Investmentfonds.de
19.06.2019:
Vontobel: Powells Balanceakt
Köln, den 19.06.2019 (Investmentfonds.de) -
Gary Kirk, Portfoliomanager bei TwentyFour Asset Management
Zinssenkung nach Fed-Meeting am Mittwoch wenig wahrscheinlich
Wirtschaft und Märkte am Übergangspunkt: US-Wirtschaft weiter auf
Expansionskurs, aber politischer Druck, die Zinsen zu senken, nimmt zu
"Falkenhafte" Fed-Rhetorik könnte für Enttäuschung sorgen
Diese Woche setzen sich Fed-Präsident Jerome Powell und seine FOMC-Kollegen
zusammen, um den US-Leitzins zu bestimmen. Trotz der allgemeinen Erwartung,
dass es noch keine Veränderungen geben wird, dürfte dieses Treffen sehr genau
beobachtet werden. Die Marktteilnehmer werden jedes Wort des im Anschluss
veröffentlichten Kommentars sehr genau analysieren.
Powell weiß, dass Wirtschaft und Märkte einen heiklen Übergangspunkt erreicht
haben. Die Wirtschaftsdaten zeigen weiterhin, dass sich die USA in einer Phase
der Expansion befinden, und die Einzelhandelsdaten vom Freitag deuten darauf hin,
dass die US-Verbraucher in guter Verfassung sind.
Der anhaltende Handelszollstreit mit China und anderen wichtigen Handelspartnern
sorgt aber eindeutig für einen wirtschaftlichen Gegenwind, der die Wirtschhaft
beeinträchtigt. Darüber hinaus bleibt die Inflation hartnäckig niedrig, wobei der
Markt skeptisch ist, ob die Fed über die Mittel verfügt, um sie in der Nähe des
offiziellen Zwei-Prozent-Ziels zu halten. Gleichzeitig besteht erheblicher externer
Druck, sowohl vom Weißen Haus als auch von der Wall Street, die Zinsen zu senken.
Der Markt preist aktuell eine 20-prozentige Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung
bei der Sitzung am Mittwoch ein. Es wäre aus unserer Sicht ein Schock, wenn die
Fed einen entsprechenden Schritt schon jetzt machen würde, insbesondere vor dem
Hintergrund des G20-Treffens Ende des Monats in Osaka.
Es wird erwartet, dass es hinter den Kulissen einen regelmäßigen Dialog zwischen
US-amerikanischen und chinesischen Beamten geben wird. Jede Ankündigung einer
Wiederaufnahme von Handelsgesprächen dürfte bei Märkten und Unternehmen gleichermaßen
für Erleichterung sorgen. Aus diesem Grunde wird die Fed unserer Meinung nach
geduldig bleiben und das Ergebnis von Osaka abwarten um zu sehen, wie es sich auf
die Stimmung und die wirtschaftlichen Fundamentaldaten auswirken könnte.
Für uns wird die Rhetorik des FOMC interessanter sein als die Entscheidung selbst.
Mit einer 96-prozentigen impliziten Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 25
Basispunkte auf der Juli-Sitzung und 97 Prozent auf der September-Sitzung (im August
gibt es keine Sitzung) könnte sich am Markt Enttäuschung einstellen, wenn die
Kommentare der Fed als zu "hawkish", zu kämpferisch, ausgelegt werden. Tatsächlich
hat der Markt bereits eine 86-prozentige Wahrscheinlichkeit von mindestens zwei
Kürzungen um jeweils 25 Basispunkte bis zum Jahresende eingepreist.
Die Position von Jerome Powell ist demnach schwierig, da er sich hier auf einem
schmalen Grat bewegen muss, um die Erwartungen mit der Unsicherheit des geopolitischen
Umfelds in Einklang zu bringen. Wir halten deshalb an einer ausgewogenen flexiblen
Sichtweise fest, um unsere Ausrichtung bei Bedarf anzupassen.
Quelle: Investmentfonds.de
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