Investmentfonds.de
03.11.2020:
OFI AM: US-Wahlen und Covid 19 - Nachbeben an den Aktienmärkten?
Köln, den 03.11.2020 (Investmentfonds.de) -
Jean-Marie Mercadal, CIO des französischen
Vermögensverwalters OFI
Die Märkte haben gerade die stärkste Korrektur
seit März erlebt. Die wichtigsten Aktienindizes
sind seit Mitte Oktober um acht bis zehn Prozent
gefallen. Der Grund: Die US-Präsidentschaftswahlen
und Covid-19 machen die Märkte nervös.
"Die Finanzmärkte werden von zwei Themen dominiert
- die US-Wahlen und Covid-19. Andere Themen wie
zum Beispiel der Brexit treten momentan vollkommen
in den Hintergrund. Wir gehen aktuell von vier
Szenarien aus:
1. Das schlimmste Szenario bei den US-Wahlen
wäre ein Patt zwischen beiden Kandidaten. Dies
könnte zu Unruhen führen und die nationale
Sicherheit bedrohen. Ein mögliches Konjunkturpaket
würde in weite Ferne rücken - Anleger blieben im
Unklaren.
2.Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass
Joe Biden Präsident wird und die Demokraten
zusätzlich auch die Mehrheit der Sitze im Senat
holen. Da sie auch das Repräsentantenhaus
kontrollieren, könnte Biden in dieser Konstellation
durchregieren. Ein solches Szenario würde nicht auf
Gegenliebe der Märkte stoßen, da Biden höhere
Unternehmenssteuern plant, dazu strengere
Vermögenssteuerregelungen und mehr Regulierung,
insbesondere im Hinblick auf die Energiewende.
Trotzdem würden sich die Investoren in Anbetracht
der derzeitigen Lage mit Bidens Programm früher oder
später abfinden: Denn in Anbetracht der Covid-19-Krise
dürfte eine demokratische Regierung schnell ein groß
angelegtes Konjunkturprogramm in Höhe von rund
15 Prozent des BIP verabschieden. Außerdem wäre
Biden gezwungen, seine geplanten Steuermaßnahmen
zurückzustellen.
3.Das beste Szenario aus Sicht der Finanzmärkte
wäre ein Sieg für Joe Biden als Präsident, aber eine
Niederlage für die Demokraten im Senat. Dann müsste die
neue Regierung ihre umstrittenen Steuerpläne anpassen.
4.Das unwahrscheinlichste Szenario ist ein erneuter
Sieg von Donald Trump - auch wenn die Märkte dafür wären.
Covid-19 wird auch nach den US-Wahlen das dominante
Thema bleiben. Die wirtschaftliche Erholung der USA und
Europas steht auf dem Spiel. Die Rekordzuwächse im
dritten Quartal von bis zu 30 Prozent im Jahresvergleich
in den USA und Europa machten Hoffnung. Im 4. Quartal
allerdings werden sowohl die USA als auch Europa wohl
in eine Rezession schlittern, deren Ausmaß schwer
vorherzusagen ist. China hingegen scheint die
Gesundheitskrise überwunden zu haben, und die Wirtschaft
bewegt sich auf das Vorkrisenniveau zu.
Die Prognosen für die Unternehmensgewinne im Jahr 2021
(rund 25 Prozent in den USA, 45 Prozent in der Eurozone)
werden noch einmal nach unten korrigiert werden. Das
erschwert momentan die Bewertung der Aktienmärkte. Wir
raten Anlegern deshalb, ihre Aktienanlage mittel- bzw.
langfristig zu betrachten. Unter der Annahme, dass diese
Krise irgendwann abklingen wird und sich die Unternehmens-
gewinne innerhalb der nächsten sieben Jahre wohl
verdoppeln werden, was angesichts der historischen
Unternehmensperformance eine reale Möglichkeit darstellt,
würden die Gesamtgewinne der im S&P 500-Index gelisteten
Unternehmen in einigen Jahren etwa 275 USD pro Aktie und
die im EuroStoxx Large-Index 35 EUR pro Aktie erreichen.
Da die Zinssätze aller Voraussicht nach noch lange Zeit
niedrig bleiben, ist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20
realistisch. Der S&P-Index würde bei etwa 5.500 Punkten
und der EuroStoxx Large-Index bei 700 Punkten gegenüber
ihren derzeitigen Niveaus von 3.270 bzw. 338 liegen. Im
Vergleich zu Anleihen sind das attraktive Aussichten.
Für die kommenden Tage rechnen wir mit weiterhin volatilen
Märkten. Wenn die Aktienkurse um weitere rund fünf Prozent
fallen - also der S&P 500 Index auf 3.050/3.100 Punkte und
der EuroStoxx 50 Index auf 2.850/2.900 Punkte - stocken wir
unsere Aktienposition auf. Das sollten Anleger auch tun,
wenn Sie genügend Barreserven haben und langfristig an das
Potenzial von Aktien glauben.
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Quelle: Investmentfonds.de
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