Investmentfonds.de
12.03.2019:
LFDE Macroscope: Bipolare Störung
Köln, den 12.03.2019 (Investmentfonds.de) -
Olivier de Berranger, Chief Investment Officer und Enguerrand Artaz, Fondsmanager
La Financière de L`Echiquier
In der Psychiatrie bezeichnet der Ausdruck "Bipolare Störung" den Wechsel
zwischen Phasen starker Erregung und Niedergeschlagenheit. Sie ist durch
ungewöhnliche Stimmungsschwankungen gekennzeichnet.
Wenn es eine Art von Störung gibt, an der die Anleger kollektiv leiden, dann
eindeutig an dieser. Dies lässt sich sehr deutlich an den vergangenen fünf
Monaten ablesen: Auf die Phase schwerer Niedergeschlagenheit von Oktober bis
Dezember folgte Anfang Januar eine Phase starker Erregung.
Der Auslöser für die depressive Phase ist inzwischen wohlbekannt: die Erwartung
einer weltweiten Wachstumsverlangsamung, bedingt durch konjunkturelle
(Handelskrieg, Brexit, Krise im Automobilsektor) sowie auch strukturelle Faktoren
(Verschärfung der geldpolitischen Bedingungen).
Seit Jahresbeginn herrscht an den Märkten jedoch Hochstimmung, und sämtliche
Finanzwerte finden bei den Anlegern Anklang. Eine Kehrtwende, die durch den
Kurswechsel der großen Zentralbanken (USA, China und Europa) und durch die
Konjunkturprogramme in Ländern wie China, Italien oder Frankreich begründet ist.
Vergangene Woche markierte die Europäische Zentralbank den Abschluss einer Reihe
von Mitteilungen der großen Zentralbanken weltweit. Die EZB kündigte an, ihre
Zinssätze mindestens bis 2020 auf dem aktuellen Niveau zu halten und ein neues
Bankenfinanzierungsprogramm aufzulegen.
Dies passte ins Gesamtbild, denn auch die US-Notenbank Federal Reserve und die
chinesische Zentralbank äußerten sich moderater. Die Reaktion der Märkte auf
diese neue Liquiditätsspritze ist vorerst jedoch paradox. Zwar schwächte sich
der Euro folgerichtig ab und die langfristigen Zinssätze gaben deutlich nach
(der Zinssatz für 10-jährige Bundesanleihen nähert sich der 0 %-Marke), doch
Risikoanlagen, d. h. Aktien, verloren seit dieser Ankündigung an Boden. Ist dies
der Beginn einer neuen Phase der Niedergeschlagenheit? Die Zukunft wird es zeigen.
Die allgemeine Hochstimmung schwindet gerade, und es ist umsichtiges Handeln
gefragt, um sowohl im Hinblick auf die Asset-Klassen als auch auf
Einzeltitelebene die Spreu vom Weizen trennen zu können.
Quelle: Investmentfonds.de
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