Fidelity: Verliert Berlusconi, gewinnen italienische Aktien
Alberto Chiandetti, Manager des Fidelity Italy Fund
Am kommenden Sonntag wählen die Italiener ein neues Parlament und damit
einen neuen Regierungschef. Die Aufholjagd Silvio Berlusconis in den
jüngsten Umfragen hat die Märkte spürbar verunsichert. Alberto Chiandetti,
Manager des Fidelity Italy Fund, erklärt, welchen Wahlausgang er erwartet
und was das für den italienischen Aktienmarkt bedeutet:
"Die leicht gestiegene Wahrscheinlichkeit, dass die Italiener eine
konservative Regierung und mit ihr Silvio Berlusconi an die Schalthebel
der Macht wählen könnten, hat ausgereicht, um die Märkte in Aufregung zu
versetzen und die Renditen italienischer Staatsanleihen deutlich nach
oben zu treiben. Auch die Aktienmärkte haben daraufhin einen Teil der
guten Gewinne des letzten Monats wieder abgegeben.
Neben einer starken Marketingoffensive half Berlusconi der Skandal um
die Monte Dei Paschi di Siena. Denn Verbindungen des Mitte-Links-Bündnisses
zu dieser Bank haben es den Gegnern leicht gemacht, negative Stimmung gegen
den Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani zu machen. Aber es ist noch alles
offen und ich messe der Aufmerksamkeit für Berlusconis Wahlversprechen - die
zuletzt vom Papstrücktritt in den Medien verdrängt wurde - nicht zu viel
Bedeutung zu.
Am wahrscheinlichsten ist meiner Meinung nach eine Mitte-Links-Koalition
unter Bersani und Mario Monti. Tritt dieses Ergebnis ein, wird die
allgemeine Erleichterung zu einer Rallye am italienischen und anderen
europäischen Aktienmärkten führen. Selbst wenn die Wahl überraschend eine
Regierung unter Berlusconi hervorbringen sollte, die sich nicht an den
eingeschlagenen Austeritätspfad hält, werden die Märkte die Rückkehr
zum Sparkurs durch Abstrafen sehr schnell erzwingen.
Unabhängig vom Wahlausgang sprechen die Fakten für Italien
Die Aussicht auf eine negative Wachstumsentwicklung in Italien haben die
Märkte schon voll eingepreist. Insofern lohnt es sich jetzt, darauf zu
schauen, wie viel Potenzial für eine positive Überraschung in Italien steckt.
Es ist jetzt wenig sinnvoll, sich ausschließlich defensiv aufzustellen. Das
gilt umso mehr, als Italien das dritthöchste Bruttoinlandsprodukt in
Kontinentaleuropa erwirtschaftet. Die Unternehmen des Landes sind export-
orientiert und ihre Absatzmärkte und Waren gut diversifiziert. Ein Blick
auf die italienische Börse zeigt die Internationalität der Firmen: Die
60 größten Unternehmen im Index erzielen mehr als die Hälfte ihrer Umsätze
außerhalb der Heimat. Zudem erwirtschaftet Italien trotz einer tiefen
Rezession wieder einen Haushaltsüberschuss.
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