Investmentfonds.de
15.08.2022:
DPAM AUSBLICK AUF DIE AKTIENMÄRKTE ZUR JAHRESMITTE: GEDULD WIRD BELOHNT
Köln, den 15.08.2022 (Investmentfonds.de) -
Yves Ceelen, CIO Global Balanced und Head of Portfolio Management DPAM
DPAM AUSBLICK AUF DIE AKTIENMÄRKTE ZUR JAHRESMITTE: GEDULD WIRD BELOHNT
Im ersten Halbjahr 2022 erzielten die Aktien- und Anleihemärkte negative
Renditen. Die Anleger mussten sich den Rohstoff- und Devisenmärkten zuwenden,
um überhaupt Erträge zu erwirtschaften. Im Nachhinein betrachtet, hätte dies
nicht überraschen dürfen. Gavekal, einer der führenden unabhängigen Anbieter
von Finanzanalysen, entwickelte den "4-Quadranten-Rahmen", um den aktuellen
Zustand der Wirtschaft zu analysieren. Ausgehend von der Inflationsentwicklung
und der Wirtschaftsaktivität als treibende Kräfte ermittelte der Anbieter vier
Zustände: Inflation-Boom, Inflation-Bust, Desinflation-Boom und
Desinflation-Bust. In einem inflationären Umfeld tendieren Rohstoffe dazu,
in einer Boomphase überdurchschnittlich abzuschneiden, während sichere
Währungen in einer Bust-Phase überdurchschnittlich abschneiden.
In einem desinflationären Umfeld sollten Anleger in einer Boomphase Aktien mit
langer Duration und in einer Bust-Phase Staatsanleihen halten. In einem
inflationären Umfeld, in dem wir uns heute zweifelsohne befinden, tendiert ein
kapitalistisches System von Natur aus dazu, die Wirtschaft auf ein
desinflationäres Umfeld auszurichten, da die Unternehmen ständig bestrebt sind,
ihr Produktionsniveau pro Arbeits- oder Kapitaleinheit zu erhöhen. Daher sind
die Zentralbanken bestrebt, uns in diesen natürlichen Zustand der Desinflation
zu führen. Jedoch sollte inzwischen klar sein, dass dieser Übergang nicht über
Nacht erfolgen wird.
Lassen Sie uns einen Schritt zurückgehen und einige unserer Investitionsent-
scheidungen näher betrachten. Im Jahr 2018 fingen wir an, schrittweise Gold in
unsere Portfolios aufzunehmen. Gold war günstig und in einem Umfeld mit
niedrigen Staatsrenditen sehr attraktiv. Seitdem hat es tatsächlich deutlich
besser abgeschnitten als EUR-Staatsanleihen. In diesem Jahr allerdings hat
Gold aufgrund des starken Dollars und des Anstiegs der Realzinsen mit einigem
Gegendruck zu kämpfen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres erzielte auf Euro
lautendes Gold eine Rendite von 7 Prozent, die jedoch allein auf die Abwertung
des Euro gegenüber dem US-Dollar zurückzuführen ist. Dennoch halten wir an
unserer positiven Einschätzung von Gold fest, da es im Falle einer Rezession
eine gewisse Entlastung bieten kann. Seit Oktober 2020 nehmen wir nach
Möglichkeit auch Nicht-Agrar-Rohstoffe in unsere Portfolios auf. Zwar haben
die Preise sich mehr als verdoppelt, doch ist es nach unserer Auffassung noch
zu früh, diese Positionen vollständig aufzulösen, da wir nicht davon ausgehen,
dass die Kurse sofort wieder sinken werden. Dennoch haben wir durch den Abbau
unserer Positionen im Februar dieses Jahres einige Gewinne mitgenommen. Futures
auf Kohlenstoffemissionen sind ein drittes rohstoffähnliches Produkt, das unser
Interesse geweckt hat. Das von der EU eingeführte System hat sich im Laufe der
Jahre stark verändert. Aus unserer Sicht haben wir es derzeit mit einer
interessanten Konstellation zu tun, die ein besseres Gleichgewicht zwischen
Angebot und Nachfrage schafft. Seit letztem Jahr handeln wir für eine gewisse
Anzahl von Kunden aktiv mit diesem Produkt. Heute werden diese Futures zu
höheren Preisen gehandelt, aber wir werden unsere Positionen möglicherweise
wieder aufstocken, wenn die Kurse auf 60 Euro - 70 Euro fallen. Dieses
Preisniveau dient als impliziter Schwellenwert auf dem Markt, weil sich
verschiedene Akteure für eine Preisuntergrenze von etwa 50 Euro (laut Frans
Timmermans) bzw. 60 Euro (laut der neuen deutschen Koalition) ausgesprochen
haben, was das Verlustpotenzial der Investition erheblich einschränken würde.
