Investmentfonds.de
12.02.2019:
LFDE Macroscope: Geht der Erholung (schon) die Luft aus?
Köln, den 12.02.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer bei LFDE -
La Financière de l`Echiquier
Die bedeutsamen Aktienindizes schlossen zum Ende einer wechselvollen Woche am
Freitag mehr oder weniger deutlich im Minus. Wer die aktuelle Lage zu
oberflächlich betrachtet, kann mit Blick auf die Ursachen dieser Bewegung leicht
auf den Holzweg geraten.
Die Woche war in Europa von den neuen Wachstumsprognosen der Europäischen
Kommission geprägt, die ihre Erwartungen insbesondere für 2019 deutlich nach
unten korrigierte. Brüssel rechnet 2019 mit einem BIP-Wachstum von 1,3 Prozent
für die Eurozone und von 1,5 Prozent für die Europäische Union gegenüber zuvor
1,9 Prozent beziehungsweise 2,0 Prozent. Die größten Korrekturen betreffen
Italien (+0,2 % gegenüber +1,2 %), das technisch betrachtet in die Rezession
gerutscht ist, und Deutschland (1,1 % gegenüber 1,8 %), das am 14. Februar mit
Veröffentlichung der Wachstumszahlen für das 4. Quartal 2018 die gleiche
Enttäuschung erleben könnte. Dagegen kann Frankreich den Schaden begrenzen
(1,3 % gegenüber 1,6 %). Eine unschöne Delle, die jedoch lediglich eine von den
Analysten bereits zur Kenntnis genommene und von den Märkten teilweise
eingepreiste Verlangsamung bestätigt und die Europäische Zentralbank bereits zu
einer moderateren Haltung veranlasste. Wie üblich hinken die großen politischen
Institutionen bei der Korrektur der Konjunkturprognosen hinterher. Eine bloße
Bestätigung also, die die jüngsten Marktbewegungen nur teilweise erklärt.
Außerhalb Europas standen erneut die Verhandlungen zwischen China und den USA,
die widersprüchliche Signale aussendeten, im Blickpunkt. Anfang der Woche war
Zuversicht angesagt, und mancher hoffte, dass Donald Trump in seiner Rede zur
Lage der Nation am vergangenen Mittwoch einige Hinweise liefern würde. Doch der
US-Präsident machte kaum eine Andeutung. Tags darauf ließ der Wirtschaftsberater
des Weißen Hauses, Larry Kudlow, zudem durchblicken, dass die Verhandlungen kaum
Fortschritte machten, und der Sender CNBC wies darauf hin, dass ein Treffen
zwischen Donald Trump und Xi Jinping vor dem 1. März, dem beim G20-Gipfel
vereinbarten Ende der Waffenruhe, "sehr unwahrscheinlich" sei. Dies war zwar
keinesfalls nach dem Geschmack der Anleger, kann jedoch auch nicht alles erklären.
Neben den makroökonomischen Daten und den geopolitischen Risiken waren auch die
Unternehmensergebnisse nicht gut genug, um den Märkten einen Schub geben zu
können. Es gab zahlreiche Gewinnwarnungen und vor allem Senkungen der
Unternehmensziele. Während die Ergebnisse für das 4. Quartal 2018 in den USA
weitgehend den Erwartungen entsprachen, wurden im Laufe des vergangenen Monats
viele Prognosen für den Gewinn je Aktie in den kommenden drei Quartalen nach
unten korrigiert. In Europa sind die Ergebnisse für das 4. Quartal bisher
durchwachsen ausgefallen: Nur 47 Prozent der Unternehmen übertrafen die
Konsenserwartungen. Dies ist der niedrigste Wert seit Ende 2014.
Der Markt zeigt immer weniger Nachsicht, und die enttäuschenden Ergebnisse werden
allmählich bestraft. Während die teilweise technische Rallye im Januar half, die
übermäßige Unterbewertung infolge der Kursverluste im Dezember zu korrigieren,
scheinen die Anleger allgemein nun keine Katalysatoren mehr zu erkennen, die
eine Fortsetzung der Hausse rechtfertigen könnten. Hierbei kann der moderate
Kurs der Zentralbanken nur ein Gegengewicht zu den Zweifeln um das weltweite
Wachstum bilden. Dennoch gibt es in vielen Bereichen weiterhin interessantes
Potenzial - sofern man bereit ist, die wohl höhere Volatilität in Kauf zu nehmen.
Quelle: Investmentfonds.de
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