Investmentfonds.de
29.06.2004:
Commerzbank: Kurswechsel in der Geldpolitik
Köln, den 29.06.2004 (Investmentfonds.de) - Zur Jahresmitte befindet sich die
Wirtschaft in den Industrieländern weiter im Aufwind. In den Vereinigten Staaten
dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im zweiten Quartal erneut mit einer
laufenden Jahresrate von rund 4% gewachsen sein. Gleichzeitig haben sich die
Konjunkturaussichten weiter aufgehellt. Mit der Wende am US-Arbeitsmarkt ist das
Risiko einer nachhaltigen Abschwächung des Konsums, der wichtigsten Stütze der
US-Wirtschaft, deutlich gesunken. Per Saldo wurden in den ersten fünf Monaten
des Jahres 1,2 Mio neue Stellen geschaffen. Die hohe Investitionsdynamik spricht
für eine Fortsetzung dieser Entwicklung im weiteren Jahresverlauf.
Auch aus Japan kommen nach wie vor überraschend positive Konjunkturnachrichten.
Das Wachstum für das erste Vierteljahr wurde sogar noch leicht auf annualisiert
6% gegenüber Vorquartal nach oben revidiert. Im Euroraum ist man zwar von der-
artigen Zuwachsraten weit entfernt. Mit rund 2% liegt das Expansionstempo aller-
dings wieder im Bereich des Potenzialwachstums. Die Inlandsnachfrage erscheint
jedoch weiterhin sehr anfällig gegenüber exogenen Schocks. Immerhin hat der
private Verbrauch nach drei Quartalen der Stagnation in den ersten Monaten des
Jahres wieder kräftig zugelegt. Angesichts der noch ausstehenden Wende am
Arbeitsmarkt erscheint es aber verfrüht, von einer nachhaltigen Belebung des
Konsums zu sprechen.
Anziehende Verbraucherpreise
Mit der Belebung der globalen Nachfrage hat auch der Preisauftrieb wieder zu-
genommen. Stark angezogen haben vor allem die Notierungen für Rohstoffe. Für
die Verbraucher ist insbesondere die drastische Verteuerung von Rohöl spürbar.
Die deutlich gestiegenen Energiepreise haben die Teuerungsrate in den USA von
1,9% Ende 2003 auf 3,1% im Mai nach oben schnellen lassen. Im Euroraum erhöhte
sich die Rate von 2,0% auf 2,5%. Auch der Verbraucherpreisindex ohne Energie
und Nahrungsmittel ist diesseits und jenseits des Atlantiks zuletzt stärker
gestiegen.
Mit der Festigung des Aufschwungs und einem kräftigeren Preisauftrieb sind die
historisch sehr niedrigen Geldmarktzinsen kaum mehr zu rechtfertigen. Die ameri-
kanische Notenbank hat die Finanzmärkte bereits auf den unmittelbar bevorstehenden
Kurswechsel in der Geldpolitik vorbereitet. Strittig scheint nur noch das Ausmaß
der Zinserhöhungen. Die Volkswirte der Commerzbank erwarten auf Jahresicht eine
Anhebung der Fed Funds Rate um 225 Basispunkte auf 3,25%. Im Euroraum, wo die
Konjunktur im Zyklus noch hinterherhinkt und der Weg zu einem neutralen Geldmarkt-
zins kürzer ist als in den Vereinigten Staaten, wird die Straffung der Geldpolitik
etwas später und in geringerem Umfang erfolgen. Aber auch hier rechnen die Experten
noch in diesem Jahr mit einer ersten Zinsanhebung um 25 Basispunkte. In zwölf
Monaten erwarten sie den Mindestbietungssatz bei 2,75%.
Kapitalmarkt hat Zinserhöhungen schon „eingepreist“
An den Rentenmärkten ist ein Teil der zu erwartenden geldpolitischen Straffung
bereits eingepreist. Seit Jahresbeginn ist die Rendite zehnjähriger amerikanischer
Staatsanleihen um 50 Basispunkte auf 4 3/4% gestiegen. Auf Jahressicht wird eine
Rendite zehnjähriger US-Treasuries von 5 1/2% erwartet. Voraussetzung hierfür
ist, dass die Fed es bei einer maßvollen Zinswende belassen kann. Bei einem
stärkeren Bremsmanöver sind auch deutlich höhere Renditen möglich. Im Euroraum
werden die Kapitalmarktzinsen wie schon in den vergangenen Monaten den Vorgaben
aus den Vereinigten Staaten nur unterproportional folgen. Auf Sicht von zwölf
Monaten rechnen die Volkswirte mit einem Anstieg der Renditen zehnjähriger Bundes-
anleihen auf 4 3/4%.
Dollar profitiert vom Kurswechsel der Fed
In den letzten Wochen war der Dollar-Euro-Kurs vergleichsweise starken Schwankungen
unterworfen, ohne dass eine klare Tendenz zu erkennen war. Seit Mitte Mai bewegt
sich der Kurs des Euro in einer Bandbreite zwischen 1,18 und 1,24 Dollar. Die Ana-
lyse des Dollar-Euro-Kurses auf Basis von Tages- und Wochendaten legt nahe, dass
tendenziell immer noch ein gewisses Maß an Dollar-Pessimismus vorherrscht. Kurz-
fristig erscheint deswegen eine vorübergehende leichte Abwertung der US-Währung
möglich. Die Zinserhöhungen der Fed und die Ausweitung der Renditedifferenz am
Kapitalmarkt sollten aber mittelfristig Druck vom Dollar nehmen. Deshalb wird auf
Jahressicht ein Wiedererstarken des Dollar auf 1,15 Dollar je Euro erwartet.
Quelle: Investmentfonds.de
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