Investmentfonds.de
20.08.2020:
Das Ende von Huawei? Der Kampf der USA gegen die chinesische Hydra
Köln, den 20.08.2020 (Investmentfonds.de) -
Mike Kerley, Portfoliomanager im Asien-Pazifik-Aktien-Team
von Janus Henderson Investors
Im Schatten von Covid & Handelskrieg:
Ausblick für chinesische Unternehmen
Trotz der Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und China
bleibt das im Januar unterzeichnete Handelsabkommen der Phase 1
zwischen den beiden Ländern intakt. China kommt seiner Verpflichtung,
im Jahr 2020 US-Produkte im Wert von 200 Milliarden Dollar zu
importieren, zu einem guten Stück nicht nach, aber im Mittelpunkt
der Diskussion stehen die Auswirkungen des Coronavirus und einige
Verbesserungen in jüngster Zeit – zumindest für den Moment.
Aktuell steht das scharfe Vorgehen gegen chinesische Unternehmen
unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit im Mittelpunkt,
und das hat größere Auswirkungen für Investoren. Am Wochenende
verlängerten die USA ihr hartes Durchgreifen gegen Huawei und
zwangen die Verkäufer von Chips und Chipsätzen, eine Lizenz zu
erwerben, um Produkte jedweder Art, die in den USA hergestellte
Hardware oder Software verwenden, an Huawei verkaufen zu können.
Das schneidet effektiv die Lieferkette zu Huawei ab, da selbst Chips,
die in China von chinesischen Firmen hergestellt werden, auf in den
USA hergestellter Hardware basieren. Obwohl China in den letzten
Jahren große Bemühungen unternommen hat, autark zu werden, ist das
Land bei weitem nicht in der Lage, dieses Hindernis zu überwinden.
Das könnte in der Tat das Ende von Huawei bedeuten, wenn sich die
Dinge nicht ändern.
Für China und für Präsident Xi Jinpeng ist das ein schwerer Schlag.
Huawei galt als das Aushängeschild des "neuen" China und war das
Aushängeschild des 2015 von Xi angekündigten Projekts "Made in China
2025". In den USA erregte die Ankündigung des Projekts einige
Aufmerksamkeit, und obwohl die Chinesen seither die Bedeutung von
"Made in China 2025" herunterspielten, haben die in Washington
sitzenden China-Falken ein klares Bild von den Zielen des Vorhabens
vor Augen. Angesichts der Tatsache, dass chinesische Unternehmen
schnell wachsen und in einigen Schlüsselindustrien immer größere
Marktanteile erobern, ist es keine große Überraschung, dass
Maßnahmen ergriffen wurden, um das Tempo dieses Fortschritts zu
drosseln. Neben Huawei wurden auch gegen eine Reihe anderer
chinesischer Unternehmen Sanktionen verhängt, sei es mit Berufung
auf die nationale Sicherheit, Menschenrechtsverletzungen oder die
Einhaltung von Prüfungsvorschriften. Sie alle zielen darauf ab,
den unvermeidlichen Aufstieg chinesischer Unternehmen zu bremsen.
Es mag für Huawei keinen Weg zurück geben, und es mag nicht das
einzige Opfer des amerikanischen Kampfes gegen die chinesische
Hydra bleiben. Überraschend jedoch war die zurückhaltende Reaktion
Chinas. Abgesehen von Vorwürfen der Schikane gegen die USA, Sanktionen
gegen bestimmte US-Beamte, der Schließung eines US-Konsulats in
Chengdu und einigen "Wie Du mir, so ich Dir"-Zollerhöhungen war die
Reaktion verhalten. Vielleicht sehen die Chinesen dies als politische
Einmischung in die US-Wahl im November an und warten den Ausgang der
Wahl ab, um dann einen nachhaltigen Dialog mit dem Präsidenten - wer
immer es sein wird – aufzunehmen. Eine Provokation dieses Ausmaßes
muss ihre Geduld aber sehr strapazieren.
In technologischer Hinsicht hat China keinen Hebel, dafür sind die
USA sind in den Kernbereichen von Halbleitern, Hard- und Software viel
zu dominant. Jeder Versuch von Vergeltungsmaßnahmen wäre selbst-
zerstörerisch. Zwar haben große US-Anbieter wie Qualcomm, Micron,
Texas Instruments, IPG und AMD ein starkes China-Exposure. Aber sie
sind integraler Bestandteil der Technologie-Lieferkette, die China
in den vergangenen Jahren ausgebaut hat, um an der Wertschöpfungskette
in der Fertigung nach oben zu klettern und seine Abhängigkeit von
kostengünstiger und margenschwacher Produktion zu reduzieren.
Anders sieht es auf dem Verbrauchermarkt aus. US-Marken waren in
den letzten Jahren sehr erfolgreich beim Ausbau ihres Geschäfts
und beim Verkauf von Produkten an stets kauflustige chinesische
Verbraucher, bis zu dem Punkt, dass auf den Großraum China ein
immer größerer Prozentsatz des Umsatzes und der Gewinne, vor allem
aber ein noch größerer Prozentsatz des jährlichen Wachstums entfällt.
Apple erzielt etwa 17% seines Umsatzes in China, andere Marken wie
Nike, Starbucks, McDonalds, GM, Ford und Caterpillar ebenfalls im
Bereich bis zu 25%. Bisher gab es keine Anzeichen dafür, dass die
Nachfrage nach US-Waren durch die zunehmende Spannung zwischen den
beiden Ländern beeinträchtigt wird, und in den staatlich geförderten
Medien keinen Hinweis darauf, dass sich dies auf die Nachfrage nach
US-Marken auswirken könnte. Es gibt jedoch Präzedenzfälle aus den
Jahren 2012 mit Japan und 2017 mit Südkorea, in denen China
wirtschaftliche Vergeltung übte, die die Nachfrage nach japanischen
und koreanischen Marken erheblich beeinträchtigte.
Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt. Aber Xi wird nicht ewig
tatenlos zusehen, wie seine Schlüsselprojekte und -ziele von
US-Politikern demontiert werden. China war in den letzten zehn
Jahren für einen immer höheren Prozentsatz des weltweiten
BIP-Wachstums verantwortlich und wird es auch in den nächsten
zehn Jahren sein. Infolgedessen wird ein höheres verfügbares Einkommen
chinesischer Verbraucher einen höheren Konsum von ausländischen und
einheimischen Markenartikeln bedeuten, so dass diese Gruppe einen
großen Anteil am weltweiten Konsumwachstum hat. Amerikanische
Unternehmen wollen und müssen von diesem Wachstum profitieren, da
ihre Aktienkurse und Bewertungen davon abhängen. Es ist keine Karte,
die Xi ausspielen möchte, aber es ist eine entscheidende Karte, die
sicherlich nicht in Aktienkursen auf Rekordniveau eingepreist ist.
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Quelle: Investmentfonds.de
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