24.07.2006
CSAM: Marktstellungnahme Juli 2006
Köln, den 24.07.2006 (Investmentfonds.de) -
Interview mit Philipp Vorndran, Senior Member IMACS Investment Group,
Credit Suisse
Können Sie uns einen Überblick über die neuesten Entwicklungen im
Investment-Bereich verschaffen?
Die Erwartungen der Marktteilnehmer sind stark von unseren Indikatoren abgewichen.
In den vergangenen Wochen war die Stimmung auf dem Markt ausgesprochen
schlecht.
Drei Faktoren haben dies herbeigeführt:
1. Wirtschaft: Zur Zeit reagiert der Markt auf einen erwarteten Rückgang der
US-Wirtschaft. Dies lässt Investoren alle Zyklizität vermeiden.
2. Inflation: Die Risiken, die hier geschätzt werden, sind wucherische Zentralbank-
Massnahmen.
3. Firmengewinne: Es wird befürchtet, dass Firmengewinne enttäuschend ausfalle
werden.
Wie glauben Sie wird sich die Lage fortan entwickeln? Ist die Lage wirklich
so ernst?
Wir sind der Meinung, dass sie es nicht ist. Die Stimmung der US-Konsumenten hat
leicht an Schwungkraft verloren. Der US-Arbeitsmarkt ist weiterhin stark, wenn auch
nicht im Sinne einer stetigen Arbeiterschaft. Bedenkt man die steigenden
Bevölkerungszahlen, wurden eine Menge neuer Arbeitsplätze geschaffen.
Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass die Lage für US-Konsumenten
weiterhin schwierig bleibt. Der Druck durch höhere Gewinne aus Darlehensfinanzierung
verstärkt sich und der US-Immobilienmarkt wird wahrscheinlich
schwierigeren Zeiten entgegengehen. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist immer
noch stabil und wird weniger als in anderen Regionen beeinträchtigt. Des Weiteren
verbessert sich die Lage der US-amerikanischen Industrie durch höhere Kapitalauslastung.
Wir sind uns sicher, dass sich dieser Trend der Erhöhung des Investitionsaufwandes
weiter fortsetzen wird. Auch wenn dies nur einen Bruchteil des US-BIP
darstellt wird es die Schwächen der US-Verbraucher hinter sich lassen. Insbesondere
jene, welche durch die Verringerung der Darlehensfinanzierung auf dem Immobilienmarkt
und dem weniger spannenden Wohnungsmarkt verursacht werden. Aus diesen
Gründen glauben wir, dass der US-Markt in der zweiten Hälfte dieses Jahres um rund
2,5% wachsen wird.
Wie sieht es in anderen Regionen aus?
Auch für die Regionen Europa und Asien werden schwarze Zahlen erwartet. Die
neuesten KOF (Schweiz) und IFO (Deutschland) Indikatoren deuten auf eine Verbesserung
der Lage hin, was bedeutet, dass sich die europäische Wirtschaft
stabilisiert und nicht mehr rein auf Exporten basiert. Trotz der Abnahme des globalen
Wachstums erwarten wir auch hier keinen Einbruch.
Was sind Ihre Erwartungen im Hinblick auf die Inflation?
Wir glauben, dass die Inflation ein Risiko darstellt und behaupten, dass mit einem
Anstieg zu rechnen ist. Es ist nicht anzunehmen, dass die Inflation schockartig
ansteigen wird. Vielmehr rechnen wir mit einem stetigen Anstieg, an den sich die
Markterwartungen zu einem gewissen Grad anpassen können. Diese schleichende
Inflation resultiert aus der durch Fusionen und Übernahmen geförderten höheren
Preisbildungsmacht von Unternehmen. Die höhere Inflation wird sich eindeutig negativ
auf Wertpapiere, nicht jedoch notwendigerweise auf Aktien auswirken.
Um auf den dritten Faktor zurückzukommen: Werden Firmengewinne
niedriger liegen als erwartet?
Analysten haben grundsätzlich die Eigenschaft, ihre Einschätzungen verspätet abzugeben.
Bezüglich der Firmengewinne sind sie zu spät, ihre Erwartungen auf eine
höhere Stufe zu bringen. Dennoch ist der Trend erstaunlich gut, besonders für den
europäischen Raum. Die Märkte sind durch niedrige Preise gekennzeichnet und
Bewertungen äusserst attraktiv. Ein Beispiel hierfür ist das 12 Monats-Kurs/Gewinn-
Verhältnis für den Bereich Emerging Markets, das zurück bei 9,8 ist, in Japan bei
16,2, in den USA bei 14 und in Deutschland bei 11,1 liegt.
Wir denken daher, dass die Aktienmärkte kostengünstig sind.
Die Schlüsse aus unserer Debatte über die Vermögensverteilung sind einfach. Wir
versuchen zurzeit, wieder mehr in Aktien zu investieren. Im April und vor zwei Wochen
hatten wir das in Aktien investierte Kapital reduziert, als die Märkte nahe ihrem
Tiefpunkt waren. Wir überlegten zu der Zeit, ob wir aggressiver in unserer Strategie
werden sollten. Sollte der Markt weiter absinken, werden wir verstärkt in Aktien
investieren und damit das Risiko erhöhen. Mittelfristig sehen Emerging Markets auch
wieder sehr attraktiv aus.
Emerging Markets sind relativ sprunghaft. Wie sehen hier die Fondsbewegungen
aus?
Die Erwartungen der globalen Konjunkturzyklen sind die treibenden Kräfte hinter den
Kapitalzu- und abflüssen. Die Kapitalabflüsse der jüngsten Zeit sind daher keine
Überraschung. Die Erwartungen haben sich dahingehend gewandelt, dass ein
positives Bild absolut realistisch ist. In den vergangenen sechs Wochen haben die
Leute sich darum bemüht, das in Aktien investierte Kapital zu reduzieren. In den
meisten Fällen werden die Aktien reduziert, die keine Ausschüttung versprechen.
Natürlich sind dies die Märkte, die in den vergangenen 12 Monaten am leistungsstärksten
waren: Japan und die Emerging Markets.
Dies könnte noch ein wenig andauern, man sollte sich jedoch über die Abflüsse keine
Gedanken machen.
Mai 2004 gab es einen vergleichbaren Abstoss wie zwischen Mitte Mai und Anfang
Juni diesen Jahres. In den folgenden Monaten gab es Abflüsse aus den Emerging
Markets während der Aktienmarkt weiter stieg. Abflüsse bedeuten also nicht
notwendigerweise fallende Aktienpreise. Würden Aktienmärkte 4-5% tiefer handeln
als heute, würden wir dies als günstige Gelegenheit sehen, in Aktien zu investieren.
Wir würden dann in Emerging Markets, Japan und Europa investieren, jedoch nicht in
dem Ausmass, das bis Ende April diesen Jahres vorherrschte.
Wie denken Sie über die Frage, dass sich Emerging Markets zyklisch verhalten?
Es wird behauptet, dass sich Emerging Markets zyklisch verhalten. Dennoch ist die
Zusammensetzung der treibenden Kräfte des Emerging-Market-Wachstums starken
Veränderungen ausgesetzt. Derzeit besteht ein so starkes Inlandswachstum, dass
behauptet werden kann, die Zyklizität von Emerging Markets hätte zum Teil nachgelassen.
Auf manchen Märkten sind Exporte die treibenden Kräfte. In anderen
Ländern, wie zum Beispiel Russland, verbessert sich das Verhältnis zwischen
inländischem und ausländischem Wachstum.
Quelle: Investmentfonds.de