Investmentfonds.de
05.02.2019:
LFDE Macroscope: Die Rückkehr der Tauben
Köln, den 05.02.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, CIO bei LFDE - La Financière de l´Echiquier
Eine Zentralbank nach der anderen bläst ins gleiche Horn: Vor zwei
Wochen beherrschten die Äußerungen von Mario Draghi und die vorsichtige
Positionierung der Europäischen Zentralbank die Schlagzeilen. Vergangene Woche
waren dann in den USA ähnliche Töne zu hören. Im Anschluss an ein Treffen mit
dem Gouverneursrat der US-Notenbank Fed lud ihr Vorsitzender Jerome Powell zu
einer Pressekonferenz, auf der - gelinde gesagt - die deutliche Abkehr vom
restriktiven Kurs der Geldpolitik der Fed bestätigt wurde. Die Mitglieder
des Gouverneursrates vertreten die Auffassung, dass der aktuelle Leitzins
(Spanne von 2,25 Prozent bis 2,5 Prozent) der wirtschaftlichen Lage angemessen
ist und dass die Haltung nach dem Motto "wait and see" eine Anpassung an das
wirtschaftliche Umfeld ermöglicht. Auch wenn dieser Kurs in Anbetracht der
Konjunkturindikatoren bereits vor Monaten angekündigt wurde, bedeutet dies
dennoch eine größere Wende. Die Fed lässt hiermit durchblicken, dass sie ihre
Zinssätze 2019 unter Umständen nicht anheben wird, während sie noch
vor einigen Wochen zwei Anhebungen prognostizierte.
Überdies signalisierte die Fed, dass der schrittweise Abbau ihrer Bilanz
("quantitative tightening") früher als geplant enden könnte. Manchem
Beobachter zufolge könnte sie sich ein Ziel von 3.500 Milliarden
US-Dollar (derzeit 4.000 Milliarden USD) setzen. Bei dem aktuellen Tempo
bedeutet dies ein Jahr der Bilanzreduzierung, und nicht zwei oder drei, wie der
Markt bis vor kurzem noch erwartete.
Auch dies ist ein bedeutender Schritt. Die Haltung der Fed wird demnach noch
mehrere Monate leicht restriktiv sein, insbesondere mit dem fortgesetzten Entzug
von Liquidität. Im Jahr 2020 wird sie jedoch einen neutralen Kurs einschlagen.
Diese Positionierung war von den Anlegern seit Wochen erwartet worden. So
betrachtet lässt sich sagen, dass die Fed sich nach den Märkten gerichtet hat.
Seit Dezember 2015 war die Situation eher umgekehrt, da die Fed ihren Leitzins
in dieser Zeit neun Mal anhob. Diese Wende ist vor allem durch die sich
abzeichnende Konjunkturverlangsamung (nachlassende Wirkung der Ende 2017
umgesetzten Steuerreform), aber auch durch die Folgen des Handelskrieges
für das US-amerikanische und weltweite Wachstum bedingt. Die Gefahr einer
inflatorischen Überhitzung wurde überdies deutlich kleiner, insbesondere
aufgrund des Rückgangs des Ölpreises und der Entkopplung der Vollbeschäftigung
von der nach wie vor sehr moderaten Lohninflation. Darüber hinaus machte Powell
deutlich, dass die mögliche Pause der Fed auf die Verschärfung der
Kreditbedingungen zurückzuführen sei.
Die Wall Street und US-Präsident Donald Trump begrüßten die
Entscheidungen. US-Aktien legten deutlich zu, während die Rendite auf zehnjährige
Anleihen weiter nachgab und der Dollar verlor. Im Hinblick auf die Allokation
bedeutet dies zunächst ein neuerliches Interesse an US-Zinstiteln mit einer
Präferenz für Langläufer, aber auch ein im Vergleich zu anderen Währungen weniger
attraktives Dollar-Exposure und zudem ein höheres Potenzial bei US-Aktien und
ganz besonders bei Wachstumstiteln.
Neben US-Assets dürften sämtliche Schwellenländertitel (Anleihen und Aktien)
aufgrund der rückläufigen US-Renditen und des schwächeren US-Dollar die
Hauptnutznießer dieser Entscheidungen sein.
Quelle: Investmentfonds.de
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