Auch im Segment der festverzinslichen Anlagen gab es einige interessante
Transaktionen. Seit 2020 haben wir aus zwei wesentlichen Gründen einige
Positionen in chinesischen Staatsanleihen aufgebaut. Erstens gab es eine große
Renditeabweichung zwischen chinesischen Staatsanleihen und Euro-Staatsanleihen.
Zweitens legt China großen Wert auf eine stabile und starke Währung. Dies
lässt sich daran ablesen, dass China eines der wenigen Länder war, die die
COVID-Krise nicht monetarisiert haben, d. h. ihre fiskalen bzw. geldpolitischen
Aufwendungen erhöht haben, um die Krise unter Kontrolle zu bringen. In diesem
Jahr haben wir unsere Position verkleinert, da die Renditedifferenz weniger
ausgeprägt ist und die Währung unter Druck geraten könnte, weil China seine
Wirtschaft ankurbeln muss, um die Rezession zu überwinden.
Auch inflationsgebundene Staatsanleihen haben wir in den vergangenen zwei
Jahren in unsere Portfolios aufgenommen. Im Verlauf der Rezession im Jahr
2020 blieb die Inflation sehr niedrig, so dass inflationsgebundene Anleihen
zu sehr niedrigen Kursen gehandelt wurden. Da die Inflation im vergangenen
Jahr sprunghaft angestiegen ist, haben sich inflationsindexierte Anleihen
(Linker) deutlich besser entwickelt als Nominalpapiere. Ein Großteil der
Inflation ist heute im Markt eingepreist, aber wir halten aus Gründen der
Diversifizierung immer noch eine kleine Position.
Mit Blick auf die Zukunft können wir die Möglichkeit einer wirtschaftlichen
Rezession nicht ausschließen. Die Intensität einer möglichen Rezession dürfte
allerdings durch mehrere Faktoren abgemildert werden. Erstens ist der
Arbeitsmarkt immer noch robust, wie die zugrunde liegenden Daten zeigen
(z. B. die Anzahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft, die fast
wieder das Niveau von vor dem COVID erreicht hat). Zweitens erleben wir eine
lockere Fiskalpolitik, die durch staatliche Investitionen in Projekte wie die
Energiewende unterstützt wird. Drittens könnte China eine Rezession überwinden,
indem es seine Abschottung aufweicht und seine Wirtschaft auf das offizielle
Ziel von 5,5 Prozent Wirtschaftswachstum ausrichtet. Viertens hat der
Verbraucher ein Sparguthaben gebildet, das er nun ohne weiteres ausgeben kann.
Natürlich gibt es auch Kräfte, die in die entgegengesetzte Richtung wirken.
Die Zentralbanken sind fest entschlossen, die Inflation unter Kontrolle zu
bringen. Wir haben bereits beobachtet, dass einige Preise sinken (z. B.
DRAM-Speicher, Düngemittel, Holz, Schiffspreise). Jedoch ist es unmöglich zu
sagen, ob wir den Höhepunkt der Inflation bereits erreicht haben. Die
Zentralbanken haben erklärt, dass sie eine Verschärfung der finanziellen
Bedingungen anstreben, was bedeutet, dass die Zinssätze und Renditen steigen,
die Aktienkurse sinken müssen und der US-Dollar steigen muss. Sicher, es
handelt sich dabei um eine schmerzhafte Pille, die es zu schlucken gilt.
Jedoch ist es für die Märkte am besten, wenn dies schnell geschieht. Danach
können wir zu den kürzlich akzeptierten Marktniveaus zurückkehren.
Trotz des schwierigen makroökonomischen Umfelds verzeichneten die
Gewinnrevisionen in den letzten Monaten eine gewisse Widerstandskraft.
In Zeiten steigender Zinssätze, hoher Rohstoffpreise und eines starken
US-Dollars schwächen sich die Gewinnrevisionen jedoch tendenziell ab. Da
wir derzeit mit allen drei Gegebenheiten gleichzeitig konfrontiert sind,
ist es sehr wahrscheinlich, dass die Gewinnerwartungen in den nächsten Monaten
nachlassen werden.
Klar ist, dass sich die Anleger in einem sehr schwierigen Marktumfeld bewegen,
in dem aber Geduld belohnt wird. Wenn es den Zentralbanken gelingt, den bereits
erwähnten natürlichen Desinflationszustand zu erreichen, werden wir erneut mehr
Anlagemöglichkeiten vorfinden. Im Gegensatz zu früher haben wir in unseren
Portfolios eine beträchtliche Liquiditätsposition aufgebaut. Wenn jedoch der
richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir dafür sorgen, dass diese Liquidität
eingesetzt wird.
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (DPAM).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (DPAM)
Quelle: Investmentfonds.de
|