Investmentfonds.de
11.06.2009:
IfW: Deutschland - Stabilisierung auf niedrigem Niveau
Köln, den 11.06.2009 (Investmentfonds.de) -
Zur Jahresmitte 2009 hat sich die Konjunktur in Deutschland annähernd stabilisiert.
Einige Indikatoren deuten darauf hin, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion nach
dem Einbruch im Winterhalbjahr 2008/09 zuletzt nur noch wenig zurückgegangen ist.
Gleichwohl ist die Rezession keineswegs überwunden. Für das Jahr 2009 insgesamt hat
sich die Ausgangsbasis gegenüber unserer Prognose vom März erheblich verschlechtert.
Das Produktionsniveau ist im ersten Quartal spürbar niedriger als damals unterstellt.
Vor allem deshalb haben wir unsere Prognose nochmals nach unten revidiert: Das reale
Bruttoinlandsprodukt dürfte im laufenden Jahr um 6,0 Prozent sinken (Prognose vom
März 2009: -3,7 Prozent). Für das kommende Jahr erwarten wir einen nur sehr moderaten
Anstieg um 0,4 Prozent (März 2009: -0,1 Prozent).
Die konjunkturelle Lage dürfte sich im Verlauf dieses Jahres stabilisieren. Dafür
spricht, dass sich die weltweite Finanzkrise etwas entspannt hat; so haben sich
die Risikoprämien, die seit Herbst 2008 in die Höhe geschnellt waren, spürbar
verringert. In der Folge haben sich auch die Aktienmärkte erholt, und die Erwar-
tungen der Unternehmen sind nicht mehr so negativ wie zuvor. Zudem ist der Einbruch
des Welthandels offenbar zum Stillstand gekommen, und die Nachfrage nach Rohstoffen
ist leicht gestiegen. Damit dürften vom Ausland kaum noch negative Impulse auf die
deutsche Wirtschaft ausgehen. Entsprechend hat sich auch hier zu Lande das
Geschäftsklima – wenn auch nur leicht – erholt. Die Binnenkonjunktur wird vorüber-
gehend durch die Maßnahmen der Konjunkturpakete angeregt.
Ausblick: Konjunkturelle Wende erst im Jahr 2010
Im späteren Verlauf dieses Jahres dürften die Exporte mit der Erholung in den
Handelspartnerländern leicht anziehen. Darauf deuten auch die Exporterwartungen der
Unternehmen hin. Ferner geht der Rückgang der inländischen Verwendung allmählich zu
Ende. Besonders deutlich werden die öffentlichen Bauinvestitionen zunehmen, da die
Projekte im Rahmen der Konjunkturprogramme nach und nach umgesetzt werden. Hingegen
werden die Impulse durch die Abwrackprämie auslaufen. Damit wird die Lage auf dem
Arbeitsmarkt für die privaten Konsumausgaben an Bedeutung gewinnen. Wir rechnen damit,
dass die Arbeitslosigkeit im Herbst in die Höhe schnellt. In der Folge werden die
Ausgaben der privaten Haushalte deutlich sinken. Das reale Bruttoinlandsprodukt dürfte
im Jahresdurchschnitt um 6 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte sich
um reichlich 300 000 auf fast 3,6 Mill. Personen erhöhen. Die Verbraucherpreise werden
wohl bis zum Jahresende sinken, vor allem weil sich Energie trotz des zuletzt
beobachteten Anstiegs der Erdölpreise nochmals verbilligt. Im Durchschnitt dieses
Jahres wird die Lebenshaltung nicht teurer sein als im Vorjahr.
Im kommenden Jahr dürfte sich die Konjunktur allmählich erholen. Dies setzt
allerdings voraus, dass sich die Lage im Bankensektor nicht erneut verschärft. Hier
besteht ein Risiko für die Prognose, denn es ist zu erwarten, dass sich der Bedarf,
Abschreibungen vorzunehmen, im Verlauf der Rezession noch vergrößert, zumal die Zahl
der Unternehmensinsolvenzen weiter steigen dürfte. Umso wichtiger ist es, dass die
Rekapitalisierung der Banken schnell vorankommt.
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Mit der Verbesserung der Absatzaussichten im Ausland wird sich die Investitions-
tätigkeit der Unternehmen zunächst stabilisieren, und sie dürfte im weiteren Verlauf
des Jahres leicht anziehen. Auch die privaten Konsumausgaben dürften etwas ausgeweitet
werden. Zwar verschlechtert sich die Arbeitsmarktlage weiter; die verfügbaren Einkommen
werden aber steigen, zumal die Beschäftigten steuerlich spürbar entlastet werden. In
der zweiten Hälfte des Jahres dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt leicht zunehmen,
allerdings langsamer als das Produktionspotential. Für den Durchschnitt des Jahres
ergibt sich ein Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Produktion um 0,4 Prozent. Die
Zunahme der Arbeitslosigkeit wird, bedingt auch durch das hohe Niveau zu Jahresbeginn,
mit rund 800 000 beträchtlich sein. Wir erwarten, dass die Zahl am Jahresende bei
4,65 Mill. liegen wird. Im Vergleich zum Einbruch der Produktion bleibt der Anstieg
der Arbeitslosigkeit allerdings verhalten. Stützend wirkt, dass sich in den vergangenen
Jahren anders als vor früheren Rezessionen kein Lohnkostendruck aufgebaut hat. Die
Verbraucherpreise dürften auch im kommenden Jahr stabil bleiben.
Tabelle: Eckdaten zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland 2007–2010
Kurzfassung Kieler Diskussionsbeitrag 466/467 von Alfred Boss, Jonas Dovern,
Dominik Groll, Carsten-Patrick Meier, Björn van Roye und Joachim Scheide
„Deutschland: Stabilisierung der Produktion auf niedrigem Niveau".
Fachliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Joachim Scheide
Tel: 0431-8814-264
joachim.scheide@ifw-kiel.de
Dr. Carsten-Patrick Meier
Tel: 0431-5303496
Quelle: Investmentfonds.de
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