Investmentfonds.de
23.04.2020:
OFI AM: Fed kauft Schrottanleihen - Marktverzerrung auf Zeit?
Köln, den 23.04.2020 (Investmentfonds.de) -
Jean-Marie Mercadal, Chef-Stratege bei OFI Asset Management
Während die Europäische Zentralbank Hochzinsanleihen
als Sicherheit von Banken akzeptiert, darf die
US-amerikanische Zentralbank nun über Exchange Traded
Funds (ETFs) hochverzinsliche Anleihen kaufen.
Jean-Marie Mercadal, Chef-Stratege bei OFI Asset
Management, sagt, dass damit Emittenten von
High-Yield-Anleihen gegenüber Emittenten von
Investment-Grade-Anleihen im Vorteil seien. Wenn eine
solche marktverzerrende Maßnahme zeitlich befristet sei,
solle man einen solchen Schritt besser pragmatisch als
ideologisch beurteilen:
"Aufgrund der Berechnungsmethode der Indizes, die den
jeweiligen ETFs zugrunde liegen, sind die am stärksten
verschuldeten Unternehmen am stärksten gewichtet. Und
diese profitieren von den Kaufprogrammen am meisten,
die sich bisher auf über 7 Milliarden Dollar beliefen.
Die Fed hat damit Neuland betreten. Eine solche
Intervention verzerrt einen von Natur aus illiquiden
Markt und damit den natürlichen Preisfestsetzungs-
mechanismus so sehr, dass Fondsmanager und Investoren
unterminiert werden könnten.
Der nächste Schritt wäre ein Aufkauf von Aktien.
Ein Beispiel: Die japanische Notenbank kauft seit
mehreren Jahren Aktien, auch über ETFs, um die Wirtschaft
anzukurbeln und die Deflation zu bekämpfen. Ihr wird
jedoch vorgeworfen, die natürlichen Marktmechanismen zu
verzerren und "Zombie-Unternehmen" am Leben zu halten,
die es ansonsten nicht mehr gäbe.
Die Grenze zwischen natürlichen Marktmechanismen und
staatlichen Eingriffen ist also zu einer durchlässigen
Grenze geworden. Trotzdem ist Pragmatismus angebracht.
Wenn sich die Wirtschaft irgendwann erholt, wird es an
den Regierungen liegen, sich zurückzuziehen und die
Preisbildung wieder dem freien Markt zu überlassen.
Und dieser Schritt könnte durchaus attraktiv sein: Denn
der Präzedenzfall aus dem Jahr 2008 zeigt, dass
Zentralbanken und Regierungen aus der Krise "Geld" gemacht
haben: Die im Rahmen des "US Troubled Asset Relief Program"
gekauften Vermögenswerte wurden anschließend verkauft und
generierten insgesamt einen Kapitalgewinn. Gleiches gilt
für die Teilverstaatlichung von General Motors."
Quelle: Investmentfonds.de
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