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25.06.2015 |
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Investmentfonds.de
25.06.2015: --- Ende Anzeige ---
Jetzt geht Griechenland bald das Geld aus. Somit spitzt sich die
Situation zu und die Rhetorik wird von allen Beteiligten verschärft.
Die naheliegende Frage ist: Kommt es zum Grexit?
Unsere Haltung ist ein klares Nein. Dafür gibt es drei Hauptgründe:
Erstens meinen wir, dass die griechische Wirtschaft zusammenbrechen
würde, falls Griechenland die Eurozusammenarbeit verließe. Der Chef
der Europäischen Zentralbank Mario Draghi sagte in der letzten Woche,
dass die EZB gegenwärtig dem griechischen Bankensystem Liquidität in
einer Höhe zur Verfügung stellt, die 65 Prozent des griechischen BIP
entspricht. Der Grund ist einfach, dass griechische Bankkunden laufend
ihre Euroguthaben abheben, da sie einerseits befürchten, diese könnten
in eine neue griechische Währung umgetauscht werden (darauf kommen
wir zurück) und andererseits Angst haben, dass künftig der Zugang zu
ihren Guthaben eingeschränkt werden könnte. Daher mussten sich die
griechischen Banken an die EZB wenden, um genügend Liquidität für den
täglichen Betrieb zu haben. Diese Liquidität wurde unter anderem dafür
verwendet, um griechische Schatzwechsel und Staatsanleihen zu kaufen.
Falls der griechische Staat beschließen sollte, seine Verpflichtungen
nicht einzuhalten, weil er kein Geld hat, wären die griechischen Banken
in kürzester Zeit insolvent. Dann könnte die EZB keine Liquidität mehr
zur Verfügung stellen. Die Folge wäre ein völliger Zusammenbruch des
griechischen Bankensystems. Dies würde bedeuten, dass ganz normale
tägliche Finanzgeschäfte wie Zahlungen im Supermarkt oder beim Bäcker,
Zahlungen für Elektriker und andere Handwerker sowie Bargeldabhebungen
an den Geldautomaten nicht mehr möglich wären. Kurz gesagt – die
griechische Wirtschaft würde zusammenbrechen. Das wissen die
griechischen Politiker selbstverständlich genau.
Kann keine eigenen Banknoten drucken
Das zweite Argument ist im Grunde genommen rein praktischer Natur.
Nehmen wir für einen Moment an, dass Griechenland das erste Problem
lösen könnte und nun eine neue Währung einführen wollte. Welchen Wert
hätte diese Währung? Wie viel wäre diese Währung wert, wenn damit im
Ausland eingekauft werden sollte? Und wer würde ihr vertrauen? Wir
meinen: Nur sehr wenige! Wahrscheinlich nicht einmal die Griechen
selbst. Was könnte man mit der neuen Währung kaufen?
Überlegen Sie einmal das Folgende – Griechenland importiert über
99 Prozent des im Lande verbrauchten Erdöls. Griechenland ist bei
vielen grundlegenden Produkten, wie z. B. Arzneimitteln, kein Selbst-
versorger. Ein noch simpleres praktisches Problem – die Banknoten
müssten gedruckt und die Münzen geprägt werden. Und dies in einer
Qualität, dass Fälschungen nicht zu einem großen Problem werden.
Das kann Griechenland nicht. Dazu haben sie ganz einfach weder die
Technologie noch den Produktionsapparat. Auch dies müsste also mit
der neuen Valuta „eingekauft“ werden, deren Kaufkraft im Ausland
sehr begrenzt wäre.
Insgesamt bedeutet dies: Falls es zum Grexit käme und eine neue
Währung eingeführt würde, könnte Griechenland sich nicht mehr mit
Erdöl, Arzneimitteln, ja noch nicht einmal mit den Banknoten und
Münzen versorgen, die dann eingeführt werden müssten. Die Folge
läge auf der Hand: ein völliger sozialer Zusammenbruch des
griechischen Staates.
Der dritte Hauptgrund ist rein politisch. Schauen wir uns zunächst
die Innenpolitik an. Kürzlich durchgeführte Umfragen ergaben, dass
eine große Mehrheit von 75 bis 80 Prozent der Bevölkerung den Euro
behalten und in der EU bleiben möchte.
Bei einer anderen vor Kurzem durchgeführten Umfrage wurde die Frage
zugespitzt. Vor die Wahl gestellt, den Forderungen der EU und der
internationalen Kreditgeber zu folgen oder aus der Eurozusammenarbeit
auszutreten, sagen etwa 50 Prozent, sie würden die extremen Forderungen
erfüllen wollen. Nur etwa ein Viertel würde lieber auf den Euro ver-
zichten. Ministerpräsident Tsipras hätte somit eine deutliche Mehrheit
seiner Bevölkerung gegen sich, falls er keine Lösung finden und die
Eurozusammenarbeit aufrechterhalten könnte.
