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02.09.2014 |
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Investmentfonds.de
02.09.2014: --- Ende Anzeige ---
Der in Oxbridge ausgebildete Ökonom und Premierminister Indiens von
2004 bis 2014, Manmohan Singh, war in den frühen 1990er Jahren Ver-
fechter von Reformen, die die sozialistisch inspirierte und in der
Zeit nach der Unabhängigkeit staatlich gelenkte indische Wirtschaft
auf den Prüfstand stellen sollten. Diese Reformen waren nur begrenzt
erfolgreich und gerieten schließlich komplett ins Stocken. Folglich
wird Singhs zweite fünfjährige Amtszeit als Premierminister wahr-
scheinlich als eine von wirtschaftlicher Rezession und Misserfolgen
geprägte Phase in Erinnerung bleiben.
Eine große Aufgabe
Singhs Nachfolger steht vor einer enormen Aufgabe. Asiens dritt-
größte Volkswirtschaft wächst nur noch circa halb so schnell wie
in den Jahren vor der globalen Finanzkrise. Die chronische Inflation
fiel erst vor kurzen unter 8 Prozent, da die marode Infrastruktur
sogar die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln beschränkt. In der
Zwischenzeit gibt die Regierung aber regelmäßig mehr Geld aus, als
sie durch Steuern und andere Einkünfte einnimmt.
Vor einem Jahrzehnt war Indien in den Augen vieler noch ein ernst
zu nehmender wirtschaftlicher Rivale für China. Aber alle Ver-
änderungsversuche, die das Wachstum ankurbeln sollten, scheiterten
an einer Koalitionspolitik, die von Kastenzugehörigkeit, Religion
und anderen konfessionellen Interessen dominiert wurde und in der
die Macht innerhalb einer eigennützigen, politischen Elite weiter-
gegeben wurde. Der Geist der sogenannten „Lizenzherrschaft“ sucht
diese Nation noch immer in Form einer aufgeblähten Bürokratie heim
und restriktive Gesetze begünstigen die Korruption, während Innovation
erdrückt wird.
Es kann zum Beispiel bis zu 12 Jahre dauern, bis eine neue Kohle-
mine eröffnet wird. Ein Arbeitsgesetz von 1974 verlangt von jedem
Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten, eine Erlaubnis der
Regierung einzuholen, bevor Mitarbeiter entlassen werden. Modi
weiß all das. Sein Ruf als wirtschaftsnaher Reformer wurde in den
vielen Jahren als Regierungschef von Gujarat geformt. Heute loben
Unternehmen die Bürokratie des Staates, die Geschwindigkeit von
Gerichtsbeschlüssen und die niedrige Korruption. Bewunderer
sprechen auch in den höchsten Tönen von der effizienten Art und
Weise, mit der der von der BJP geführte Bundesstaat im Jahr 2001
die Wiederaufbaumaßnahmen nach einem starken Erdbeben betrieb.
Einer der ersten Schritte Modis nach seiner Vereidigung als Premier-
minister des Landes am 26. Mai 2014 war die Aufstellung eines jüngeren,
strafferen Kabinetts. Das Durchschnittsalter fiel von 66 auf 61 Jahre,
und im Vergleich zur vorherigen Regierung sitzen statt 33 nur 23
dienstältere Mitglieder im Kabinett.
Die daraus resultierende frühe Botschaft lautete, dass Modi es
wirklich ernst meint und sein Kampagnenversprechen „weniger Regierung“
auf allen Ebenen einhalten will. Außerdem soll Modi seinem Ministerrat
– einem größeren Team von circa 45 Beamten – mitgeteilt haben, dass
er von ihnen 18 Arbeitsstunden täglich erwarte, obwohl unklar ist,
wie viele sich an diesen Aufruf halten werden.
Das Budget
Auch mit dem Haushaltsplan, der bereits kurz nach seinem Amts-
antritt im Juli vorgestellt wurde, machte Modi seine Vorsätze
deutlich. Finanzminister Arun Jaitley kündigte für das Wirtschafts-
wachstum eine Zielgröße von bis zu 8 Prozent (von 4,6 Prozent)
jährlich für die kommenden drei Jahre sowie eine Reduzierung
des Staatsdefizits auf 3,1 Prozent (von 4,6 Prozent) des Brutto-
inlandsprodukts bis Ende März 2017 an. Außerdem gab er Pläne
bekannt, die für ausländische Investoren geltenden Limits in
der Verteidigungs- und Versicherungsindustrie anzuheben. Darüber
hinaus sollen die Subventionen reformiert werden, die die
öffentlichen Kassen belasten. Weiterhin ist die Einführung
einer landesweiten Mehrwertsteuer geplant, die das momentane
uneinheitliche System ersetzen soll.
Es gab keine größere strategische Veränderung im Vergleich zur
vorherigen Regierung des Indian National Congress und Kritiker
haben ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht über den augen-
scheinlichen Widerspruch zwischen der Zusage, ein stabiles und
verlässliches Steuersystem zu bieten, und der Versäumnis, einen
ungeklärten Steuerstreit mit dem britischen Mobilfunkbetreiber
Vodafone bezüglich einer Firmenübernahme aus dem Jahr 2007 zu
lösen. Die Modi-Regierung gab bekannt, ein Komitee einzurichten,
um alle neuen Fälle von nachträglich erhobenen Steuern eingehend
zu prüfen.
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Für den Moment setzen wir unser Urteil noch aus, besonders in
Anbetracht des kurzen Zeitraums, in dem die neue Regierung den
Haushaltsplan vorzubereiten hatte. Die Maßnahmen bestärken den
Willen weg von einer teuren, populistischen Politik hin zu stabilen
Rahmenbedingungen für mehr Wachstum.
