Investmentfonds.de
13.01.2021:
PGIM Fixed Income: Europäische Konjunkturmaßnahmen
Köln, den 13.01.2021 (Investmentfonds.de) -
Jonathan Butler, Leiter des European Leveraged Finance Teams
bei PGIM Fixed Income
Europäische Konjunkturmaßnahmen in vielerlei Hinsicht
wirksamer als US-amerikanische
Europäische Unternehmensanleihen weisen historisch gesehen
relativ niedrige Ausfallraten auf. Wir erwarten, dass sich
dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird.
Die 12-Monats-Ausfallrate bei europäischen und
US-amerikanischen Hochzinsanleihen lag Ende Oktober bei
etwa 4 % bzw. 8 %. Für die nächsten 12 Monate erwarten wir
eine etwa halb so hohe Ausfallrate in Europa und eine Quote
von etwa 6 % in den USA.
Wir halten es für möglich, dass in der Zeit danach - ab 2022
- die europäischen Ausfälle leicht ansteigen, während die
US-Rate weiter sinkt. Unser Basisszenario - untermauert
durch eine kürzlich durchgeführte Bottom-up-Ausfallanalyse
für den gesamten Sektor - geht dennoch davon aus, dass die
Ausfallquote in Europa in den nächsten 24 Monaten deutlich
unter 3 % liegen wird, insbesondere angesichts der Tatsache,
dass die meisten europäischen Emittenten erst im Jahr 2023
mit einem wachsenden Refinanzierungsbedarf konfrontiert sein
werden und somit zusätzliche Zeit für eine wirtschaftliche
Erholung im Euroraum zur Verfügung steht.
Sektoren Glücksspiel, Hotel und Freizeit in den USA
präsenter als in Europa
Der dramatische Unterschied zwischen den Ausfallraten in
Europa und den USA ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass
in Europa hochzyklische Branchen wie Energie, Glücksspiel,
Hotels und Freizeit eine weniger große Präsenz an den
Anleihemärkten haben. In den USA waren Anleihen aus diesen
Sektoren 2020 für mehr als 55 % aller Hochzins-Ausfälle
verantwortlich. Auch die Ausgestaltung der europäischen
Konjunkturmaßnahmen hat das Ausmaß der Kreditausfälle
gemindert.
Bessere High-Yield-Qualität in Europa
Betrachtet man die Datenlage unter Berücksichtigung der
jüngsten und zu erwartenden Ausfälle, so besteht der
europäische Markt aus hochverzinslichen Krediten von
höherer Qualität. In Europa sind 69 % der Emittenten mit
BB bewertet, im Vergleich zu 45 % auf dem US-Markt. Bessere
Fundamentaldaten, wie z.B. eine bessere durchschnittliche
Eigenkapitalquote und höhere Zinsdeckungsquoten, stützen die
Kreditqualität des europäischen Marktes. Am unteren Ende des
Ratingspektrums sind 8 % des europäischen Hochzinsmarkts mit
CCC und schlechter bewertet, verglichen mit 17 % des US-Markts
(Quelle: ICE BofA Merrill Lynch Global Research. Stand:
30. September 2020).
Wirksame Geld- und Fiskalpolitik in Europa
Die europäischen Konjunkturmaßnahmen sind in vielerlei
Hinsicht wirksamer ausgefallen als die in den USA, was vielen
europäischen Emittenten dabei geholfen hat, die Pandemie ohne
allzu großen Schaden zu überstehen.
Zum Beispiel entspricht die Kaufkraft des 1,35 Billionen Euro
schweren Notkaufprogramms der EZB etwa 7% der ausstehenden
auf Euro lautenden Schulden. Es war damit deutlich größer
als das 750 Milliarden Dollar teure Programm der US-Notenbank,
das 2 % der ausstehenden USD-Schulden entsprach und außerdem
in Kürze eingestellt werden soll
(Quellen: EZB, US-Notenbank und BIS).
Die Unterstützung durch die EZB führte zu einer deutlichen
Verteuerung der qualifizierenden Investment-Grade-Anleihen,
wodurch europäische Hochzinsanlagen im Vergleich attraktiver
wurden.
Auf der fiskalischen Seite umfasste das Konjunkturprogramm der
Europäischen Kommission 1,29 Billionen Euro an Notfallmitteln,
um die wirtschaftlichen und sozialen Schäden der Pandemie
einzudämmen. Neben den Krediten für kleine und mittlere
Unternehmen wurde die Grenze für Staatsdefizite von 3 % für die
nächsten zwei Jahre ausgesetzt. Dies hat es vielen europäischen
Ländern gestattet, Maßnahmen zur Unterstützung der Allgemein-
bevölkerung zu ergreifen, zum Beispiel in Form von Kurzarbeiter-
geldern, die für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren 60-80 %
der Gehälter freigestellter Arbeitnehmer decken. Dagegen
gestalten sich in den USA die Verhandlungen über ein mögliches
weiteres Konjunktur- und Hilfspaket sehr schwierig.
Geringerer Einfluss von COVID-sensiblen Sektoren
Trotz der beginnenden Impfkampagnen werden viele Unternehmen
angesichts der steigenden Infektionszahlen und neuer
Beschränkungen noch eine erhebliche Durststrecke zu überwinden
haben, bevor die Wirtschaft wieder vollständig geöffnet ist.
Obwohl sich die von COVID besonders belasteten Sektoren wie
Energie, Fluggesellschaften und Einzelhandel im November stark
erholten, hat die Pandemie bei ihnen langfristige, wenn nicht
sogar dauerhafte Spuren hinterlassen. Viele der am stärksten
betroffenen Branchen haben im europäischen Hochzinsmarkt nur
eine vergleichsweise geringe Präsenz. Energie,
Fluggesellschaften, Freizeit, Metalle, Glücksspiel und
Einzelhandel machen weniger als 10 % des Marktes aus, in den
USA sind es 25 % (Quelle: Barclays. Basierend auf dem Bloomberg
Pan European High Yield Index zum 30. September 2020).
Günstiges Umfeld für Fundamentalanalyse
Europäische Investoren stehen vor großen Herausforderungen, wenn
sie in den kommenden Jahren positive Realrenditen erzielen
wollen. Niedrige bis negative Zinsen auf Staatsanleihen und eine
unsichere, aber wahrscheinlich eher gedämpfte wirtschaftliche
Entwicklung werden erhebliche Probleme bereiten. Dies schafft ein
Umfeld, in dem eine gründliche Analyse fundamentaler Finanzdaten
und Szenarien sowie Stresstests besonders wichtig sind. Dies war
das Ergebnis unserer jüngsten Bottom-up-Analyse, die darauf
schließen lässt, dass es im europäischen Hochzinsmarkt weniger
Ausfälle geben wird als allgemein erwartet. Für den Anleger bietet
sich so die Chance, Emittenten und Branchen zu identifizieren,
die den wirtschaftlichen Belastungen der aktuellen Krise
widerstehen können und die gut positioniert sein werden, am
Aufschwung der nächsten Jahre zu partizipieren.
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Quelle: Investmentfonds.de
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