Investmentfonds.de
26.07.2022:
La Française: Wie können Klimarisiken gemessen und Länder bewertet werden?
Köln, den 26.07.2022 (Investmentfonds.de) -
Hervé Chatot, und Gaël Binot, Fixed Income Portfolio Manager,
ESG Spezialisten, La Française AM
Wie können Klimarisiken gemessen und Länder bewertet werden?
Um die Klimarisiken eines Landes zu messen und zu verstehen, müssen mehrere
Faktoren analysiert werden.
Wir glauben, dass Adaptation und Transition die beiden wichtigsten Aspekte
bei der Bewertung von Klimarisiken sind.
- Adaptation: von physischen Risiken zur Anpassungsfähigkeit
- Übergang: von der CO2-Wirtschaft zu grünen Chancen
Unser Ansatz zielt darauf ab, Länder zu identifizieren und zu favorisieren,
die dem Klimawandel standhalten und eine kohlenstoffarme Wirtschaft schaffen,
um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.[1]
ZWEI-SÄULEN-BEWERTUNGSMODELL
Unsere Analyse der Anpassungsfähigkeit basiert auf zwei Hauptfaktoren:
die Gefährdung eines Landes durch den Klimawandel und seiner Anpassungsfähigkeit.
Bei der Gefährdung eines Landes werden zwei Parameter berücksichtigt: die
Exposition des Landes gegenüber klimawandelbedingten Ereignissen und die Kosten
der Schäden (wirtschaftliche und menschliche Verluste). Die Exposition kann als
das Ausmaß definiert werden, in dem ein Land physischen Auswirkungen
(Temperaturanstieg, Anstieg des Meeresspiegels, Wasserknappheit usw.) ausgesetzt
ist, und kann mit der geografischen Lage des Landes zusammenhängen. Einige Länder
sind stärker von Überschwemmungen (Indien), Waldbränden (Australien), Stürmen
(USA) usw. betroffen.
Nachdem wir Gefährdung jedes Landes durch den Klimawandel ermittelt haben,
prüfen wir, ob das Land anpassungsfähig ist oder nicht.
Bei der Anpassungsfähigkeit berücksichtigt unsere Methodik drei Parameter:
die Effektivität der Governance, die soziale und wirtschaftliche Reife des Landes.
Wir glauben, dass Investoren mit zunehmendem Klimawandel verstärkt die
Anpassungsfähigkeit berücksichtigen müssen.
Interessant ist, dass einige einkommensstarke Länder, wie die USA, Japan und
Australien, sehr anfällig für den Klimawandel sind, aber über starke
Anpassungsfähigkeiten verfügen, die ihnen helfen, Klimarisiken abzumildern.
Unsere Analyse des Übergangsrisikos stützt sich auf zwei Hauptfaktoren: die
CO2-Wirtschaft und die umweltfreundlichen Möglichkeiten.
Die CO2-Wirtschaft umfasst zwei Parameter: Treibhausgasemissionen und die
Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Im Zuge des Übergangs zu einer
kohlenstoffarmen Wirtschaft müssen die Länder ihre THG-Emissionen drastisch
senken und ehrgeizigere klimapolitische Maßnahmen ergreifen, um die Ziele
des Pariser Abkommens zu erreichen. Das Erreichen von Netto-Null-Emissionen
bis 2050 erfordert eine Umstellung des globalen Energiemixes.
Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 um 50 % reduziert werden.
Der grüne Übergang erfordert eine Abkehr von fossilen Brennstoffen hin zu
erneuerbaren Energien. Die Länder müssen ihren Energiemix bei Produktion und
Verbrauch dekarbonisieren und diversifizieren. Fossile Brennstoffe machen
derzeit rund 83 % der gesamten weltweiten Primärenergieversorgung aus,
erneuerbare Energien nur 12 %. Will man ein „grünes Szenario“ erreichen, muss
der Anteil an erneuerbaren Energien bis 2050 auf 85 % steigen.[2]
Wir untersuchen die folgenden Indikatoren, um den CO2-Wirtschaftsfaktor zu
bewerten: Treibhausgasemissionen pro Kopf, Treibhausgasemissionen im Verhältnis
zum BIP, Einnahmen aus fossilen Brennstoffen und Anteil der fossilen Brennstoffe
an den Exporten und an der Primärenergieversorgung.
Folgerichtig haben die Länder, die sowohl bei den Einnahmen als auch beim
Verbrauch stark von fossilen Brennstoffen (Kohle, Öl, Gas) abhängig sind, die
höchste CO2-Intensität.
Die grünen Chancen werden anhand von zwei Parametern gemessen: erneuerbare
Energien und grüne Investitionen.
Der grüne Übergang bedeutet nicht nur eine erhebliche Verringerung der
Treibhausgasemissionen, sondern erfordert auch den massiven Einsatz neuer
Technologien wie der erneuerbaren Energien und einen massiven Investitionsfluss
in grüne Technologien bis 2030. Erneuerbare Energien, Elektrifizierung (Verkehr,
Gebäude, Industrie) und Energieeffizienz sind die wichtigsten Säulen der
Energiewende.
Die Energiewende erfordert große Investitionen in Infrastruktur und Technologie.
Trotz der unsicheren Entwicklung schätzt das BNEF, dass sich die jährlichen
Investitionen in saubere Energien auf etwa 3,1 bis 5,8 Billionen US-Dollar mehr
als verdreifachen müssen, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Dies
wird Millionen von Arbeitsplätzen schaffen und zu zusätzlichem Wirtschaftswachstum
beitragen, vor allem im Energiesektor.
