Investmentfonds.de
21.07.2021:
DPAM: Historischer Schritt-Unternehmenssteuer-Abkommen der G7
Köln, den 21.07.2021 (Investmentfonds.de) -
Florent Griffon, Responsible Investment Specialist bei DPAM
DPAM: HistorischerSchritt-Unternehmenssteuer-Abkommen der G7
Biden und die Unternehmenssteuer:
Ein wichtiger Wendepunkt
In den vergangenen Monaten hat sich in Bezug auf die
internationale Steuerharmonisierung viel getan. Joe Bidens
Ankündigung einer umfassenden Neugestaltung der
Unternehmensbesteuerung in den USA Anfang April - der
"Made in America Tax Plan" - setzte bereits einen
Schlussstrich unter die jahrzehntelangen Senkungen der
Körperschaftssteuer. Zudem wurde Anfang Juni mit der
Einigung der G7 die Grundlage für einen internationalen
Rahmen zur Besteuerung multinationaler Unternehmen geschaffen.
Diese Ereignisse sind vielleicht die ersten Meilensteine eines
neuen Zyklus der internationalen Steuerharmonisierung nach
einem "dreißigjährigen Wettlauf um die niedrigsten Unternehmens-
steuersätze", wie es US-Finanzministerin Janet Yellen ausdrückte.
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STEUERWETTBEWERB WURDE IMMER STÄRKER
Seit Anfang der 1980er Jahre hat der Zyklus der Deregulierung
zu einem verstärkten Steuerwettbewerb zwischen den Staaten und
infolgedessen zu einem allmählichen Rückgang der effektiven
Körperschaftssteuersätze geführt. Der durchschnittliche globale
Unternehmenssteuersatz ist damit von 40 % im Jahr 1980 auf 24 %
im Jahr 2019 gesunken. Das Für und Wider dieses Steuersenkungs-
wettbewerbs ist umstritten. Seine Befürworter sehen darin einen
Schutz gegen die vermeintliche Tendenz von Regierungen, den
Steuerdruck auf Unternehmen zu erhöhen. Die Gegner verweisen
auf die Ungerechtigkeit der Besteuerung zwischen verschiedenen
Wirtschaftsakteuren. Fakt ist, dass der Steuerwettbewerb für die
Staaten einen Einnahmeverlust mit sich bringt und ihre Fähigkeit
zur Umsetzung öffentlicher Maßnahmen untergräbt. Die OECD schätzt,
dass dieser Einkommensausfall in den OECD-Mitgliedsstaaten
zwischen 100 und 240 Milliarden US-Dollar pro Jahr und zwischen
500 und 600 Milliarden US-Dollar pro Jahr auf globaler Ebene
beträgt.
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DIE BIDEN-INITIATIVE: EIN UNTERNEHMENSSTEUERSATZ
VON MINDESTENS 15 %
Anfang April kündigte US-Finanzministerin Janet Yellen auf dem
G20-Gipfel nachdrücklich an, dass an der Festlegung eines
Mindeststeuersatzes für Unternehmen gearbeitet werde. Ende April
demonstrierte die Biden-Administration erneut ihre Entschlossenheit,
indem sie für die OECD-Mitgliedsländer einen Satz von mindestens
15 % vorschlug, mit dem ausdrücklichen Ziel, ihn bis auf 21 % zu
erhöhen. Und schließlich verkündeten die Finanzminister der
G7-Staaten Anfang Juni eine Einigung auf einen globalen
Mindeststeuersatz. Diese Einigung stellt einen Durchbruch in der
internationalen Koordinierung der Unternehmensbesteuerung dar und
könnte ein Ausgangspunkt auf dem Weg zu einer globalen Reform sein.
Die Vereinbarung umfasst zwei Säulen.
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Die erste Säule verleiht den Staaten im Wesentlichen das Recht,
multinationale Unternehmen auf der Grundlage des Landes zu besteuern,
in dem die Einnahmen erzielt werden, und nicht des Landes, in dem die
Gewinne erklärt werden. Dies ist eine besonders wirksame Maßnahme für
die Besteuerung von multinationalen digitalen Unternehmen. Im weiteren
Sinne würde dies den Anreiz zur Gewinnverschiebung in
Niedrigsteuerländer verringern. Die zweite Säule verleiht Staaten
ein Recht auf "Nachversteuerung", wenn andere Staaten eine niedrigere
Einkommensbesteuerung anwenden. Diese Maßnahme würde de facto einen
globalen Mindestkörperschaftsteuersatz für multinationale Unternehmen
schaffen und damit vielen Steueroasen einen Strich durch die
Rechnung machen.
