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02.05.2011:
Börsen-Zeitung: Stilwechsel, Kommentar von Claus Döring zum Wachwechsel an der Spitze der Deutschen Bundesbank
Frankfurt (ots) - Die "Leihgabe" der Bundesbank an die
Bundesregierung in Berlin sei nun zurückgekehrt, stellte
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht ohne Hintergedanken bei
der Amtseinführung von Jens Weidmann in Frankfurt fest. Soll heißen:
Der neue Bundesbankpräsident war auch als wirtschaftspolitischer
Berater der Kanzlerin in Berlin immer irgendwie noch Bundesbanker und
wird an der Spitze der Notenbank nicht ein ferngesteuerter Vasall der
Regierung sein. Wie unabhängig kann, wie unabhängig muss ein
Bundesbankpräsident sein? Schon die Frage ist nicht ganz korrekt.
Denn die in der Verfassung verankerte Unabhängigkeit gilt nicht der
Person, sondern der Institution. Damit ist die Frage der
Unabhängigkeit des Bundesbankpräsidenten vor allem eine Frage der
Amtsauffassung und Loyalität gegenüber der Institution und ihrem
verfassungsmäßigen Auftrag.
In dieser Hinsicht bringt Weidmann eine größere Unabhängigkeit mit
als mancher seiner Amtsvorgänger, die nicht nur Regierungsmitglieder
waren, sondern auch parteipolitisch gebunden. Einmal im Amt, hat
bisher jeder Bundesbankpräsident seine Rolle gefunden. Sehr
unterschiedlich wird die Art und Weise sein, wie Weidmann die
Unabhängigkeit zur Schau trägt und im Konfliktfall agiert. Das hat
der Neue in seiner Ansprache anklingen lassen, als er feststellte,
dass sich Unabhängigkeit nicht einfach daran messen lasse, ob und wie
oft Widerspruch geäußert werde. Vielmehr komme es darauf an, die
eigene Position gut begründet zu vertreten.
Während Weidmanns Vorgänger Axel Weber zum Club der Freunde klarer
Ansagen gehört und seine Auffassungen auch gerne öffentlich machte,
zählt Weidmann nicht zu den Lautsprechern in der öffentlichen
Debatte. Das ist seinen bisherigen Aufgaben geschuldet, hat aber auch
mit seinem Temperament zu tun. Seine Erfahrung über die Mechanismen
im Politikbetrieb wird dafür sorgen, dass sich das nicht ändert. Denn
eines hat er dort für seine neue Aufgabe gelernt: Manchmal ist es mit
Blick auf das Ergebnis besser, den Mund nicht allzu weit aufzureißen
und Dinge diplomatisch anzugehen. Denn von öffentlich bezogenen
Positionen ist schwer wieder herunterzukommen.
In der geldpolitischen Linie und dem Verständnis des Amtes wird
sich wenig ändern durch den Wechsel von Weber zu Weidmann. Ändern
dürfte sich aber die Kommunikationskultur. Die Beobachter der
Bundesbank werden künftig noch aufmerksamer zwischen den Zeilen lesen
müssen.
(Börsen-Zeitung, 3.5.2011)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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