Investmentfonds.de
18.11.2021:
Starcapital: Elektromobilität und Windkraft lassen Rohstoffpreise und Abhängigkeiten steigen
Köln, den 18.11.2021 (Investmentfonds.de) -
Dr. Manfred Schlumberger, Leiter Portfoliomanagement
bei Starcapital
Elektromobilität und Windkraft lassen Rohstoffpreise
und Abhängigkeiten steigen
Das nachhaltige Rohstoff-Dilemma
Das Klimaziel der EU sieht vor, bis 2050 CO2-neutral zu werden.
Hierfür ist ein gewaltiger Ausbau der erneuerbaren Energien
notwendig. Die erforderliche Produktion von Windrädern,
Elektroautos und Solaranlagen wird die Nachfrage nach einer
Vielzahl von Rohstoffen, insbesondere sog. "grünen" Metallen,
in den nächsten Jahren explodieren lassen. Diese Rohstoffe
müssen verbunden mit enormen Kosten und Umweltschäden aus
dem Boden geholt werden. Während der regulatorische Druck
zu mehr ESG-Konformität hohe Geldsummen in den Ausbau der
erneuerbaren Energien lenkt, stehen die Minenbetreiber
dagegen unter dem Druck der Investoren, einen "nachhaltigen"
Abbau der Rohstoffe zu betreiben:
Ein schier unlösbares Dilemma!
Mit Sicherheit kann man heute nur sagen, dass die Energiewende
die Preise für Metalle wie Kupfer, Nickel, Kobalt, Lithium
oder seltenen Erden unter heftigen Schwankungen, aber
nachhaltig und langfristig steigen lassen wird.
Der Rohstoffbedarf von Elektroautos und Windrädern
Ein Elektroauto benötigt zwischen 150 und 250 Kilogramm der
mineralischen Rohstoffe wie Kupfer, Nickel, Graphit, aber
auch Mangan, Lithium und Kobalt. Die Menge an Kupfer, die
in batteriebetriebenen E-Autos verbaut wird, ist siebenmal
höher als die Menge, die für einen Verbrenner benötigt wird.
Aktuell steht die Elektromobilität für weniger als 2% der
globalen Kupfernachfrage. Bis 2030 wird sich der Bedarf
verdoppeln und der Anteil auf über 10% ansteigen. Der
Kupferabbau findet primär in ärmeren Regionen der Erde
statt, insbesondere in Afrika und Lateinamerika. Hierfür
sind enorme Mengen an Strom und Wasser erforderlich. Der
Abbau von Kupfer hinterlässt bisher stets eine nachhaltig
zerstörte Natur.
Windräder brauchen neben Kupfer noch Stahl, Zement, Zink
und Aluminium. Eine einzige Windkraftanlage verschlingt
fast 70 Tonnen Kupfer. Zur Gewinnung dieser Menge an Kupfer
sind Erdbewegungen von rund 50.000 Tonnen notwendig. Ein
Elektroauto wie der Tesla Modell S verbraucht so viel
Lithium wie 10.000 Handys. Der Bedarf an dem Batteriemetall
Lithium soll sich bis 2040 mit dem Faktor 42 vervielfachen.
Die Abhängigkeit von einigen Rohstoffländern
Rund die Hälfte des globalen Rohstoffbedarfs entfällt auf
China. Bei einer Reihe von Metallen wie Lithium oder den
seltenen Erden ist China das größte Förderland. Die meisten
Rohstoffe muss es jedoch importieren. Hierzu hat China in
den letzten Jahrzehnten systematisch Kreditverträge mit
wichtigen Rohstoffländern in Afrika und Lateinamerika
abgeschlossen und sich damit den Zugriff auf deren
Rohstoffe gesichert, während der Westen Milliarden in
sinnlosen Kriegen im Nahen und Fernen Osten verpulvert hat.
Deutschland könnte einen erheblichen Teil seines
Metallbedarfs im eigenen Land decken: Undenkbar aber für
den Großteil der "grünbewegten" Bevölkerung! Schließlich
haben wir schon genügend Windräder in der Landschaft
herumstehen und wollen die Natur in Deutschland nicht
noch weiter verschandeln. Ähnlich schizophren ist unser
Verhältnis zur Stromproduktion. Die letzten Atomkraftwerke
schalten wir in Kürze ab und auch unsere größten
CO2-Schleudern, nämlich unsere Kohlekraftwerke, wollen wir
aus guten Gründen zeitnah stilllegen. Wo soll dann der
Strom herkommen? Der Ausbau der Erneuerbaren mit allen
ihren beschriebenen negativen Umwelteffekten stockt und
wir benötigen für die sonnen- und windarmen Zeiten mehr
Erdgas wie jemals zuvor. Dies zwingt uns in eine noch
größere Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen.
Zu allem Überfluss möchte ein Teil der künftigen
Regierungskoalition aus moralischen Gründen "Nordstream2"
nicht in Betrieb nehmen. Dummerweise sitzt nicht Putin,
sondern wir selbst auf dem Ast, den manche Politikerinnen
absägen wollen.
Das Dilemma der Minen- und Ölkonzerne
Nach der "Lockdown"-Phase der Pandemie steigt weltweit
die Energienachfrage. In ihrer Verzweiflung muss die
chinesische Führung nicht nur temporär immer wieder den
Strom abstellen, sondern auch die Kohleförderung im
eigenen Land massiv hochfahren und auf dem Weltmarkt
fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kohle aufkaufen.
Entsprechend sind die Preise für diese "schmutzigen"
Energieträger kräftig gestiegen. Während in den letzten
Jahren die US-Frackingindustrie bei steigenden Ölpreisen
ihre Produktion massiv hochgefahren hat, fällt diese
Reaktion heute deutlich schwächer aus.
Die Frackingunternehmen stehen unter erheblichem Druck
von Investoren und der Regierung, ihre unbestritten
umweltschädliche Ölgewinnung zugunsten alternativer
Energien zu drosseln. Gleichzeitig weiß die OPEC
(+ Russland) ihre neu gewonnene Marktmacht durch
größere Förderdisziplin zu nutzen. Folgerichtig steigt
der Ölpreis.
In dem oben beschriebenen Dilemma zwischen steigender
Nachfrage und dem Druck zur Angebotsverknappung befinden
sich alle Energie- und Minenkonzerne. Sie können und
wollen ihre Produktion nicht wie in der Vergangenheit
bei steigenden Preisen schnell hochfahren
("Schweinezyklus"). Stattdessen drosseln sie ihre
Investitionen und leiten einen Teil davon in Projekte
für erneuerbare Energien um. Ihren Cash Flow schütten
sie lieber in Form von Dividenden oder Rückkäufen an
die Aktionäre aus.
Dieses strukturelle Ungleichgewicht zwischen Angebot
und Nachfrage lässt die Preise für Energie und die
grünen Metalle langfristig weiter steigen oder zumindest
auf einem hohen Niveau verharren. In den letzten Monaten
haben wir bei einigen Rohstoffen heftige Korrekturen
gesehen. Verantwortlich hierfür waren teilweise
spekulationsgetriebene Exzesse, andererseits die
Erwartung sinkender Nachfrage aus China infolge der dort
zu erwartenden weiteren konjunkturellen Abschwächung.
Solche Nachfrageschwankungen werden auch in Zukunft zu
entsprechender Volatilität bei den Rohstoffpreisen führen,
ohne jedoch an dem strukturellen Angebotsdefizit etwas
zu ändern.
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Quelle: Investmentfonds.de
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