Aus der Sicht der Gläubiger
Wenn wir die Dinge aus der Sicht des Auslandes betrachten,
so sind drei Aspekte wesentlich.
Der erste ist die geografische Lage Griechenlands. Sollten der
griechische Staat und die griechische Gesellschaft zusammenbrechen,
so fände dies in einer Region und zu einem Zeitpunkt statt, wo die
Situation ohnedies äußerst kritisch ist. Man denke an die Situation
in Nordafrika und dem Nahen Osten, an die entsprechenden Flüchtlings-
ströme und darf auch nicht die fehlende Stabilität in Osteuropa
vergessen.
Wir bezweifeln außerdem sehr stark, dass die führenden europäischen
Politiker – darunter Merkel – in die Geschichte eingehen wollen, als
diejenigen, die die Eurozone nicht zusammenhalten konnten.
Und schließlich sprechen wir von einem Land, das unter den Euroländern
zu den ärmsten gehört.
Somit meinen wir, dass es auf beiden Seiten des Verhandlungstisches innen-
wie außenpolitische Gründe für eine Lösung gibt.
Zusammengefasst meinen wir, dass es auf der griechischen Seite zwingende
wirtschaftliche, gesellschaftspolitische und staatliche Erfordernisse gibt,
die zu einer Kompromissbereitschaft zwingen. Auch wenn wir auf die andere
Seite des Verhandlungstisches blicken, stehen für diese Seite politische
und soziale Faktoren von höchster Priorität auf dem Spiel, die veranlassen,
eine Lösung zu finden und Griechenland in der Eurozusammenarbeit zu halten.
Was wird jetzt geschehen?
Vorausgeschickt sei, dass wir selbstverständlich kein Insiderwissen haben
– wir sind genauso verblüfft über den Ablauf wie viele andere. Aber wir
meinen grob gesprochen, dass wir derzeit Zeugen eines griechischen Spiels
für die Zuschauertribüne sind. Das griechische Volk fühlt sich gedemütigt
und verletzt. Es sehnt sich nach einem Regierungschef, der zumindest
Kampfbereitschaft zeigt. Und das macht Tsipras! Wenn dann der unver-
meidliche Kompromiss geschlossen wurde – und das wird geschehen – kann
Tsipras jedenfalls zurück zu seinen Wählern gehen und sagen: Entweder
dies oder das totale Chaos!
Wie die letzten Monate gezeigt haben, können beide Seiten eine Menge
Zwischenlösungen und Rechtslücken finden, um den Prozess zu verlängern.
Daher lässt sich schwer sagen, wann die letzte Frist abläuft. Doch die
zugespitzte Rhetorik – insbesondere von griechischer Seite – unterstreicht,
dass wir bald das Ende des Weges erreicht haben und eine Lösung unver-
meidlich ist.
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Bis zu dem Tag, an dem eine solche Lösung gefunden ist, werden die
europäischen Finanzmärkte in hohem Maße aufgrund dieser Unsicherheit
agieren. Und obgleich es beliebt geworden ist, darüber zu spekulieren,
wie wahrscheinlich ein Grexit wäre, meinen wir weiterhin, dass dieses
Risiko sehr gering ist.
Der Aktienmarkt wird sich erholen
Er liegt jedoch nicht bei Null – leider. Die Geschichte zeigt, dass
Stresssituationen zu Fehlentscheidungen führen können. Und Tsipras
steht vor einer riesigen Herausforderung hinsichtlich großer Teile
seiner parlamentarischen Basis – Parlamentsmitglieder, die, grob gesagt,
gegen jeden Kompromiss mit den Gläubigern Griechenlands sind.
Summa summarum erwarten wir kurzfristig eine größere Unsicherheit.
Aber wenn erst einmal eine Lösung gefunden ist, werden sich die Märkte
wieder beruhigen. Dann werden sich diese wieder auf das relativ ver-
nünftige Wirtschaftswachstum in Europa konzentrieren, das momentan
deutlich über zwei Prozent liegt. Wenn wir Recht mit unserer Erwartung
behalten, dass das Wirtschaftswachstum – vor allem angetrieben durch
ein gesünderes Bankensystem – auch weiterhin um die zwei Prozent liegen
wird, dann werden sich die europäischen Finanzmärkte schließlich erholen
und die europäischen Aktien im Herbst und bis 2016 hinein wieder steigen."
Quelle: Investmentfonds.de |
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