Marktkommentar Vontobel: Argentinische Märkte erneut im Panikmodus
Thierry Larose, Portfolio Manager für Emerging Market Bonds
* An den argentinischen Kapitalmärkten herrscht angesichts eines möglichen Comebacks von Cristina Fernandez de Kirchner Panik
* Eine Trendwende ist möglich, wenn es Präsident Macri gelingt, das Vertrauen der Bevölkerung wiederzugewinnen
* Die Inflation im Land ist eher ein politisches als ein fiskalisches oder monetäres Problem
* Das Chancen-Risiko-Profil Argentiniens bleibt weiterhin attraktiv
Argentinien befindet sich erneut inmitten einer extremen Vertrauenskrise. Die Unsicherheiten angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Oktober, sowie die Perspektiven einer möglichen Rückkehr von Cristina Fernandez de Kirchner (CFK) ins Präsidentenamt, haben an den Märkten Panik ausgelöst.
Die Beliebtheit der Regierung wird von der Inflationsentwicklung bestimmt, die schwer auf dem verfügbaren Einkommen der Bevölkerung lastet. Aber die Inflation in Argentinien ist eher ein politisches als ein fiskalisches oder monetäres Phänomen.
Macri muss Vertrauen in die Regierung wieder herstellen Präsident Macri muss ein gewisses Maß an Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung, die Probleme des Landes glaubwürdig anzugehen, wiederherstellen. Fiskalische und monetäre Sparmaßnahmen sind und bleiben dabei Pflicht. Sonst bleibt das Land immer in der Zwickmühle, in der Maßnahmen zur Stärkung der Währung, und zur Eindämmung der Inflation, das Wachstum negativ beeinflussen und unvorteilhafte Auswirkungen auf den Außenwirtschaftsverkehr haben. Vor allem diese Belastungen des Außenwirtschaftsverkehrs waren es, die für die Krise des letzten Jahres nach dem Scheitern der Reformpolitik von Präsident Mauricio Macri verantwortlich waren.
Aber Präsident Macri steckt in einem Dilemma: wie kann er Vertrauen wiederherstellen, wenn die Leute davon ausgehen müssen, dass er ohnehin bald durch Cristina Fernandez de Kirchner ersetzt wird?
Die Währungs- und Steuerdisziplin trotzdem aufrecht zu erhalten ist von größter Bedeutung, auch wenn die Maßnahmen nicht ausreichen werden, um die Inflationsspirale zu durchbrechen. Sowohl die Zentralbank Argentiniens (BCRA) wie auch das Finanzministerium halten sich an die Regeln und sind darum bemüht, die Ziele des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Bezug auf die Kontrolle der Geldmenge und den Primärüberschuss zu erfüllen.
Die Regierung sollte in der Lage sein, bis Ende 2020 von den Ressourcen des IWF zu leben. Bis dahin sollten die US-Dollar-Reserven ausreichen, um den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, ohne dass die Kapitalmärkte für zusätzliches Kapital angezapft werden müssten.
Situation bleibt offen Wir wissen nicht, wer die Wahlen gewinnen wird, aber die Situation hat sich im Vergleich zu vor einigen Wochen nur geringfügig verändert. Die Tatsache, dass Kirchner in den Umfragen jetzt etwas vor Macri liegt, unterscheidet sich nicht maßgeblich von der gegenteiligen Situation, die bis vor kurzem herrschte. Die Lage wird in den nächsten sechs Monaten unbeständig bleiben. Bis zur Wahl kann vieles passieren, einschließlich einer taktischen Annäherung zwischen Macris Cambiemos und den gemäßigten Peronisten (z.B. Lavagna). Der leichte Vorsprung Kirchners spiegelt die reduzierte Glaubwürdigkeit der Regierung wider, aber eine Trendwende ist durchaus noch möglich. Gleichzeitig ist nicht unbedingt gesagt, dass eine Präsidentin Kirchner mit den Auslandsschulden so in Zahlungsverzug geraten würde, wie es ihre Vorgänger im Jahr 2001 taten.
Marktreaktion durch Anleger, die nicht in Argentinien hätten investieren sollen Die Märkte sind vor allem deshalb in Panik, weil die Geschichte Argentiniens von einer Vielzahl negativer Vorfälle gekennzeichnet ist, die sich tendenziell immer verschlimmert haben (z.B. der Ruf, ständig im Zahlungsverzug zu sein). Die aktuelle Reaktion des Marktes ist jedoch vor allem auf kognitive Dissonanzen von Anlegern zurückzuführen, die von Anfang an nicht in Argentinien hätten investieren sollen. Es bleiben nur Vermutungen darüber, wo der Markt seinen Tiefpunkt finden wird. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der wahre Wert argentinischer Vermögenswerte erst sichtbar wird, sobald die schwachen Spieler aus dem Markt gedrängt wurden.
Fazit: Für engagierte Investoren aus Schwellenländern, die in der Lage sind, lokale Entwicklungen zu beobachten und zu bewerten, ist das Chancen-Risiko-Profil Argentiniens attraktiv, wobei der Markt ein vielfältiges Spielfeld über alle Anlageklassen hinweg bietet.
Disclaimer: Diese Meldung ist keine Empfehlung zu einer Fondsanlage und keine individuelle Anlageberatung. Vor jeder Geldanlage in Fonds sollte man sich über Chancen und Risiken beraten und aufklären lassen. Der Wert von Anlagen sowie die mit ihnen erzielten Erträge können sowohl sinken als auch steigen. Unter Umständen erhalten Sie Ihren Anlagebetrag nicht in voller Höhe zurück. Die in diesem Kommentar enthaltenen Informationen stellen weder eine Anlageempfehlung noch ein Angebot oder eine Aufforderung zum Handel mit Anteilen an Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar.
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