Investmentfonds.de
12.08.2021:
Aberdeen Standard: Digitale Zentralbankwährungen
Köln, den 12.08.2021 (Investmentfonds.de) -
Luke Bartholomew, Senior Monetary Economist bei
Aberdeen Standard Investments
Digitale Zentralbankwährungen - ein Wettlauf mit der Zeit
Unregulierte Kryptowährungen sind weiter auf dem
Vormarsch - erste Pilotprojekte digitaler Zentralbank-
währungen, sogenannte Central Bank Digital Currencies
(CBDCs), laufen bereits, um die Kontrolle über die
Geldmenge und die Zinssätze zu behalten sowie die
Finanzstabilität zu wahren. Allerdings könnten CBDCs
auch erhebliche finanzielle Verwerfungen mit sich
bringen.
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"Zentralbanken, die ihre eigenen Währungen ausgeben,
könnten den gesamten Bankensektor destabilisieren",
so Luke Bartholomew, Senior Monetary Economist,
Aberdeen Standard Investments. Ein Grund dafür sei
beispielsweise, dass das digitale Konto bei der
Zentralbank günstiger und sicherer sein könnte als
das Bankkonto bei den großen Banken. Im Krisenfall
könnte es den Banken-Run beschleunigen. Wenn CBDCs
Zinsen zahlen, würden sie außerdem eine Untergrenze
setzen, unter die Geschäftsbanken nicht fallen
können. Dies berge die Gefahr, dass Banken zu
Investmentgesellschaften werden und aufgrund des
schwindenden Einlagengeschäfts nicht mehr in der
gewohnten Form Kredite an Unternehmen und
Privathaushalte vergeben könnten.
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Doch Passivität seitens der Zentralbanken würde nach
Ansicht des Investmentexperten bedeuten, dass die
Weltbevölkerung zu Kryptowährungen übergeht, die
sich vollständig in privater Hand und außerhalb
der staatlichen Kontrolle befinden. Ein Szenario,
das zwar unwahrscheinlich sei, da die Regulierungs-
behörden nicht untätig bleiben werden, aber auch
nicht unmöglich.
"Die politischen Entscheidungsträger laufen Gefahr,
die Kontrolle über das Finanz- und Zahlungssystem
zu verlieren, und private ,Stablecoins', die zu
einem festen Kurs mit den bestehenden nationalen
Währungen umgerechnet werden, könnten sich
durchsetzen - der Wettlauf mit der Zeit ist
eröffnet", so Bartholomew.
Vor- und Nachteile einer digitalen Zentralbankwährung
Die Vorteile für die Länder und Regierungen jener
Zentralbanken, die Digitalwährungen schaffen,
lägen darin, die aktuelle Bedrohung durch private
Digitalwährungen abzuwehren und die Kontrolle über
die Geldmenge und die Zinssätze zu behalten, um
wirtschaftliche Ziele zu unterstützen. "Mit CBDCs
hätten Zentralbanken eine Übersicht darüber, wo
die Menschen ihre Digitalwährung ausgeben. Der
Bevölkerung könnte leichter ,Helikoptergeld'
ausgezahlt werden, was der Wirtschaft zugutekäme
und Steuern könnten automatisch abgezogen werden",
erklärt Batholomew. Digitales Zentralbankgeld könnte
auch mehr Flexibilität in Bezug auf negative
Zinssätze bieten, sofern damit die Abschaffung von
physischem Bargeld verbunden wäre. Dies könnte dazu
beitragen, Volkswirtschaften in schwächeren Phasen
zu stimulieren.
Auch für die Nutzer von CBDCs gäbe es Vorteile.
CBDCs wären ein risikofreier Vermögenswert, da
Zentralbanken im Gegensatz zu Geschäftsbanken nicht
bankrottgehen können. Außerdem könnten sie deutlich
günstigere und schnellere Zahlungsprozesse weltweit
ermöglichen. "Allerdings verlieren Nutzer der
digitalen Zentralbankwährung damit ihre Anonymität.
Eine staatliche Kontrolle über das Geld des
Einzelnen könnte wahrscheinlicher werden", gibt
Bartholomew zu bedenken.
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Vorreiter China
Die People's Bank of China hat bereits in einem
Pilotprojekt eine nationale Kryptowährung geschaffen,
die über eine App funktioniert. "Das erklärte Ziel
ist es, Bargeld zu ersetzen, die finanzielle
Inklusion zu verbessern und effizientere Zahlungs-
systeme im ganzen Land aufzubauen. China hat bereits
ein sehr ausgeklügeltes Zahlungsnetzwerk per
Smartphone, und man könnte sagen, dass die
Bevölkerung weniger Bedenken bezüglich der
Privatsphäre hat", sagt Bartholomew. Allerdings
seien staatliche Eingriffe nicht mehr unwahrscheinlich.
Die People’s Bank of China schlage bereits die Ausgabe
von sich "abwertenden Geldscheinen" vor, um die
Menschen zum Geldausgeben zu animieren.
Ausblick
Der Investmentexperte geht davon aus, dass sich
private Kryptowährungen kurz- bis mittelfristig weiter
ausbreiten werden und es eine Art Koexistenz zwischen
ihnen und den CBDCs geben wird. Dabei könne es durchaus
zu einer Regulierung der Kryptowährungen kommen, wie
vor Kurzem in China geschehen. Damit der Übergang zu
CBDCs keine Destabilisierungswelle auslöse, würden die
Zentralbanken bereits an möglichst wirtschaftsverträg-
lichen Lösungen arbeiten. Eine Möglichkeit sehe vor,
CBDCs über Geschäftsbanken verfügbar zu machen.
"Langfristig haben unserer Ansicht nach die digitalen
Zentralbankwährungen trotz ihrer Schwächen durchaus
das Potenzial sich durchzusetzen und private
Kryptowährungen zu verdrängen. Wie die digitalen
Zentralbankwährungen in Hinblick auf die Bankenwelt
konkret aussehen könnten, bleibt abzuwarten",
so Bartholomew
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Quelle: Investmentfonds.de
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