Investmentfonds.de
23.05.2022:
DNB AM | Inflation ist nicht das Hauptproblem der Zentralbanken
Köln, den 23.05.2022 (Investmentfonds.de) -
Svein Aage Aanes, Head of Fixed Income, DNB Asset Management
Inflation ist nicht das Hauptproblem der Zentralbanken
"Die Inflation wird bald, wenn nicht schon geschehen, ihren
Höchststand erreichen und dann wieder sukzessive abflachen.
Leider ist dies nicht das Hauptproblem für die Zentralbanken,
sondern eher die Tatsache, dass die Lohnentwicklung auf den
angespannten Arbeitsmärkten deutlich zugenommen hat. Dies ist
insofern Anlass zur Sorge, als es letztlich die Lohnentwicklung
ist, die im Laufe der Zeit zu einer anhaltenden Inflation
führen kann. Die Zentralbanken müssen somit die Lohnentwicklung
unter Kontrolle bekommen, um die Verankerung der Inflations-
erwartungen zu stützen. Die Zinssätze werden zur Inflations-
bekämpfung und zur Stabilisierung der Inflationserwartungen
so weit angehoben werden wie letztendlich nötig.
Ein Blick auf die letzten 25 Jahre zeigt, dass die Inflation in
den USA und Europa gering und dabei recht stabil war. Dies kann
man als großen Erfolg der Geldpolitik und des Zentralbankwesens
der letzten Jahrzehnte verbuchen. In den 1990er Jahren glaubten
nur wenige, dass die Zentralbanken in der Lage sein würden, die
Inflation einzudämmen, so dass die Preise von Vermögenswerten
(z. B. 10-Jahres-Zinsen) vermutlich eine erhebliche Inflations-
risikoprämie enthielten. Mit zunehmender Glaubwürdigkeit der
Zentralbanken ist diese Inflationsrisikoprämie auf den Märkten
gesunken und die Verhandlungen über Löhne und Preise sind
dadurch leichter geworden. Die Zentralbanken werden sich hüten,
ihren guten Ruf aufs Spiel zu setzen, selbst wenn sie den
Volkswirtschaften damit kurzfristig Schaden zufügen sollten.
Vermutlich geht das Prozedere auch in Zukunft weiter, da die
Themen Geldpolitik und Makroökonomie naturgemäß ziemlich
ungenaue Angelegenheiten sind (um nicht zu sagen: eine
Wissenschaft). Es wird schwierig sein, "die Luft kontrolliert
aus dem Ballon zu lassen".
Dies führt uns zu dem Risiko einer Stagflation. Das Risiko
einer Stagflation im strengen technischen Sinne, d. h. einer
Rezession, die in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit
negativem Wachstum bei gleichzeitig hoher Inflation gemessen
wird, hat deutlich zugenommen. In einer Situation, in der die
Zentralbanken die Wirtschaftstätigkeit dämpfen und negative
Produktionslücken schaffen wollen, ist ein Stagflationsszenario
keineswegs unwahrscheinlich. Eine Stagflation im umgangs-
sprachlichen Sinne, d. h. eine längere Periode schwachen Wachstums
und hoher Inflation (man denke an die 1970er Jahre), ist
wesentlich unwahrscheinlicher, da ich davon ausgehe, dass die
Zentralbanken die Inflation erfolgreich bekämpfen werden.
Wie hoch die Zinssätze sein müssen, um die Ziele der Zentralbanken
zu erreichen, bleibt offen. Die Zentralbanken selbst wissen es
nicht, wie die rasche Kehrtwende der Fed im vergangenen Jahr
gezeigt hat. Sie sind in jedem Fall bereit, das Notwendige zu
veranlassen. Wenn die Fed die Zinsen auf 5 % anheben muss, wird
sie das tun. Aus meiner Sicht müsste ein Leitzins in der
Größenordnung von 2 bis 3 % ausreichen, da das Wirtschaftswachstum
bereits wieder anzieht. Aber wer weiß."
Ende der Nachricht
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (DNB AM).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (DNB AM)
Quelle: Investmentfonds.de
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