Investmentfonds.de
17.10.2019:
Neuer Brexit-Deal: Ende offen
Köln, den 15.10.2019 (Investmentfonds.de) - Jim Leaviss, Leiter des Retail-Anleiheteams bei M&G
Investments äussert sich zum neuen Brexit-Deal zwischen EU und Grossbritanien.
"Die Nachricht über einen Brexit-Deal hat das britische Pfund heute nochmals nach oben
klettern lassen – um 15 Uhr mitteleuropäischer Zeit war es allerdings wieder auf das
Niveau vor der Ankündigung zurückgefallen. Letzte Woche war die Währung angesichts der
neuen Spekulationen auf ein mögliches Austrittsabkommen gegenüber dem US-Dollar bereits
um rund 5% gestiegen. Im Vergleich zum Zeitpunkt des Brexit-Referendums im Juni 2016 ist
das Pfund jedoch mehr als 13% weniger wert. Bei mehreren Kennzahlen, etwa der
Kaufkraftparität oder dem Big-Mac-Index, ist es deutlich unterbewertet (geschätzt
um bis zu 20%). Falls das britische Parlament den Deal annimmt, könnte das Pfund
daher weiter steigen.
Letzte Woche war ein weiteres Phänomen zu beobachten: Der Abverkauf von britischen
Staatsanleihen, den Gilts. Mit einem Brexit-Deal würden Notfallmaßnahmen in Form von
Zinssenkungen durch die Bank of England weniger wahrscheinlich. Da die Rendite von
zehnjährigen Gilts zwischenzeitlich unter 50 Basispunkte gefallen ist, diskontiert
der Markt derartige Notfallmaßnahmen nicht mehr so stark wie bisher. Zehnjährige
Gilts liegen aktuell bei 0,7%.
Eine große Frage bleibt allerdings: Wird Boris Johnsons Deal dieses Wochenende vom
Parlament in London genehmigt? Ich habe diese Frage heute Nachmittag auf Twitter
gestellt, und die bisherigen Abstimmungsergebnisse deuten auf eine negative Antwort
hin. 64% der Befragten sagen das Britische Parlament würde den neuen Deal ablehnen
und nur 36% erwarten ein Zustimmung.
Die Abstimmung dürfte in der Tat sehr schwierig für den britischen Premierminister
werden, denn Johnson hat keine parlamentarische Mehrheit und sein Koalitionspartner,
die DUP, ist gegen die Vereinbarung. Viele der konservativen Abgeordneten, die Anfang
dieses Jahres aus der Partei ausgeschlossen wurden, werden wohl ebenfalls dagegen
stimmen. Wenn Johnson den Deal an diesem Wochenende jedoch nicht durchs Parlament
bringt, wird er es voraussichtlich auf ein "No-Deal"-Ergebnis anlegen, obwohl das
Parlament dies rechtlich schwierig gemacht hat. Für das Pfund Sterling brächte
dieses Szenario mehr Volatilität und ein gesteigertes Abwärtsrisiko.
Was bedeutet das nun für das Wirtschaftswachstum in Großbritannien? Nach eigenen
Zahlen der britischen Regierung würde diese Brexit-Version das BIP im Vergleich zu
den derzeitigen Rahmenbedingungen um 6,7% senken. Der Deal der früheren Premierministerin
May hätte eine Abschwächung der Wirtschafsleistung um 3,9% bedeutet. Damit könnten
höhere Staatsausgaben – und damit verstärkte Emissionen britischer Staatsanleihen –
erforderlich sein, um zukünftig ein tragfähiges Wirtschaftswachstum für Großbritannien
zu erzielen."
Quelle: Investmentfonds.de
|