Investmentfonds.de
09.06.2020:
M&G Investments: Erholung ja, aber nicht für alle
Köln, den 09.06.2020 (Investmentfonds.de) -
Stuart Canning, Multi-Asset-Spezialist bei M&G Investments
Nach dem Crash im März entwickeln sich manche Vermögenswerte vielversprechend
- andere kommen dagegen nicht aus dem Tal heraus. Stuart Canning, beleuchtet
die Hintergründe und erläutert, welche Schlüsse Multi-Asset-Investoren daraus
ziehen können:
"Wenn Anleger durch bestimmte Marktentwicklungen ihre langfristige Anlage-
strategie scheinbar aufgeben und sich stattdessen von Emotionen, Gerüchten oder
anderen kurzfristigen Verhaltensaspekten leiten lassen, nennen wir diese
Periode auch eine Markt-'Episode'. Während dieser gibt es bei einer Reihe von
auf den ersten Blick nicht miteinander verbundenen Anlageklassen sehr ähnliche
Kursrückgänge. So geschah es auch in der Corona-Krise. Diese Zeit ist für
Investoren sehr aufschlussreich, aber auch die darauffolgenden Entwicklungen,
wenn sich die Anspannung langsam wieder legt.
Nach dem Crash trennt sich die Spreu vom Weizen
Fast alle Anlageklassen verloren im März an Wert - teilweise massiv. Einige
Werte sind mittlerweile wieder auf ihr Vorkrisenniveau zurückgekehrt. Dazu
gehören unter den Schwellenländeranleihen Staatstitel aus Südafrika: Innerhalb
von nur zwei Monaten sprang ihre Rendite von knapp 9,5 auf fast 13 Prozent und
wieder zurück. Nur zum Teil lässt sich diese Erholung mit einer Senkung der
Leitzinsen oder der Intervention der Zentralbank erklären. Vielmehr deutet sie
darauf hin, dass bestimmte liquide Schwellenländer-Assets zur ersten
Anlaufstelle werden, wenn Anleger vor der Volatilität fliehen.
Die Entwicklung in Brasilien steht für das Gegenteil Südafrikas: Nach der
Abwertung gegenüber dem US-Dollar Mitte März fiel der brasilianische Real weiter
ab. Dafür sind daher wohl eher tieferliegende landesspezifische Gründe
verantwortlich.
Aktien von Unternehmen aus der weltweiten Gesundheitsbranche gaben ebenfalls
zunächst nach. Das Wiedererstarken von Pharma- und Health-Care-Titeln lag an
ihrer offensichtlichen Position als Gewinner der Pandemie, sowie an der
Anlegerpräferenz für traditionelle sichere Häfen. Die Kursentwicklung der
kalifornischen Firma DexCom, die Glukosekontrollgeräte herstellt und so weltweit
Diabetes bekämpft, ist ein gutes Beispiel dafür: Die Aktienrendite stieg in
einem Jahr um 85 Prozent. Auch Technologiewerte haben wieder aufgeholt, und zwar
nicht nur in den USA, sondern beispielsweise auch in Korea. Für diese Titel
spricht ihre globale Reichweite ebenso wie die Tatsache, dass für den Bau oder
den Vertrieb ihrer Produkte nur eine geringe oder gar keine physische Präsenz
erforderlich ist. So profitiert Wix.com, ein israelischer Anbieter von
cloudbasierten Website-Entwicklungen, auch davon, dass Home-Office-Lösungen
deutlich zunehmen werden. Die Aktienrendite nahm seit Mai 2019 um 76 Prozent zu.
Die Erholung von Bitcoin wirft die Frage auf, welche Rolle die Kryptowährung in
einer Welt nach dem Lockdown beim Kampf gegen die globale Inflation spielen wird.
Schwächen bleiben auch nach der Krise erhalten
Bei US-Staatsanleihen gingen die Renditen nach dem Absturz nicht auf das Niveau
vor Februar zurück, sondern blieben niedrig. Der Wunsch nach Sicherheit in
volatilen Zeiten führte nicht zu steigenden Kursen. Ein solches Verhaltensmuster
konnten wir über die letzten Jahrzehnte häufig beobachten: Nach einem
periodischen Ansturm auf sichere Häfen bleibt es letztlich bei den alten
Ertragserwartungen. Was bedeutet das? Trotz der Erholung auf den Aktienmärkten
ist Vorsicht angesagt. Wir glauben, dass die jüngste Renditestabilität die
Erwartung widerspiegelt, dass sich die lockere Geldpolitik bei geringen Inflations-
sorgen fortsetzt.
Der Blick auf Bankaktien zeigt ebenfalls, dass die jüngsten Marktbewegungen
nicht mit Optimismus verwechselt werden sollten. Hier gibt es keine Anzeichen
für eine Erholung. Zwar werden sich wirtschaftspolitische Änderungen auch auf
diese Papiere positiv auswirken, aber besonders wegen der zyklischen Dynamik
überwiegt doch der Pessimismus. Ein Beispiel: Die Aktienrendite der Bank of
Ireland lag auf Jahressicht Ende Mai noch bei minus 67 Prozent.
Rohstoffe erholen sich bei verhaltensbedingten Kursbewegungen grundsätzlich
weniger schnell als andere Vermögenswerte. Brent-Rohöl zum Beispiel litt zwar im
April nicht im gleichen Ausmaß unter den Verwerfungen wie andere. Sein Preis
liegt aber immer noch deutlich unter Vorkrisenniveau. Das liegt an der
besonderen Konstellation am Ölmarkt, durch die es weiterhin zu heftigen Preis-
schwankungen kommen kann. Auch Dienstleister in diesem Bereich sind betroffen -
wie die multinationale TechnipFMC mit Sitz in London. Seit Mai 2019 sank deren
Aktienrendite um 66 Prozent.
Die Nachwirkungen der aktuellen, alle Assetklassen umfassenden Episode können
Hinweise darauf geben, in welchem Umfang das Marktverhalten wieder stärker von
Fundamentaldaten geprägt sein wird. Noch sind wir weit von normal funktionie-
renden Märkten entfernt. Aber eins kristallisiert sich schon heraus:
Die Erholungschancen sind nicht für alle Vermögenswerte gleich. Anleger sollten
daher noch selektiver und taktischer vorgehen als bisher."
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Quelle: Investmentfonds.de
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