Quantitative Easing der Fed und der EZB wird nicht so bald
enden, obwohl es schon jetzt wahrlich gigantisch ist: Da sich Corona im Westen
immer weiter ausbreitet, ist mit weiteren Liquiditätsspritzen zu rechnen.
Um die Dimension einzuordnen, hat das makroökonomische Research-Unternehmen
Gavekal folgendes berechnet: die derzeitigen Regierungsausgaben der
Vereinigten Staaten machen im Rahmen des Covid-19-Programms, die sich
bereits auf 3,7 Billionen US-Dollar belaufen, in heutigen Dollar fast das
Vierfache der Kosten des Vietnamkriegs, das 24-fache der Kosten des gesamten
Apollo-Raumfahrtprogramms der NASA und das 20-fache der Kosten des
Marshall-Plans für den Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg aus.
All die Liquidität muss in einer Zeit, in der die Zinsen in den entwickelten
Ländern entweder negativ oder nahe Null sind, ein Zuhause finden. Die
Schwellenländer und insbesondere die chinesischen Märkte mit ihrer Größe und
Tiefe, sind die logischen Gewinner, zusammen mit Luxusimmobilien und
Sammlerstücken.
Da die PBoC (People's Bank of China) während des Corona-Ausbruchs eine
umsichtige Fiskal- und Geldpolitik betrieb, hielt sie die Zinssätze auf
einem attraktiven Niveau: 10-jährige chinesische Staatsanleihen bringen
derzeit 200 Basispunkte mehr als das amerikanisches Pendant und 330 Basispunkte
mehr als deutsche.
Nicht zuletzt erlebte der Markt in Hongkong im Monat Juni mit der Notierung
von Netease und JD.com einen kräftigen Aufschwung. Diese beiden Unternehmen
handelten präventiv im Vorfeld eines möglichen erzwungenen Delistings ihrer
ADRs von der New Yorker Börse, zusammen mit allen anderen chinesischen ADRs,
deren Delisting der US-Kongress anstrebt. Es handelt sich um einen
potenziellen Marktwert von 1,5 Billionen US-Dollar, verteilt auf etwa 250
Unternehmen, die in den kommenden zwei bis drei Jahren wahrscheinlich von
New York nach Hongkong, Shanghai oder Shenzhen verlegt werden.
Zahlenquelle: Bloomberg
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Quelle: Investmentfonds.de
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