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15.09.2017 |
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Investmentfonds.de
15.09.2017: --- Ende Anzeige ---
Wenn die Notenbanken sich an einem Inflationsziel von zwei Prozent orien-
tieren, liegen dem keine Forschungsergebnisse zugrunde, wonach dieser Wert
optimal wäre. Tatsächlich wurde diese Größenordnung im Jahr 1989 von der
neuseeländischen Notenbank willkürlich festgelegt. Die Europäische Zentral-
bank, die US Federal Reserve, die japanische Notenbank und die Bank of
England verfolgen allesamt nach wie vor dieses Ziel, obwohl die Inflation
in den jeweiligen Währungsräumen in den letzten zehn Jahren fast durch-
gängig darunter lag.
Die Inflation ist aus strukturellen Gründen gesunken
Es gibt viele Argumente dafür, weshalb die Inflation – die vor Jahr-
zehnten noch zweistellig war und ganze Volkswirtschaften destabilisierte
– so drastisch zurückgegangen ist. Ein Faktor ist die Digitalisierung,
die Bereiche wie Medien, Fotografie und Musik revolutioniert hat, indem
sie die praktisch kostenlose Produktion zusätzlicher Kopien neuer
Zeitungsartikel, Spiele oder Lieder ermöglicht hat. Ein weiterer Aspekt
ist der Machtverlust der Arbeitnehmer infolge des Niedergangs der Gewerk-
schaften, der Globalisierung und der anhaltenden Automatisierung in
früher arbeitsintensiven Wirtschaftszweigen. Ebenfalls deflationär
wirkt sich die Alterung der Bevölkerung aus, da ältere Leute tenden-
ziell mehr sparen und weniger konsumieren. Gleichzeitig hat der Ölpreis
seinen Einfluss auf die Märkte verloren, da er durch die Erschließung
alternativer Ölquellen und die Nutzung von Sonnenenergie permanent ge-
sunken ist. „Alle diese Argumente deuten darauf hin, dass die Inflation
aus strukturellen Gründen gesunken ist – eine These, die auch durch die
Inflationsdaten der letzten Jahre gestützt wird”, sagt Daalder. Dies
wirft die Frage auf: Was geschieht, wenn die Notenbanken weiterhin ihr
Inflationsziel von rund zwei Prozent verfolgen, während die Wirkungs-
mechanismen in der heutigen Wirtschaft verhindern, dass es jemals dazu
kommt?
Ein „monetäres Phänomen“
Der Ökonom Milton Friedman sagte einst: „Inflation ist ein monetäres
Phänomen. Es wird von der Notenbank geschaffen und von ihr gestoppt.“
Wenn das zutrifft, wieso ist es den Notenbanken nicht gelungen, ihr Ziel
zu erreichen? Normalerweise hätte die Bereitstellung zusätzlicher Liqui-
dität dazu geführt, dass „zu viel Geld auf zu wenige Güter trifft“, um
wiederum Friedman zu zitieren, was zu Inflation führt. Weshalb ist es
dann nicht zu verstärkter Inflation gekommen? „Die Antwort lautet: Es
ist tatsächlich zu Inflation gekommen, jedoch nicht bei Gütern und
Dienstleistungen, sondern an den Finanzmärkten. Die starke Erholung
der Immobilienmärkte, die Tatsache, dass der US-Aktienindex S&P 500 ein
Shiller-KGV von 30,3 aufweist, die ungewöhnlich niedrigen Anleihenrenditen
und entsprechend hohen Anleihenkurse, das alles spiegelt aufgeblähte Ver-
mögenspreise wider. Da diese Sachwerte aber nicht in den Warenkörben der
Notenbanken enthalten sind, werden ihre Preissteigerungen nicht als in-
flationstreibend registriert.", sagt Lukas Daalder.
Alternative Sichtweisen
Der Robeco-Experte verweist auf Ökonomen, die zwar die Erklärung für
sinkende Inflationsraten akzeptieren, sich aber eher auf die mit rück-
läufiger Inflation und entsprechenden Erwartungen verbundenen Risiken
konzentrieren und ihnen begegnen wollen. Diese Gruppe betont, dass die
hauptsächlich auf den Leitzins gestützte Geldpolitik an Wirksamkeit
bei der Erzeugung von Inflation verloren hat. Daraus schließen sie,
dass eine andere Vorgehensweise erforderlich ist. Des Weiteren argu-
mentieren sie, dass die Löhne üblicherweise nach unten kaum flexibel
sind, wenn es einfacher ist, Arbeitnehmer zu entlassen, was der Kon-
junktur abträglich sein kann. Und wenn man die Inflation sinken lässt,
steigt das reale Verschuldungsniveau im Zeitverlauf (bei konstanten
Zinsen). Demnach ist jemand, der bei Aufnahme einer 30-jährigen Hypo-
thek eine Inflationsrate von zwei Prozent unterstellt, bei strukturell
rückläufiger Inflation mit einem effektiv höheren Schuldenstand kon-
frontiert.
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„Gemessen an den Aussagen diverser Notenbankvertreter scheinen die
meisten davon dem zweiten Lager anzugehören. Dies deutet auf ein
Boom & Bust-Szenario hin, das heißt die Notenbanken pumpen zu viel
Liquidität in das Finanzsystem und produzieren dadurch ‘Inflation’ an
der falschen Stelle“, fasst Daalder zusammen. Möglich ist aber auch
ein günstigeres Szenario, in dem die klassische Inflation zurückkehrt,
wenn auch mit Verzögerung. „Wir sind etwas skeptisch, was die These
‚die Inflation ist tot‘ angeht. Unter anderem, weil es derartige Be-
hauptungen in der Vergangenheit schon öfters gab. Sie erinnern ein
wenig an die alle zehn Jahre aufkommende These, dass es keinen Kon-
junkturzyklus mehr gebe. Wir denken, dass sich Inflation niemals ganz
vermeiden lässt.”
Daalder weiter: „Solange Angebot und Nachfrage nicht vollkommen mit-
einander übereinstimmen, bleibt Inflation ein Merkmal unseres Wirt-
schaftssystems. Man kann insbesondere an den Arbeitsmärkten eine Ver-
knappung beobachten, wo die Nachfrage das Angebot übertrifft. Der
technische Fortschritt mag die Anhebung der Löhne verzögert haben.
Wir sehen jedoch keinen Grund, warum es am Ende nicht dazu kommen
sollte. In diesem Fall – unserem Basisszenario – wird die Inflation
mit einer gewissen Verzögerung einsetzen. Und dann dürften auch die
Anleihenrenditen steigen.“
Quelle: Investmentfonds.de |
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