Investmentfonds.de
18.06.2021:
DPAM: Erholung am Arbeitsmarkt ist wichtiger als nur auf Inflation zu schauen
Köln, den 18.06.2021 (Investmentfonds.de) -
Peter De Coensel, CIO Fixed Income bei DPAM
DPAM:
Erholung am Arbeitsmarkt ist wichtiger als nur
auf Inflation zu schauen
Schlüsselbotschaften
1. Wir raten Anlegern, den Erholungsprozess
am Arbeitsmarkt gegenüber dem medial angeheizten
Inflationsgeschehen in den Vordergrund zu stellen.
2. Die Erholung an den Arbeitsmärkten wird
sich als langwierig erweisen, wie es nach 2009 der
Fall war. Die Debatte um die Diskrepanz zwischen
Anforderungen und Qualifikationen an den Arbeitsmärkten
sowie deren gesellschaftlichen Auswirkungen verdienen
mehr Aufmerksamkeit. Spannungen, die aus Ungleichheiten
resultieren, könnten zunehmen.
3. Die US-Notenbank behandelt die Inflation
als residuales und die Arbeitsmarktlage als ihr
eigentliches Hauptziel. Die Fed verfügt über alle
Instrumente, um die Zinsentwicklung zu steuern. Die
implizite Zinskurvensteuerung, die in Postings des
letzten Jahres oft diskutiert wurde, hat die Szene
nie verlassen.
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Viele Studenten legen im Juni eine Reihe von Prüfungen
ab. Wenn Sie Wirtschaftsfragen zum Verhalten der
Anleihenmärkte in jenem Moment stellen würden, in
dem die Kerninflation in den USA 5 % erreicht,
würden wohl nur wenige antworten, dass die Kurse
von US-Treasuries stark anziehen und 10-jährige
Renditen etwa 10 Basispunkte verlieren würden.
Was geht hier vor?
Einige Marktstrategen verweisen auf das technische
Schließen von Short-Positionen, obwohl dies naturgemäß
kurzfristig ist. Andere verweisen auf die
kontinuierliche Umschichtung von Pensionsfonds in
US-Treasuries, da die meisten ein Deckungsniveau von
nahezu 100 % erreicht haben. Das Rebalancing verliert
jedoch an Intensität. Eine wachsende Zahl von
Marktteilnehmern ist sich allmählich darüber einig,
dass der Inflationsschub in den USA vorübergehend ist.
Dies bedeutet, dass wir anderen sensiblen Indikatoren
Aufmerksamkeit schenken sollten, wie der Erholung des
Arbeitsmarktes. Die Debatte sollte sich auf die Art
der Erholung am US-Arbeitsmarkt und ihre Auswirkungen
auf die US-Renditen verlagern.
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Die Erholung des US-Arbeitsmarktes nach der Großen
Finanzkrise hat sehr lange gedauert, die Arbeitslosen-
quote fiel erst 2016 unter 5 %. Während dieses Mal
einige Arbeitsplatzverluste bereits wieder kompensiert
wurden, haben die letzten beiden "Non-farm Payroll"-
Veröffentlichungen enttäuscht. In den USA gibt es immer
noch etwa sieben Millionen weniger Arbeitsplätze als
Ende 2019. Aus vergangenen Rezessionen wissen wir,
dass drei Punkte beachtet werden müssen, wenn
Arbeitgeber mit einem Umfeld hoher Arbeitslosigkeit
konfrontiert sind. Erstens haben Unternehmen größere
Schwierigkeiten bei der Auswahl neu einzustellender
Mitarbeiter. Zweitens steigt die Mitarbeiterrotation in
Sektoren, die weniger von der Pandemie betroffen sind
oder sogar davon profitieren, was zu längeren
Vorlaufzeiten bei der Suche nach geeignetem personellem
Ersatz führt. Drittens steigt die Kreditvergabe der
Banken aufgrund der anhaltenden Unsicherheit nur
langsam, und das zu einem Zeitpunkt, an dem einige
Branchen ihre Aktivitäten ausweiten wollen. Die ersten
beiden Punkte beziehen sich auf die Diskrepanz zwischen
den Qualifikationen, die derzeit in den Gewinner- und
Verliererbranchen auftreten. Außerdem könnten die am
stärksten betroffenen Sektoren (Freizeit und Gastgewerbe,
Einzelhandel, Unterhaltung usw.) einen höheren Anteil
an dauerhaften Arbeitsplatzverlusten verzeichnen.
