Investmentfonds.de
15.05.2019:
Internationale Rentenmärkte - Kein Royal-Bonus für das Britische Pfund
Köln, den 15.05.2019 (Investmentfonds.de) -
Christian Bender, Portfoliomanager bei der SIGNAL IDUNA Asset Management
* Der Wind frischt auf: Risikobereitschaft sinkt
* Zins-Alternativen zum Euro weiterhin zahlreich und attraktiv
* US-Dollar bleibt Trumpf: Liquidität und Rendite überzeugen
Hätte ich den bisherigen Jahresverlauf am Kapitalmarkt in die Form eines
Wetterberichtes gießen wollen, so hätte ich noch vor einer Woche die Formel
"angenehm sonnig" gewählt. Allerdings zogen binnen weniger Tage
wieder - altbekannte - graue Wolken auf: Der Handelskrieg zwischen den USA
und China erfuhr eine unerwartete Verschärfung, Nordkorea rief sich mit
einigen Raketentests in Erinnerung, der Iran drohte seinerseits die
Suspendierung des Atom-Abkommens an und in der Türkei übte sich die
politische Willkür am kurz zuvor gewählten Istanbuler Bürgermeister.
Der aufrauende Wind griff in Teilen auch auf die Kapitalmärkte über - und die
Aktienkurse drehten auf breiter Front südwärts.
Denn die Frage, ob wir angesichts dieser und anderer politischer Entwicklungen
in eine Rezession abgleiten oder uns doch noch fangen, ist keine Frage mehr, die
man Land für Land abklopft. Dafür sind die globalen Liefer- und Finanzketten zu
lang und zu vielschichtig geworden. Sollte sich diese Entwicklung an den
Aktienmärkten verstetigen, wird das deshalb auch Auswirkungen auf die naturgemäß
in meinem Fokus stehenden Rentenmärkte haben.
US-Dollar: Staatsanleihen sind eine Bank
Hier ist es im bisherigen Jahresverlauf für den in Euro rechnenden Anleger richtig
gewesen, US-amerikanische Staatsanleihen zu halten. Die dortigen Unternehmensanleihen
bieten meines Erachtens noch kein Niveau, das einen Umstieg lohnenswert erscheinen
lässt. Doch blickt man in die jüngere Geschichte, so ähnelt das derzeitige Szenario
in Teilen der Situation, wie wir sie aus 2016 erinnern: Der Markt hat weitere
Zinserhöhungen bereits ausgeschlossen, erste Teilnehmer vermuten sogar, dass die FED
in der zweiten Jahreshälfte eine Zinssenkung bekanntgeben könnte. Sollte sich das nicht
bewahrheiten und die FED stattdessen eine Zinserhöhung beschließen, würde das zu
kräftigeren Reaktionen führen. Und könnte demzufolge erneut Druck auf die Emerging Markets
und ihre Währungen ausüben.
Exotische Beimischungen: klein, aber fein
Bislang aber war es richtig, die Emerging Markets nicht zu vernachlässigen. Zu den
Adressen, die man in den vergangenen Monaten bereits in kleinen Dosen beimischen konnte,
gehört Südafrika. Wer unter der Annahme, dass sich Präsident Cyril Ramaphosa trotz
Stimmverlusten seines ANC an der Macht würde halten können, schon vor Wochen bei den
Staatsanleihen vom Kap zugegriffen hatte, wurde belohnt. Auf Sicht wird der Rand zwar
nicht abheben - aber man weiß, was man an der Währung hat.
Ähnlich gelagert sind die Aussichten für die Indonesische Rupie. Der Staat, der in
wenigen Jahren 300 Millionen Einwohner beherbergen wird, verfügt über eine wachsende
Binnennachfrage, hat aus der Asienkrise Ende der 1990er Jahre gelernt und durch eine
restriktive Währungspolitik einen stabilen Rahmen geschaffen.
Will man dem eigenen Renten-Portfolio keine Exoten aus fernen Ländern beimischen,
wird man vor der eigenen Haustür fündig. Norwegen, ein Land ohne Staatsschulden, bietet
eine stabile Währung und einen gleichwohl sichtbaren Zinsaufschlag gegenüber dem Euro.
Und wer für die Dauer seines Investments an eine stabile Ölnachfrage glaubt, sollte
nicht enttäuscht werden.
Zuwachs an Thronfolgern keine Stütze fürs Britische Pfund
Enttäuschungen vorprogrammiert scheinen mir hingegen für das Britische Pfund. Die sich
hinziehende Entscheidung über Art und Weise des Brexits wird zu langanhaltenden
Belastungen für die heimische Wirtschaft führen. Das kann auch ein etwaiger
Celebrity-Tourismus um Archie Harrison, den Jüngsten und Siebtplatzierten auf der Liste
der britischen Thronfolger, nicht auffangen. Im Ergebnis sind Zinserhöhungen auf längere
Zeit nicht in Sicht. Die Zinsbindungsfrist britischer Titel sollte deshalb lang gewählt werden.
Die Beimischung der vorab skizzierten und anderer Währungen kann den durchschnittlichen
Kupon des eigenen Portfolios zwischen 0,25 und 7,00 Prozent heben - und das bei
überschaubaren Risiken. Zum Event könnte allerdings in der zweiten Jahreshälfte der
Abschied Mario Draghis werden. Käme hier ein Nachfolger zum Zuge, der erkennbar ohne
Südeuropa-Bias ist, könnte das den Euro gegenüber allen anderen Währungen, vor allem
aber natürlich gegenüber dem US-Dollar stärken.
Aber bis dahin bestehen gute Chancen, noch den zeitanteiligen Kupon eines diversifizierten
Fremdwährungsportfolios zu verdienen. Womit dann zumindest auf der Rentenseite eine
Fortsetzung des angenehm sonnigen Wetters gegeben wäre.
Quelle: Investmentfonds.de
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