Investmentfonds.de
05.04.2022:
LOIM | Schweizer Franken als Safe Haven
Köln, den 05.04.2022 (Investmentfonds.de) -
Markus Thöny, Head of Swiss Fixed Income bei Lombard Odier
Investment Managers (LOIM)
Schweizer Franken als Safe Haven: Nationalbank kämpft gegen Überbewertung
Gefahr für die Schweiz? Das Stagflationsrisiko nimmt zu
Die anhaltende Inflation in Verbindung mit Rezessionsängsten hat die
Befürchtungen einer globalen Stagflation angefacht. Die Weltwirtschaft
sieht sich mit coronabedingten Versorgungsproblemen, einem Krieg in der
Ukraine, einhergehend mit der Beeinträchtigung der Weizenproduktion,
höheren Lebensmittelpreisen, steigenden Metall- und Rohstoffpreisen und
einem Energiepreisschock konfrontiert. Wird dieses Konglomerat an
schlechten Nachrichten das Wachstum verringern und eine Stagflation
auslösen? Dass die ohnehin schon hohe Inflationsrate weiter zunimmt,
lässt sich auch auf zwei Ereignisse zurückführen. Zum einen die
Erschütterungen, die durch die Covid-Krise ausgelöst wurden: Sie betrafen
in erster Linie die Lieferketten, beinhalteten aber auch eine Steigerung
der Nachfrage infolge massiver staatlicher Anreize. Der Angriff Russlands
auf die Ukraine hat den Inflationsdruck weiter verschärft und zu höheren
Lebensmittel-, Energie- und Rohstoffpreisen geführt, während die
Handelssanktionen den anhaltenden Druck auf die Lieferketten verstärken.
Die Schweizer Wirtschaft erwies sich immun gegen den ersten, durch Covid
ausgelösten Schock. Beginnt aber nun, dem globalen Muster steigender Preise
zu folgen. So steigt die Gesamtinflation des Schweizer Verbraucherpreisindex
an. Für SNB-Verhältnisse so hoch, dass die Preise über der Definition der
Bank von Preisstabilität liegen.
Krisenwährung Schweizer Franken
Stimmungsschwankungen und Risikoaversion aufgrund geopolitischer Risiken haben
zu Käufen von Safe-Haven-Währungen in der Schweiz geführt und den Franken an
den Devisenmärkten erheblich gestärkt. Bei einer fortgesetzten Eskalation des
Krieges könnte es zu weiteren Käufen des Franken als Safe-Haven-Währung geben.
Das zentrale, wahrscheinlichere Szenario ist, dass sich der Konflikt zwischen
Russland und der Ukraine auf lokaler Ebene dauerhaft hinzieht, ohne dass es zu
weiteren größeren wirtschaftlichen Störungen auf globaler Ebene kommt. Die
Verbindung zwischen dem starken Franken und der Inflation ist signifikant. Ein
Großteil der Schweizer Inflation wird importiert, was bedeutet, dass die
Aufwertung der Währung die Auswirkungen des weltweiten Preisanstiegs in der
Schweiz in den kommenden Monaten mildern dürfte. Die Verhinderung einer
Überbewertung des Frankens ist ein zentrales Anliegen der SNB-Politik.
Parität als Wachstumsbremse
Anfang März hat der Schweizer Franken die Parität gegenüber dem Euro durchbrochen.
Das dämpft zwar den Inflationsdruck, wirkt sich aber auch auf die Wachstums-
aussichten der Schweiz aus. Schließlich veranlasst eine schwankende Währung die
Unternehmen, sich bei Investitionen und F&E zurückzuhalten, was wiederum das
Wachstum beeinträchtigt. Der Markt ist optimistisch, dass die Zuflüsse in den
Franken mit der Dauer des Konflikts abebben werden, was zu der Annahme führen
könnte, dass der Bruch der Parität eine einmalige Sache war. Es deuten sich jedoch
weitere hohe Bewertungen des Franken an, so dass In Zukunft die Parität durchaus
wieder durchbrochen werden dürfte. In Anbetracht der auffälligen Währungs-
schwankungen ist auch der große Unterschied zwischen dem nominalen und dem realen
Wechselkurs zu beachten, wie in Abbildung 1 dargestellt. Der nominale Wechselkurs
hat sich erhöht, um die Divergenz der Inflation widerzuspiegeln. Im Gegensatz
dazu ist der reale Wechselkurs (der von Inflationsunterschieden unabhängig ist)
deutlich stabiler geblieben.
Abbildung 1: Nominaler vs. realer effektiver CHF-Wechselkurs
Wenig wirtschaftliche Verbindungen zu den Konfliktparteien
Die Handelsverflechtungen der Schweizer Wirtschaft mit Russland und der Ukraine
könnten durch die derzeitige Krise beeinträchtigt werden. Die potenziellen
Auswirkungen dürften, wenn überhaupt, einen langfristigen Effekt haben, da die
betroffenen Wirtschaften nicht stark miteinander verwoben sind. Der gesamte
Handel mit Russland und der Ukraine macht weniger als 1% des Schweizer BIP aus.
Deswegen gehen wir nicht davon aus, dass sich die Handelssanktionen speziell auf
die Schweizer Wirtschaft auswirken werden, auch wenn der bereits erwähnte
Inflationsdruck durch Rohstoffe und Energie weiter besteht.
SNB hebt Prognosen an
Auf ihrer März-Sitzung beschloss die SNB, im Gegensatz zu EZB und Fed, die
expansive Geldpolitik beizubehalten. Gleichzeitig warnt sie vor der anhaltend
hohen Bewertung des Frankens und erklärte, sie werde die Entwicklungen an den
Hypothekenmärkten weiterhin beobachten.
Dennoch haben sich auch einige Dinge geändert. Erstens toleriert die SNB einen
stärkeren nominalen Wechselkurs und scheint weniger an den Devisenmärkten zu
intervenieren, um den Franken zu schwächen. Zweitens akzeptiert die SNB derzeit
eine Inflation, die über ihrer eigenen Definition der Preisstabilität von 2 %
liegt. In der Tat hat die SNB ihre Inflationsprognosen deutlich erhöht und geht
davon aus, dass die Inflation in diesem Jahr einen Höchststand von knapp über
2 % erreicht, bevor sie in den Jahren 2023 und 2024 wieder zurückgeht. Die
aktuelle Prognose ist etwa dreimal so hoch wie die Vorhersage der Bank vom Juni
2020, die für 2022 einen VPI von 0,2 % vorsah, wie in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: SWISS VPI: aktuell und SNB-Prognose
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Quelle: Investmentfonds.de
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