Die Struktur des Arbeitsmarktes hat sich mehr in Richtung
dienstleistungsbezogener Arbeitsplätze als in Richtung
güterbezogener Arbeitsplätze verschoben. Wir müssen
möglicherweise einen längeren Zeitraum einplanen, um die
Lücke in der Erwerbsbevölkerung in qualitativer Hinsicht
und mit entsprechend angemessener Bezahlung zu schließen.
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Der "Non-farm Payroll"-Bereich benötigt einen monatlichen
Zuwachs von etwa 300.000 Arbeitsplätzen über die nächsten
zwei Jahre, um die Beschäftigungszahlen per Ende 2019 im
Sommer 2025 zu erreichen. In einem Szenario, in dem
einerseits kleine und mittlere Unternehmen in ihrem
Überlebenskampf beschließen, nicht oder weniger
einzustellen, und andererseits die sehr erfolgreichen
Firmen, die ein höheres Produktivitätsniveau anstreben,
ebenfalls langsamer einstellen, muss der oben genannte
Zweijahreszeitraum möglicherweise verlängert werden.
Plattformbasierte, netzwerkabhängige Geschäftsmodelle
schaffen Telearbeitsplätze und sparen so Arbeitskosten
und den äquivalenten Zeitwert von Vollzeit-Arbeitsplätzen
ein. Bei einem durchschnittlichen monatlichen Zuwachs von
mehr als 200.000 Arbeitsplätzen können bis Sommer 2026
sieben Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden.
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Die Teilnehmer am US-Treasury-Markt sind sich dessen
bewusst. Das Schließen der Beschäftigungslücke im Jahr
2026 würde der US-Notenbank weniger Spielraum für eine
Straffung ihrer Geldpolitik lassen. Die Fähigkeit, eine
Normalisierung des Arbeitsmarktes zu erreichen, wird die
Normalisierung der Notenbankpolitik vorantreiben. Die Fed
hat der Vollbeschäftigung im Rahmen ihres dreifachen
Mandats Priorität eingeräumt. Stetiges Wachstum wird durch
die Zusammenarbeit mit dem US-Schatzamt erreicht, das ein
noch zu beschließendes Fiskalpaket ausrollen wird.
Inflation wird zur Restgröße.
Das inoffizielle vierte Ziel, die Finanzmarktstabilität,
könnte mit dem gewohnten ,gradualistischen' Ansatz erreicht
werden, einschließlich eines bedarfsweisen Einsatzes
quantitativer Maßnahmen. Der letzte Zinszyklus dauerte
drei Jahre (Dezember 2015 bis Dezember 2018) und hob die
Leitzinsen auf 2,5%. Die Zukunft könnte uns mit einer
Abfolge neuer Tiefststände konfrontieren. Wie in den
vergangenen Wochen bereits erwähnt, könnte sich der vor
uns liegende Zinserhöhungszyklus „nur“ auf 1,5 % oder
2,00 % erstrecken. Das könnte erklären, warum die
10-jährigen US-Renditen die zwei Monate alte Spanne von
1,50% bis 1,75% durchbrochen haben. In dem Moment, in dem
der Markt thematisch von Inflation auf Arbeitsmarkterholung
umschaltet, könnten wir in eine Spanne von 1,25 bis 1,50 %
für die 10-jährigen US-Renditen eintreten.
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Quelle: Investmentfonds.de
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