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10.03.2022:
Lombard Odier IM | Rohstoffschock könnte Rückgang des Energieverbrauchs und der Gewinne auslösen
Köln, den 10.03.2022 (Investmentfonds.de) -
Aurèle Storno, Chief Investment Officer Multi Asset bei
Lombard Odier Investment Managers (LOIM)
Rohstoffschock könnte Rückgang des Energieverbrauchs und der Gewinne auslösen
Die Rohstoffpreise sind seit einiger Zeit gestiegen, da die Nachfrage
unverändert hoch ist. Aktuell treten wieder angebotsseitige Beschränkungen auf.
Dies hat sowohl ein Risiko für den Energieverbrauch durch die Haushalte zur
Folge als auch für die Gewinne. Die Positionen der Zentralbanken stehen deshalb
zur Debatte.
In den letzten 12 Monaten hat sich vor allem Öl rasant entwickelt, was sich dann auf
den gesamten Energiekomplex übertragen hat. Abbildung 1 zeigt die relative
Entwicklung des Ölpreises im Vergleich zu einem grundlegenden Bewertungsindikator,
der die Produktionskosten, die industrielle Nachfrage nach Öl und die Ölvorräte
umfasst. All diese Faktoren zusammengenommen legen einen "fairen" Preis von etwa
61 $ pro Barrel nahe, wobei die 60 Millionen Barrel an freigegebenen strategischen
Reserven berücksichtigt werden. Alle diese Faktoren weisen nach oben:
Die Produktionskosten steigen bei steigender Nachfrage, die Lagerbestände gehen
deutlich zurück, während die Industrieproduktion ein robustes Wachstum verzeichnet.
Da die einmonatigen Future-Kontrakte für WTI um 110+ USD gehandelt werden, legt das
Modell eine Überbewertung von etwa 75 % nahe. Über den genauen fairen Wert kann man
zwar noch lange diskutieren, aber was die Grafik verdeutlicht - und das ist das
Wichtigste - ist, dass eine Rezession folgt, wenn diese Überbewertung über einen
ausreichend langen Zeitraum mehr als 50 % beträgt.
Abbildung 1. Fundamentale Überbewertung der Ölpreise (WTI) im Hinblick auf
Produktionskosten, Nachfrage und Lagerbestände
Lesehinweis: grau schattierte Bereiche stehen für US-Rezessionen
Quelle: Bloomberg, LOIM
Extrem schneller und starker Anstieg der Rohstoffe
Die jüngste Beschleunigung der Ölpreise kam allerdings nicht allein. Abbildung 2
zeigt die mediane Preisentwicklung aller im BCOM-Index enthaltenen Rohstoffe im
Jahresvergleich. Aus diesen weltweit am meisten gehandelten Rohstoffen haben sich
in letzter Zeit zwei Schlüsselbotschaften herauskristallisiert. Erstens: Innerhalb
eines Jahres beträgt der mediane Preisanstieg bei Rohstoffen +116 %. In den letzten
30 Jahren haben wir noch nie einen so starken und schnellen Anstieg beobachtet:
50 % der Rohstoffe im Index sind stärker gestiegen als dieser Wert. Die zweite
Meldung ist vielleicht noch beunruhigender: Von den 23 Rohstoff-Futures im Index
sind 73 % in den letzten sechs Monaten gestiegen, und diese Zahl ist in letzter
Zeit noch weiter gestiegen. Seit 1991 haben wir noch nie einen so breiten und
schnellen Anstieg der Rohstoffpreise gesehen. Dies könnte zwei wichtige Folgen haben:
Die jüngste Beschleunigung der Energiepreise könnte der Inflation von 5 % in Europa
etwa 150 Basispunkte hinzufügen. Zweitens könnte der Anstieg der Rohstoffpreise um
mehr als 110 % innerhalb eines Jahres etwa 1,5 % des globalen BIP-Wachstums im
kommenden Jahr zunichte machen. Kurz gesagt: Das Szenario einer "Stagflation" hat in
den letzten zwei Wochen an Wahrscheinlichkeit gewonnen.
Abbildung 2. Mittlere Jahresrendite der BCOM-Komponenten (links) und Prozentsatz
der steigenden Komponenten im BCOM-Index (rechts)
Quelle: Bloomberg, LOIM
Position der Zentralbanken stehen zur Debatte
Wie geht es weiter? Der Anstieg der Rohstoffpreise stellt eine neue Bedrohung für
die Märkte dar: Bisher waren die kriegerischen Zentralbanken eine Gefahr für die
Zinssätze. Nun könnte der Anstieg der Rohstoffpreise den Konsum und die Gewinne in
den kommenden Monaten unter Druck setzen - wenn die Preise so hoch bleiben. Der
"vorübergehende" Charakter des Schocks wird wieder einmal entscheidend sein, um die
endgültigen Auswirkungen auf die Märkte zu bewerten. Ein zweites Element könnte die
Dinge wieder ins Gleichgewicht bringen: eine deutliche Reaktion der Zentralbanken,
die anerkennt, dass wir es mit einem Angebots- und nicht mehr mit einem
Nachfrageschock zu tun haben. In diesem Fall könnten eine weniger "hawkishe" Haltung
der Fed und eine Verschiebung des Zinserhöhungsprogramms der EZB dazu beitragen, die
Märkte zu stabilisieren. Andernfalls könnte das Risiko eines Marktabschwungs größer
sein als ursprünglich erwartet und Cash könnte wieder einmal König sein, da die
Diversifizierung unter Druck geraten könnte.
Vereinfacht gesagt könnte der durch die Rohstoffe ausgelöste Schock einen Rückgang
des Konsums und der Gewinne auslösen und damit die derzeitige Position der
Zentralbanken in Frage stellen.
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Quelle: Investmentfonds.de
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