Zuletzt berechnen wir den Übergangs-Score, der sich aus dem Durchschnitt der
Werte für die CO2-Wirtschaft und die grünen Investitionen zusammensetzt.
DEFINITION DER KOHLENSTOFFMATRIX
Die Kohlenstoffmatrix ermöglicht eine vergleichende Analyse verschiedener Länder,
ihrer Gefährdung durch Klimarisiken und ihrer Fähigkeit, Maßnahmen zur Minderung
des Klimarisikos zu ergreifen.
Die Werte der vertikalen Achse entsprechen dem Anpassungswert und die horizontale
Achse dem Übergangswert. Die Matrix ist in vier Quadranten unterteilt. Die
Quadrantenlinien entsprechen dem Median der Anpassungs- und Übergangswerte der
Grundgesamtheit.
Die Länder werden in Bezug auf die Klimarisiken und -chancen in 4 Gruppen
eingeteilt: Gewinner des Klimawandels, Überlebende, Außenseiter und Verlierer
- Gewinner des Klimawandels: Diese Länder weisen eine geringe Gefährdung
durch Klimarisiken auf. Sie sind für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen
Wirtschaft gut aufgestellt und verfügen über starke Anpassungsfähigkeiten.
Beispiel: Spanien, Schweden, Großbritannien, Chile, Costa Rica, Ungarn.
- "Überlebende" des Klimawandels: Diese Länder befinden sich im Übergang
zu einer grünen Wirtschaft, sind aber sehr anfällig für physische Risiken.
Sie müssen ihre Anpassungsfähigkeit erhöhen, um die negativen Auswirkungen
des Klimawandels (Katastrophenereignisse) abzuschwächen.
Beispiel: Brasilien, Mexiko, Dominikanische Republik, China, Indien.
- Außenseiter des Klimawandels: Diese Länder hinken bei der Energiewende
hinterher. Sie verfügen über die Kapazitäten und wirtschaftlichen Ressourcen
zur Anpassung, müssen aber dringend Maßnahmen ergreifen.
Beispiel: Australien, Kanada, Japan, Uruguay, Rumänien, Südafrika.
- Verlierer des Klimawandels: Diese Länder sind am stärksten durch
Klimarisiken gefährdet (d. h. niedrigste Werte für Übergang und Anpassung).
Sie haben ihre Energiewende noch nicht eingeleitet. Es sind dringende
Maßnahmen erforderlich, um den Klimawandel zu bekämpfen und den Übergang
zu einer grünen Wirtschaft zu schaffen.
Beispiel: Kuwait, Katar, Oman, Mosambik, Äthiopien, Pakistan.
Für Anleger, die eine Ausschlussstrategie für ihr Anlageuniversum anwenden
wollen, wäre der Ausschluss von Klimawandel-Verlierern angemessen.
SCHLUSSFOLGERUNG
Der Klimawandel wird zunehmend zu einer Priorität für Investoren.
Die auf zwei Säulen basierende Klima-Scoring-Methode ist ein Instrument für
Staatsanleihen-Investoren, die an der Energiewende teilhaben wollen, indem sie
in kohlenstoffarme Strategien investieren.
Unser Ansatz bietet für Staatsanleihen-Investoren eine zuverlässige Methodik
zur Quantifizierung länderspezifischer Klimarisiken. Die nüchterne
Kategorisierung in vier Untergruppen ermöglicht es Investoren, das Klimarisiko
ihrer Portfolios zu steuern.
Alle Länder unterscheiden sich in Bezug auf die Risiken und das Tempo des
Übergangs. Anleger müssen daher eine flexible Allokation zwischen den Gewinnern,
den Außenseitern und den Überlebenden des Klimawandels berücksichtigen, um ein
Portfolio aufzubauen, das den Klimarisiken standhält und für Länder
repräsentativ ist, die sich auf einem guten Weg zu einer kohlenstoffarmen
Wirtschaft befinden.
Auf diese Weise können Anleger die Kohlenstoffintensität ihrer Portfolios
verbessern (bessere Anpassungs- und Übergangswerte als eine Benchmark) und
Klimarisiken reduzieren.
[1] Wir erfassen insgesamt 180 Länder und bewerten 101 Industrie- und
Schwellenländer, die im J.P. Morgan GBI Global Index und im J.P. Morgan
EMBI Global Diversified Index enthalten sind, nach Klimarisiken und -chancen.
26 wichtige Key Performance Indicators, KPIs, werden in unserem
Bewertungsmodell berechnet. Die Daten werden von internationalen
Organisationen, Agenturen und Datenbanken gesammelt, die sich mit
nachhaltiger Entwicklung, Energie und Klimaanalysen beschäftigen.
Die Rohdaten werden dann von unserem hauseigenen Research-Team überprüft
und entsprechend angepasst. Alle KPIs werden normiert, um einen Wert auf
einer Skala von 0 bis 10 zu erhalten (0 ist der schlechteste Wert und
10 der beste).
Die 26 KPIs tragen zur Berechnung von zwei Gesamtwerten für jedes Land bei:
Adaptation und Übergang. Mit dieser Methode kann eindeutig beurteilt werden,
wie sich die Klimarisiken auf jedes Land auswirken.
[2] BloombergNEF - New Energy Outlook 2021, Juli 2021
Die Aussagen einer bestimmten Person geben deren
persönliche Einschätzung wieder (La Française).
Die zur Verfügung gestellten Informationen erheben
keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellen
keine Beratung dar (La Française)
Quelle: Investmentfonds.de
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