Investmentfonds.de
22.09.2021:
La Française AM: Das Ende der Ära Merkel - und was nun?
Köln, den 22.09.2021 (Investmentfonds.de) -
François Rimeu, Senior Strategist, La Française AM
Das Ende der Ära Merkel - und was nun?
Die deutsche Bundestagswahl findet Ende der Woche
(26. September) statt und wird das Ende der Ära
Merkel einläuten. Weniger als eine Woche vor der
Wahl deuten die letzten Meinungsumfragen darauf
hin, dass die Sozialdemokratische Partei (SPD)
etwa 25-26 % der Stimmen erhalten wird, die
Christlich-Demokratische Union (CDU)/
Christlich-Soziale Union (CSU) etwa 21-22 %,
die Grünen etwa 16 %, die Freie Demokratische
Partei (FDP) und die Alternative für Deutschland
(AfD) jeweils etwa 11 % und die Linke etwa 6-7 %.
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Folglich wird die nächste Regierung mit ziemlicher
Sicherheit eine Drei-Parteien-Koalition sein,
wobei das wahrscheinlichste Ergebnis lautet
(unter der Annahme, dass die CDU/CSU eine von der
SPD geführte Koalition nicht akzeptieren würde
und in dem Wissen, dass auch die SPD einer
Zusammenarbeit nicht positiv gegenüberstehen würde):
- Koalition aus SPD, Grünen und FDP (Ampel),
mit Olaf Scholz als Bundeskanzler
- Koalition aus SPD, Grünen und Linken
(Rot-Rot-Grün), mit Olaf Scholz als Bundeskanzler
- Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP (Jamaika),
mit Armin Laschet als Bundeskanzler
Der Ausgang der Bundestagswahl ist mit mehr als
50 % der Stimmen und einer immer noch beträchtlichen
Zahl von "Unentschlossenen" nach wie vor höchst
ungewiss, aber wenn man die aktuelle Situation
betrachtet, dürfte klar sein, dass die Grünen die
zweitstärkste Partei in der nächsten Regierung sein
werden - egal wie das Endergebnis lautet.
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Wie wirken sich die verschiedenen Szenarien auf
die Finanzmärkte aus?
Im "Jamaika"-Fall erwarten wir fast keine Veränderung.
Für die europäische Integration (und damit für die
Spreads der Peripherieländer) wäre es enttäuschend,
wenn eine Koalition unter Führung der CSU/CDU ohne
die "Krisenführerschaft" von Angela Merkel zustande käme.
Im "Ampel"-Szenario erwarten wir zumindest kurzfristig
leicht höhere deutsche Renditen und geringere Spreads
der Peripherieländer. Diese Koalition könnte zu einer
stärkeren europäischen Integration als bisher führen,
aber auch zu einer lockeren Finanzpolitik (Grüne) und
einer wirtschaftsfreundlichen Politik (FDP).
Das rot-rot-grüne Bündnis erscheint zwar nicht als
das wahrscheinlichste, aber die Grünen könnten sich
weigern, eine Koalition mit der FDP einzugehen, so
dass es nicht auszuschließen ist. Dies ist das Szenario
mit den wichtigsten potenziellen Auswirkungen auf die
Finanzmärkte. Die deutschen Renditen könnten nach oben
klettern und die Spreads der Peripherieländer könnten
sich erneut und deutlicher verengen. Dies könnte sich
auch positiv auf den Euro auswirken wiederum aufgrund
der integrationsfreundlichen Haltung einer solchen
Koalition (geringeres Risiko eines Auseinanderbrechens).
Aber wenn wir die Auswirkungen auf die europäischen
Zinsen einmal außer Acht lassen, ist das wichtigste
Ergebnis der deutschen Bundestagswahl, dass die Grünen
in jeder Koalition vertreten sind und daher eine sehr
wichtige Rolle in der künftigen Regierung spielen
werden, was verschiedene Folgen haben könnte:
- Die Grünen werden eher eine Gegenposition zu
Russland und China einnehmen.
So sind die Grünen beispielsweise gegen die umstrittene
NordStream2-Pipeline, die von Russland durch die Ostsee
verlaufen soll und die Merkels Regierung immer noch
verteidigt. Sie haben offen ihre Unterstützung für
oppositionelle Gruppen in Russland, China und
Weißrussland bekundet. Vor dem Hintergrund rasch
steigender Energiepreise in Europa und der
"Deglobalisierung" könnte diese politische Haltung
mittelfristig zu neuen Spannungen bei den Gaspreisen
führen, was sich positiv auf die Inflation auswirken
würde. Sie könnten die EU auch dazu drängen, gegenüber
Ländern wie Ungarn oder Polen in Bezug auf die
Unabhängigkeit der Justiz, die Gleichstellung der
Geschlechter oder eine europäische "Rechtsstaatlichkeit"
energischer aufzutreten. In ähnlicher Weise könnten sie
gegenüber China einen harten Kurs bei den Menschenrechten
einschlagen.
- Sie könnten sich auch für umfangreiche Investitionen
in erneuerbare Energien einsetzen. Diese sind dringend
erforderlich, da Deutschland stark von fossilen
Brennstoffen abhängig ist. Sie haben angekündigt, dass
sie den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft mit
100 % erneuerbaren Energien bis 2035 sicherstellen wollen.
Außerdem sollen E-Autos bis 2030 Verbrennungsautos ersetzen.
Alle diese Maßnahmen wirken sich positiv auf das Wachstum
und die Inflation aus, erfordern aber sowohl umfangreiche
Investitionen als auch eine sehr lockere Finanzpolitik.
Der letzte Aspekt, der hervorzuheben ist, und vielleicht
die wichtigste Frage für die kommenden Monate: Wie wird
die nächste Bundesregierung in der Lage sein, eine sehr
lockere Politik (mehr Ausgaben, mehr Haushaltsdefizit)
angesichts der derzeitigen Position von SPD, FDP und
CSU/CDU zu verfassungsrechtlichen Grenzen zu verfolgen?
Sie könnten eine Änderung des Grundgesetzes durch
technische Maßnahmen wie die Änderung der Formel zur
Berechnung des antizyklischen Puffers oder die vorzeitige
Auszahlung der Sonderrücklagen vermeiden. Irgendwann
werden sie jedoch die deutsche "Schuldenbremse" ernsthaft
in Frage stellen müssen. Diese Diskussion könnte sich als
sehr wichtig für die Zukunft Europas erweisen.
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Quelle: Investmentfonds.de
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