DER TEUFEL STECKT - VIELLEICHT - IM DETAIL
In jedem Fall ist das G7-Abkommen ein Durchbruch im Hinblick auf die
internationale Steuerharmonisierung. Allerdings kann es die
Steueroptimierung - noch - nicht wirklich aushebeln. Eine erste
Einschränkung dieses Abkommens besteht darin, dass es nur für
Unternehmen oberhalb einer Gewinnmargenschwelle von 10 % gilt, und
zwar nur für 20 % der über dieser Schwelle erzielten Gewinne. Das
bedeutet, dass ein Unternehmen wie Amazon, um das am stärksten
mediatisierte Beispiel zu wählen, möglicherweise nicht betroffen ist.
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Ein entscheidender Punkt wird sein, ob das endgültige Abkommen
die sog. "Segmentierung" berücksichtigt, was bedeutet, dass die
Staaten die Steuern basierend auf den Umsätzen der Unternehmen
nach Segmenten und nicht nur auf Unternehmensebene berechnen könnten.
Dies ist besonders relevant für Unternehmen wie Amazon, bei denen
eine Sparte hochprofitabel ist, während die Gewinnmarge des
Gesamtunternehmens unter der 10%-Schwelle liegt.
Als nächstes müssen die G7-Mitglieder andere Länder - und
insbesondere China - davon überzeugen, sich dem Abkommen anzuschließen.
Darüber hinaus muss die Einigung im US-Kongress verabschiedet werden.
Auf EU-Ebene könnte sie dann unter der französischen Ratspräsidentschaft
im ersten Halbjahr 2022 in Kraft treten. In jedem Fall wird das
G7-Abkommen ein historischer Schritt bleiben. Es legt die Grundlagen
eines internationalen fiskalischen Rahmens für das 21. Jahrhundert,
angepasst an eine globalisierte, digitalisierte Wirtschaft. Einige
Experten haben den Steuersatz von 15 % als zu niedrig kritisiert, da
die meisten multinationalen Unternehmen diesen bereits zahlen. Dennoch
ist dieses Abkommen ein erster Schritt, und es schafft Instrumente, um
die aggressivsten Formen der Optimierung der Körperschaftssteuer
zu bekämpfen.
DIE PANDEMIE ALS AUSLÖSER, ABER MITTELFRISTIG EIN TREND
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Die Biden-Initiative und die sie begleitenden Erklärungen markieren
einen Wendepunkt in der Haltung der US-Regierung zur Steueroptimierung
und zu multinationalen Unternehmen im Allgemeinen. Der neue
amerikanische Freiwilligkeitssinn könnte durchaus einen Zyklus
steigenden Steuerdrucks auf Unternehmen, regulatorischer Verschärfung
und internationaler Steuerharmonisierung einleiten. Die gravierenden
wirtschaftlichen Auswirkungen zur Bekämpfung des Corona-Virus haben
die Einführung kostspieliger Konjunkturprogramme durch die Regierungen
erforderlich gemacht, obwohl ihr budgetärer Spielraum - in den meisten
Fällen - eng ist. In diesem Zusammenhang hat die Biden-Administration
ihre Bereitschaft klar zum Ausdruck gebracht, diese zusätzlichen
Haushaltsmittel - bis zu 2 Billionen US-Dollar - durch Unternehmens-
steuererhöhungen aufzubringen. Die neuen Maßnahmen gegen die Steuer-
optimierung spielen dabei eine wesentliche Rolle. Denn sie müssen
verhindern, dass sich Unternehmen diesen Steuererhöhungen entziehen
können.
Mittelfristig, über die Corona-Krise hinaus, und angesichts des
politischen Hintergrunds in den USA im Zusammenhang mit der wachsenden
Ungleichheit ist zu erwarten, dass die Dynamik gegen die
Steueroptimierung in den Vereinigten Staaten, wie in den meisten
OECD-Ländern, anhalten wird. Solche strukturellen Veränderungen
könnten sich auch in den kommenden Jahren auf die Finanzmärkte
auswirken und eine allmähliche Wiedererlangung der Kontrolle der
Regierungen über multinationale Unternehmen einläuten.
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Quelle: Investmentfonds.de
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