"Indiens Wirtschaft wiederzubeleben ist eine kolossale Aufgabe,
aber Modi scheint die Dinge in die richtige Richtung zu bewegen.
Die Inflation ist zwar weiterhin hoch, aber die stagnierenden
Industrie- und Produktionssektoren zeigen erste Anzeichen eines
Aufschwungs."
Die Unternehmen sind sehr optimistisch mit Blick auf die neue
Regierung. Während unseres letzten Besuchs haben wir erfreut zur
Kenntnis genommen, dass Unternehmen bereit sind, in zusätzliche
Kapazitäten und Effizienzsteigerungen zu investieren, weil eine
Erholung des Konsums und Veränderungen im Konsumentenverhalten
erwartet werden. Einzelhändler berichteten von Plänen, ihre
Onlineplattformen auszubauen, während andere Unternehmen von
einem noch schlummernden Potenzial sprachen, das sich aus einem
steigenden Datenwachstum in Indien ergibt. Daneben sehen sie
Entwicklungschancen in der digitalen Medienlandschaft.
Aktien
Unterdessen sind Investoren – besonders ausländische – wieder
auf den lokalen Aktienmarkt zurückgekehrt, nachdem sie im ver-
gangenen Jahr im Rahmen des berüchtigten „Taper Tantrums“
denjenigen Schwellenländern den Rücken zukehrten, die im Zuge
der Anhebung der Zinsen durch die US-Notenbank Federal Reserve
besonders anfällig waren.
Der S&P BSE Sensex Index – der die 30 größten Aktientitel der
Bombay Stock Exchange abbildet – ist seit Anfang des Jahres über
20 Prozent auf Rekordniveau gestiegen, wobei der Löwenanteil
dieser Gewinne seit März gemacht wurde, als sich das Wahlfieber
verstärkte.
Vor diesem Hintergrund sind wir der Auffassung, dass Aktien
momentan teuer sind, basierend auf der unmittelbaren Aussicht
auf Unternehmensgewinne. Um die Aktienpreise auf dem momentanen
Niveau zu halten, bedarf es allerdings einer Steigerung der
Einnahmen. Diese wiederum dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach
von Restrukturierungen in der Wirtschaft abhängig sein.
"Modi muss insbesondere die Grundlage für langfristiges Wirtschafts-
wachstum stärken und die Steuerbemessungsgrundlage ausweiten,
Investitionen aus dem Ausland anziehen, die Infrastruktur auf- und
ausbauen sowie unproduktive Staatsausgaben reduzieren. Außerdem muss
er genügend geeignete Arbeitsplätze für die 10 Millionen Menschen
schaffen, die jährlich auf den indischen Arbeitsmarkt kommen."
Nächste Schritte
Bisher hat er die Bereiche ins Visier genommen, mit denen sich
wahrscheinlich am schnellsten Resultate erzielen lassen, und
strebt eine Reform der Subventionen sowie eine Änderung der Regeln
für ausländische Direktinvestitionen an. Aber früher oder später
wird er Probleme angehen müssen, die nicht einfach nur durch die
Legislative und mit einer großen Parteimehrheit angepackt werden
können.
Zum Beispiel wird der neue Premierminister gute Beziehungen zu
den 29 Regierungschefs der indischen Bundesstaaten aufbauen müssen,
wenn er eine landesweite Mehrwertsteuer einführen will, um so das
Steuersystem zu vereinfachen und das Staatseinkommen zu erhöhen.
Die BJP hat 13 größere Staaten direkt unter Kontrolle, aber Neu-
Delhi wird die Unterstützung aller Bundesstaaten brauchen, um eine
Steuer zu entwickeln, die im ganzen Land erhoben werden soll.
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Unterdessen stellen der Landerwerb und Umweltsorgen zwei der
größten Hindernisse für einen Ausbau der Infrastruktur dar, und
eine Generalüberholung wird aufgrund der Komplexität und der
zahlreichen involvierten Interessengruppen viel Zeit in Anspruch
nehmen. Obwohl auch von der vorherigen Regierung viele Infra-
strukturprojekte genehmigt wurden, gingen nur wenige davon unter
Protesten von Umweltschutzgruppen wie geplant voran.
Alle Maßnahmen werden unbeliebt sein. Eine Verschlankung der
Bürokratie wird Arbeitsplätze und die Möglichkeiten zur Selbst-
bereicherung gefährden. Eine Kürzung der staatlichen Zuwendungen
wird den Betroffenen das Gefühl geben, ärmer zu sein. Und das
Zulassen von mehr ausländischen Investitionen in Schlüsselin-
dustrien wird unausweichlich von denjenigen verdammt werden,
die argumentieren, dass auf diese Weise nationales Erbe billig
an Ausländer verscherbelt werde.
Modi muss der Versuchung widerstehen, den eher populistischen
Forderungen seiner eigenen Unterstützer nachzugeben. Er muss
außerdem diejenigen für sich gewinnen, die dem umstrittenen
Helden der Hindu-Übermacht nicht vertrauen, der von der US-
Regierung im Jahr 2005 zur „Persona non grata“ abgestempelt
wurde.
"Indiens neuer Premierminister muss nun zeigen, dass er die
Interessen aller 1,2 Milliarden Bürger eines Landes mit 16
offiziellen Sprachen und vielen Religionen vertritt. Er muss
beweisen, dass er bei Rückschlägen – die es zweifellos geben
wird – nicht bei einer polarisierenden, religionsbestimmten
Politik Zuflucht suchen wird, sondern stattdessen die gleiche
Beharrlichkeit und Fähigkeit an den Tag legt, wie zuvor schon
in Gujarat."Quelle: Investmentfonds.de |
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