Investmentfonds.de
19.11.2021:
La Française - Inflation: Kehren wir in die 1970er Jahre zurück?
Köln, den 19.11.2021 (Investmentfonds.de) -
François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM
Inflation: Kehren wir in die 1970er Jahre zurück?
Seit einigen Monaten wird erneut eine Stagflation
befürchtet (eine Phase hoher Inflation ohne
Wirtschaftswachstum), ähnlich wie in den 1970er
Jahren. Doch ist diese Angst begründet?
Die 1970er Jahre waren von einer beispiellosen
Ölkrise geprägt, in der sich die Preise zwischen
1973 und 1980 mehr als verzehnfachten
(Quelle: Bloomberg). Zum Vergleich: Das entspräche
einer Steigerung des Preises für ein Barrel Öl von
60 US-Dollar (dem Durchschnittspreis der letzten
fünf Jahre) auf über 600 US-Dollar. In den 70er
Jahren war dieser Preisanstieg auf ein Versorgungs-
problem zurückzuführen (Auslaufen des
Bretton-Woods-Abkommens, Repressalien im
Zusammenhang mit dem Jom-Kippur-Krieg 1973),
das erhebliche Folgen hatte: Anstieg der
Produktionskosten, Preiserhöhung bei gleichzeitiger
Verringerung der Gewinne, Rückgang der Kaufkraft
und damit auch der Nachfrage. Diese Krise führte
dazu, dass Frankreich und andere Länder
umfangreiche Programme zum Bau von Kernkraftwerken
in Angriff nahmen, um ihre Abhängigkeit von
fossilen Brennstoffen zu verringern.
Das Stagflation-Problem, wie es in den 1970er Jahren auftrat,
war also im Wesentlichen ein angebotsbedingtes Problem, das
sich, wie wir weiter unten sehen werden, offensichtlich von
der aktuellen Situation unterscheidet.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Situation in Amerika.
In den Vereinigten Staaten dürfte die Inflation bis Ende des
Jahres über 6 % liegen (Quelle: Cacib) -- ein Wert, der seit
Anfang der 1990er Jahre nicht mehr erreicht wurde. Dieser
Anstieg kann nicht allein auf die Verteuerung von
Dienstleistungen zurückgeführt werden, da die Inflation in
diesem Segment im Vergleich zum Szenario vor Corona relativ
stabil ist. Andererseits ist der Anstieg im Wesentlichen auf
eine Erhöhung der Energiepreise zurückzuführen und beruht
hauptsächlich auf sehr günstigen Basiseffekten bei Öl. Die
Ölpreise wurden nicht durch ein Angebotsproblem in die Höhe
getrieben - die OPEC verfügt über überschüssige Förder-
kapazitäten - sondern durch einen starken Anstieg der
Nachfrage. Die Inflation wurde auch durch ein neues Phänomen
angeheizt: die Preissteigerung im Warenbereich (z. B. bei
Fahrzeugen). Dieser Anstieg lässt sich sowohl durch
Angebots- als auch durch Nachfrageprobleme erklären.
Eine Stagflation setzt zudem eine starke Abschwächung des
Wachstums voraus. Dies ist in den Vereinigten Staaten
derzeit nicht der Fall - die Wachstumsprognosen für 2022
liegen bei 4 %.
Die amerikanische Situation lässt sich also wie folgt
erklären: Die Inflation ist hauptsächlich auf eine starke
Nachfrage und ein tatsächliches Wachstum zurückzuführen,
das über dem Potenzialwachstum liegt, was nicht einem
Stagflationsszenario entspricht.
Wie sieht es mit der Inflation in der Eurozone aus?
Die Inflationsrate dürfte Ende des Jahres 4,25 %
erreichen (Quelle: Cacib). Ausschlaggebend dafür
sind einmal mehr der Anstieg des Ölpreises pro Barrel
sowie ein deutlicher Anstieg der Gas- und Strompreise.
Während das Öl-Problem im Wesentlichen ein Nachfrage-
problem ist, leidet der Gasmarkt unter erheblichen
Versorgungsproblemen aufgrund des Streits zwischen
Russland und der Europäischen Union über Nord Stream 2.
Ein weiterer deutlicher Unterschied zu den USA besteht
darin, dass die Wareninflation besser unter Kontrolle
gehalten wird, sodass die Inflation in Europa schneller
sinken dürfte als in den Vereinigten Staaten.
Beim Wachstum sehen wir das gleiche Szenario wie in den
USA, wobei das tatsächliche Wachstum im Jahr 2022 das
Potenzialwachstum um mehr als 4 % übersteigen dürfte
(Quelle: Bloomberg). Diese Zahl könnte jedoch aufgrund
der negativen Auswirkungen der steigenden Gaspreise auf
das Wachstum nach unten korrigiert werden. Ein Stagflations-
szenario könnte also eintreten, wenn die Gaspreise weiter
ansteigen. Dies würde jedoch voraussetzen, dass sich die
Entwicklung über mehrere Quartale hinzieht, was gegenwärtig
unwahrscheinlich erscheint.
Das wahrscheinlichste Szenario scheint daher zu sein, dass
sowohl die Inflation als auch das Wachstum auf hohem Niveau
bleiben werden. In diesem Szenario dürften die Zentralbanken
ihre geldpolitische Unterstützung allmählich zurückfahren,
was zu höheren Zinssätzen (insbesondere in den USA) und
einer Fortsetzung der sektoralen Rotation, die derzeit an
den Aktienmärkten stattfindet, führen wird.
Disclaimer
Diese Meldung ist keine Empfehlung zu einer Fondsanlage
und keine individuelle Anlageberatung.
Vor jeder Geldanlage in Fonds sollte man sich über Chancen
und Risiken beraten und aufklären lassen.
Der Wert von Anlagen sowie die mit ihnen erzielten Erträge
können sowohl sinken als auch steigen. Unter Umständen
erhalten Sie Ihren Anlagebetrag nicht in voller Höhe zurück.
Die in diesem Kommentar enthaltenen Informationen stellen
weder eine Anlageempfehlung noch ein Angebot oder eine
Aufforderung zum Handel mit Anteilen an Wertpapieren oder
Finanzinstrumenten dar.
Risikohinweis:
Die Ergebnisse der Vergangenheit sind keine Garantie
für künftige Ergebnisse.
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (La Française ).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (La Française)
Rechtlicher Hinweis:
Alle Angaben und Links in diesem Dienst wurden sorgfältig
nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt.
Für die Richtigkeit der Informationen und Inhalte der Links
wird jedoch keine Gewähr übernommen. Keine der
Informationsangaben ist als Werbung oder Angebot zu verstehen.
Bitte fordern Sie für jede (Geld-) Anlageentscheidung den
jeweils gültigen Verkaufsprospekt und Geschäftsbericht sowie
die wesentlichen Anlegerinformationen (KIID)an und vereinbaren
einen Beratungstermin mit einem professionellen Anlageberater
Ihrer Wahl.
Quelle: Investmentfonds.de
|