Ninety One: Reset eröffnet Chancen

Reset eröffnet Chancen
Für die meisten Anlageklassen war 2022 ein schwieriges Jahr. Gibt es Licht am Ende des Tunnels?
In den entwickelten Märkten ist es zum Reset der Bewertungen gekommen. Durch die Maßnahmen, mit denen sich die Zentralbanken gegen die Inflation stemmen, sind die Geldmarktzinsen und Anleihenrenditen gestiegen. Dadurch haben die Aktienkurse unter starkem Druck gestanden. Gleichzeitig sind die Unternehmensgewinne in den Industrieländern nach wie vor recht hoch und einigermaßen robust.
In Asien wurde die Marktschwäche durch eine schwache Ertragslage der Unternehmen und den Rückgang der Aktien-Multiples ausgelöst. Dazu kommt es, wenn die Aktienkurse schneller sinken als die Unternehmensgewinne. Grund dafür war die Straffung der Geldpolitik durch die chinesische Zentralbank – die People‘s Bank of China (PBoC) hat ihren Kurswechsel ein Jahr vor den Zentralbanken der Industrieländer eingeläutet.
Ob es für Industrieländeraktien Licht am Ende des Tunnels gibt, hängt davon ab, wie sich diesjährigen Straffungsmaßnahmen letztlich auf die Wirtschaft auswirken. Zinserhöhungen zeigen in der Regel mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf Monaten Wirkung. Alles in allem stehen die Chancen für eine weiche Landung in den Industrieländern unserer Ansicht nach schlecht. Aller Erfahrung nach folgt auf derart aggressive Zinserhöhungen in der Regel eine härtere Landung der Wirtschaft. In diesem Fall dürften die Unternehmensgewinne mit dem rückläufigen Wirtschaftswachstum sinken. Die Aktienkurse könnten stärker unter Druck geraten – vor allem, wenn die US-Notenbank (Fed) gleichzeitig an ihrer restriktiven Geldpolitik festhalten sollte, um die Inflation in Schach zu halten.
War ein Reset in bestimmten Anlageklassen nötig?
Ja. Durch die Liquiditätsspritzen, mit denen die Zentralbanken auf den Corona-Schock reagiert hatten, und die gleichzeitigen fiskalischen Stimulusmaßnahmen war es Anfang dieses Jahres zu einer deutlichen Kompression der Risiko- oder Effizienzkurve gekommen: Die Renditen von Staatsanleihen waren außergewöhnlich niedrig und die Aktien-Multiples sehr hoch. Dadurch waren die erwarteten Renditen über die gesamte Kurve hinweg niedriger. Effektiv haben wir uns also Renditen aus der Zukunft geliehen. Mit dem Anstieg der Anleihenrenditen und dem Rückgang der Aktien-Multiples kehrt die Risikoprämie an den Märkten jetzt wieder auf ein angemesseneres Niveau zurück
Was sind die wichtigsten Themen für 2023?
Angesichts des Tempos und Ausmaßes der Zinserhöhungszyklen in den Industrieländern rechnen wir mit einer deutlichen Wachstumsabschwächung. Eine Rezession halten wir jetzt in den nächsten sechs bis zwölf Monaten für sehr wahrscheinlich.
China hat eigene Herausforderungen zu bewältigen. Die asiatischen Märkte haben negativ auf die Verlängerung der chinesischen Null-Covid-Politik und die Machtkonsolidierung um Präsident Xi reagiert. Nach der letztjährigen Straffung ihrer Geldpolitik hat die chinesische Zentralbank die Zügel in diesem Jahr jedoch gelockert, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Die chinesische Regierung hat einen neuen Kreditzyklus eingeleitet, ergreift Maßnahmen zur Stabilisierung des Immobilienmarktes und hat sich bei der Regulierung zurückgehalten, um das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen. Wir glauben, dass sich die chinesische Wirtschaft im Jahr 2023 erholen wird.
Was die weiteren Implikationen für die Kapitalmärkte angeht, war 2022 vor allem von Kursverlusten für Aktien, höheren Anleihenrenditen und einem bemerkenswert starken Dollar geprägt. Im Zuge einer allgemeinen Wachstumsabschwächung dürften sich die Anleihenrenditen im Jahr 2023 wieder von ihren Höchstständen wegbewegen. In einigen peripheren Volkswirtschaften der entwickelten Welt ist dies unserer Ansicht nach im Ansatz bereits erkennbar. Wahrscheinlich werden die Aktienmärkte die Talsohle erreichen, wenn erkennbar ist, dass der Abschwung stattgefunden hat. Wir vermuten, dass der US-Dollar seinen Höhepunkt im nächsten Jahr überschreiten wird, wenn die Fed signalisiert, dass sich die Inflation in Richtung ihres Zielwerts bewegt.
Wo sehen Sie auf der Grundlage Ihres antizyklischen Ansatzes im Jahr 2023 attraktive Anlagemöglichkeiten und wie werden sich diese am besten erschließen lassen?
Einige Anlagechancen ergeben sich schon jetzt. Beispielsweise gehen wir über ausgewählte Staatsanleihen stärker ins Risiko. Wenn man sich auf eine Phase negativen Wachstums mit negativen Inflationsimpulsen zubewegt – womit wir in der ersten Hälfte des Jahres 2023 rechnen –, ist das normalerweise ein Signal, um über Staatsanleihen mehr Risiko zu fahren. Wir tun dies in Bereichen, die sensitiver auf höhere Zinsen reagieren. Einer der wichtigsten Bereiche weltweit sind die Wohnungsmärkte, wo in den vergangenen zehn Jahren ein erheblicher Schuldenaufbau stattgefunden hat. Dazu gehören unter anderem Australien, Kanada, Neuseeland, Südkorea und einige skandinavische Länder. Ihre Immobilienmärkte befinden sich aufgrund der höheren Zinsen bereits im Abschwung. Daher gehen wir in diesen Märkten long in Anleihen.
Sobald sich abzeichnet, dass die US-Wirtschaft an Dynamik verliert, werden wir unser Exposure in diesen Märkten erhöhen, da sie auch von den US-Staatsanleihenrenditen beeinflusst werden. Was die Devisenmärkte angeht, haben wir von unserer Long-Dollar-Ausrichtung profitiert. Wenn das Wachstum an Fahrt verlieren und sich ein Kurswechsel der Fed abzeichnen sollte, würden wir erhebliches Potenzial im japanischen Yen sehen, der in diesem Jahr stark unter Druck gestanden hat. Falls – vielleicht im weiteren Jahresverlauf 2023 – eine Konvergenz in der Geldpolitik erkennbar wird, wird der Yen eine herausragende Anlagechance darstellen. Ich denke, dass wir in den kommenden zwölf Monaten insgesamt stärker auf risikoreichere Anlagen setzen werden. Wenn sich die Kursentwicklung mit unserem Basisszenario eines schwächeren wirtschaftlichen Umfelds deckt, werden wir im nächsten Jahr daher vermutlich beträchtliche Summen in Risikoanlagen umschichten.
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